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«Typisch!»

Da spricht mal wieder der Studi aus dir!

Was ist «typisch Studi»?

(Bild: pixabay)

Es sind gerade Semesterferien, ich kann die Uni für eine Weile sein lassen und widme mich anderem – zum Beispiel meinen geliebten Lektüren. Eine Passage aus meinem aktuellen Schmöker bringt mich vor ein paar Tagen zum Nachdenken über die Typisierung des Studenten.

Kürzlich stolperte ich beim Lesen («Gone Girl») über folgende Worte: «Wenn man uns betrog, wussten wir, was wir sagen mussten, wenn ein geliebter Mensch starb, wussten wir, was wir sagen mussten. Egal, ob wir den Macker oder den Klugscheisser oder den Schwachkopf spielen wollten, wir wussten, immer was wir sagen mussten. Wir funktionieren alle nach dem gleichen eselsohrigen Skript.»

Ich teile diese Aussage zwar nicht total, das Motiv des Skripts beschäftigt mich aber. Ich bin überzeugt, dass schon viele Studierende den Spruch im Titel im Laufe von Diskussionen gehört haben: «Ach, da spricht wieder der Studi aus dir.» Der Studi. Später spricht wahlweise der Historiker, der Soziolog, der Politikwissenschaftler. Als gäbe es eine homogene Masse dieser Figuren, die alle dasselbe sagen. Die alle dasselbe Skript zitieren. Ich höre diese Aussagen oft. Sollten sie etwa stimmen?

Der Uni-Mensch

Bei gewissen Themen oder Diskussion merke ich, dass ich fast nicht anders kann, als teilweise in den Erklärungsmustern aus dem Studium zu denken und dann auch so zu diskutieren. Und nicht immer ist das eine schlechte Sache. Es zeigt einerseits, dass ich die Inhalte aus dem Studium nicht einfach bulimieartig in mich hineingestopft und in Form von Prüfungen und Arbeiten wieder «herausgekotzt» habe. Sondern diese ein Stück weit, sofern ich mich damit anfreunden konnte, auch internalisiert und dazugelernt habe. Genauso oft vertrete ich aber Ansichten, die ich schon vor dem Studium hatte, welche später jedoch alleine durch die Tatsache, dass ich studiere, zu «typisch Studi, typisch Historikerin, oder typisch Soziologin» werden.

«Ich lege Wert darauf, privat diskutieren zu können, ohne als Fachidiot rüberzukommen.»

Meine Reaktion erfolgt dann nicht selten in zwei Phasen: Zuerst nervt es mich (obwohl ich mich manchmal auch insgeheim ganz kurz über die verliehenen akademischen Titel freue). Es nervt, da ich eigentlich Wert darauflege, privat diskutieren zu können, ohne alles nach den mir aus dem Studium bekannten Mustern zu analysieren und als – pardon – Fachidiot rüberzukommen.

Wissenschaftliche Sicht vs. Privatperson

Ich kann mich gut erinnern, wie eine gestandene Soziologieprofessorin an unserer Universität einst anmerkte, dass die wissenschaftliche Sicht eine Seite sei, aber die Wahrnehmung als Privatperson eine andere. Für mich muss es diese Privatperson als Ausgleich geben, sonst, so stelle ich mir vor, kann es ziemlich mühsam werden.

Auch über unsere Fakultäten hinaus, in anderen Disziplinen. Ich denke zum Beispiel an eine gute Freundin, die Psychologie studiert und wohl kaum Lust darauf hat, mich und andere in unserem Freundeskreis bei Treffen zu analysieren. Auch ich fände das vermutlich nicht so toll.

«Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Menschen ähnlich denken.»

In der zweiten Reaktionsphase gehe ich oft zum Gegenangriff über: Ich versuche herauszufinden, woher das Skript meiner Gesprächspartner stammt, suche nach diesen «Typisch»-Mustern. Warum folgt sie oder er diesen Skripten, so wie die Protagonisten meiner Ferienlektüre ihren Skripten folgten, warum werde ich zuallererst als Studentin gesehen?

Erfahrungen machen den Unterschied

Ich denke, es liegt daran, dass es durchaus so etwas wie Skripte in einer Gesellschaft gibt, die etwas nahelegen, was an verschiedenen Punkten von Diskussionen zu sagen ist. Es ist auch nicht von der Hand zu weisen, dass Menschen ähnlich denken. Und der Student der Universität Luzern ist diesen Skripten ausgesetzt, wie auch alle anderen.

Trotzdem wehre ich mich entschieden gegen dieses übertrieben homogene Bild dieser Skripte. Sie sind gespickt mit Randnotizen eigener Erfahrungen, Überzeugungen und Ansichten. Sie vereinen Denkmodelle aus Beruf oder Studium mit zahlreichen anderen Elementen … und da spricht wieder der Studi in mir.

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Kommilitonen, Nebenjob, Credits, Wohngemeinschaften, Prüfungszeit, Ausgang, Semesterferien, Essays – Begriffe, die den Alltag von Studierenden prägen. Im Campus-Blog schreiben Studierende aus unterschiedlichen Semestern über ihr Leben in Luzern, ihre Freizeit sowie die Hürden und Freuden an der Uni oder Hochschule.
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