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Die Sache mit den Nebenjobs…

Neben Uni, Sport, Familie und Freunde auch noch Jobben. (Bild: AURA )

Trotz diverser Unterstützungs- und Sparmöglichkeiten sehen sich die meisten Studierenden gezwungen, einer Teilzeitarbeit nachzugehen. Ob sich das mit dem Anspruch auf Vertiefung und studentischen Erfolg beisst, aus der Perspektive einer arbeitenden Studentin…

Kürzlich habe ich es zum dritten Mal erlebt. Und einige Kommilitonen bestätigten mir auf meine Nachfrage hin, dass sie es ebenfalls schon erlebt haben. «Es», das meint die Situation, in der Professoren ihrer Überzeugung, dass Neben- oder Teilzeitjobs einem Vollzeit-Studium zuwider laufen, Gehör verschaffen. Im Folgenden möchte ich meine Möglichkeit nutzen, einmal die Gegenseite zu Wort kommen zu lassen.

Wir sind darauf angewiesen

Denn selbst wenn man grosszügig, aber eben im Rahmen des Möglichen, von seinen Eltern unterstützt wird, wenn man Stipendien erhält und auch wenn es in der WG nur so von Budget-Produkten und Aktions-Schnäppchen wimmelt, ja selbst dann sind viele Studierende auf einen Zusatzverdienst angewiesen.

Ich beispielsweise spüre in verschiedenen Bereichen meines Lebens, wie wichtig es für mich ist, als Studentin zu arbeiten und selbst verdientes Geld zu besitzen.

Ein Gefühl von Unabhängigkeit

Mein eigenes Geld gibt mir die Möglichkeit, trotz meiner immer noch riesigen Abhängigkeit von meinen Eltern ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Ich kann, wenn ich die Lust und die Zeit dazu habe, verreisen, ich kann ins Kino oder Essen gehen und bei all dem muss ich nicht um Taschengeld betteln oder Rechenschaft über meine Ausgaben und Aktivitäten ablegen. Dies wäre zweifellos alles viel umständlicher, würde ich nicht parallel zu meinem Studium arbeiten.

Einen relativ hohen Stellenwert hat Geld zudem, wenn es sich um den Freundeskreis dreht. Denn es kann schon einmal vorkommen, dass meine Freunde und ich an einem Samstagabend unsere Zeit im Bowling-Center verbringen oder ein gemeinsamer Besuch in der «Schüür» auf dem Programm steht. Wer sich die Ausgaben nicht leisten kann, der muss entweder jemanden anpumpen oder auf das gemeinsame Erlebnis verzichten. Dabei beobachte ich, dass diejenigen, welche oft kein Geld haben und sich von den andern «durchfüttern» lassen, bald einmal an Beliebtheit verlieren. Und auch wenn man immer häufiger, aus finanzieller Not, auf gemeinsame Aktivitäten verzichtet, bedroht dies die Zugehörigkeit zur Gruppe, da man einheitsstiftende Momente verpasst.

Plus: Erwartung und Abwechslung

Zu den oben genannten Argumenten, welche für einen Job während des Studiums sprechen, gesellt sich, die von mir stark verspürte gesellschaftliche Erwartung nach Ertüchtigung. Ich persönlich spüre eine Forderung innerhalb unserer Gesellschaft, dass alle, welche körperlich dazu im Stande sind, zu arbeiten haben. Selten wird dies auch ganz offen ausgesprochen: «Aber studiere isch ja nöd so sträng, da schaffsch doch sicher no öppis Richtigs?». Ich habe die Versuche, diesen Mythos zu entkräften, längst aufgegeben. Aber ich beobachte, auch in weniger expliziten Fällen, dass die Wertschätzung und die Bewunderung für mich als Studentin sich erst dann zeigt, wenn ich beweisen kann, dass ich ausser theoretisch zu Denken auch noch acht Stunden an einem Tag arbeiten kann.

Um nun aber ganz ehrlich zu sein, es sind nicht nur diese gesellschaftlichen Zwänge, die mich dazu bringen, immer wieder neue Nebenjobs zu suchen. Es tut auch gut, neben denn Vorlesungen, Seminaren und zahlreichen Lektürearbeiten manchmal etwas ganz anderes zu machen und damit auch neue Energie fürs Studium zu schöpfen. Natürlich wäre es vielleicht sinnvoller, studiumsnahe Praktika zu absolvieren. Hier zeigt sich aber oftmals wieder das Problem des Geldes. Denn man gewinnt zwar unglaublich an Erfahrung und erhält dabei die Möglichkeit, bereits wichtige Verbindungen für den späteren Einstieg in die Arbeitswelt eingehen zu können. Aber dies bedeutet meistens auch wieder, eine finanzielle Einschränkung in Kauf zu nehmen, da viele Praktika leider nach wie vor extrem schlecht bezahlt werden.

70 Prozent arbeitet nebenbei

Einem Bericht des Tages Anzeigers vom 15.09.2010 zufolge, welcher sich auf eine Erhebungs des Bundesamtes für Statistik beruft, gingen 2010 rund 70 Prozent aller in der Schweiz studierenden Personen einem Nebenjob nach. Diese Zahlen bestätigen mein Gefühl, dass Studis an der Universität Luzern, welche sich ausschliesslich dem Vollzeit-Studium widmen, klar in der Minderheit sind. Zudem besteht in der Schweiz für erwerbstätige Vollzeit-Studierende durchaus die Möglichkeit, die Mindeststudiendauer von sechs (BA) bzw. zehn (MA) Semestern nicht einzuhalten. Inwiefern die sechs Semester Regelstudienzeit für uns Studierende profitabel ist, ist eine Frage, welche zu einem anderen Zeitpunkt ebenfalls einmal diskutiert werden müsste.

Also, liebe eingangs erwähnte Professorinnen und Professoren: wenngleich ich durch meine Berufstätigkeit in zwei Welten lebe, schlägt sich das nicht auf die Begeisterungsfähigkeit für mein Fach nieder, viel eher gestaltet es sich sogar umgekehrt.

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Kommilitonen, Nebenjob, Credits, Wohngemeinschaften, Prüfungszeit, Ausgang, Semesterferien, Essays – Begriffe, die den Alltag von Studierenden prägen. Im Campus-Blog schreiben Studierende aus unterschiedlichen Semestern über ihr Leben in Luzern, ihre Freizeit sowie die Hürden und Freuden an der Uni oder Hochschule.
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