Wenn 65 Rinder von der Alp nach Hause müssen
Auf dem Bauernhof der Familie Hürlimann war im September einiges los. Denn nebst dem normalen Alltagsbetrieb war es auch Zeit, das Ende der Alpsaison vorzubereiten. Was das bedeutet, schildert Sandra Hürlimann in diesem Beitrag.
Wir bewirtschaften seit zwölf Jahren auf dem Walchwilerberg (1000 Meter über Meer) einen Milchbetrieb mit 14 Hektaren. Die Milch wird von der Käserei Rust abgeholt. Zu unserem Bauernhof gehören 20 Milchkühe, Hofhund Rino, 10 Hühner und 2 Katzen. Mein Mann (Markus Hürlimann, 39 Jahre) und ich (Sandra Hürlimann, 35 Jahre) haben vier Kinder im Alter von 12, 10, 8 und 5 Jahren.
Wir schätzen die gemeinsame Zeit als Familie auf dem Bauernhof. Die Kinder können unsere Tätigkeit täglich miterleben und lernen vieles für ihre Zukunft. Mir ist es wichtig, dass ich für meine Kinder da bin, deshalb habe ich die Arbeit auf den Bauernhof geholt.
Bauernhof mit Integration
Seit fünf Jahren arbeiten wir mit dem Verein WABB Zug (Wohnen und Arbeiten mit Behinderten auf dem Bauernhof) zusammen. Immer am Montag kommt die 27-jährige Melanie zu uns, die an einer geistigen Behinderung leidet. Sie hilft bei den täglichen Arbeiten auf dem Bauernhof, sei es bei Arbeiten mit Kindern, Tieren, im Haushalt oder in der Natur. Es ist schön zu sehen, wie bereichernd diese Zeit für sie ist.
Zusätzlich betreuen wir einmal wöchentlich einen zehnjährigen Jungen mit ADHS und Autismus. Auch er geniesst die wertvolle Zeit mit den Tieren und kann sich in der Natur austoben. Mit dieser Arbeit bekommen wir eine andere Perspektive. Unsere Betreuung wird geschätzt, und wir erhalten Dankbarkeit. Nebenbei spüren wir als Familie, dass Gesundheit nicht selbstverständlich ist.
Auch eine Alp will gepflegt sein
Seit sechs Jahren sind wir Pächter vom Zuger Alpli mit 38 Hektaren, das ist eine gute Ergänzung zu unserem Bauernhof. Am Anfang des Alpsommers werden alle Zäune erstellt. Während der Sommerzeit gibt es viele verschiedene Arbeiten auf der Alp. Dazu gehört die Pflege der Waldränder, da werden Büsche und kleine Bäume beseitigt, damit die Weidefläche nicht verwaldet.
Einmal täglich zählt mein Mann Markus die Rinder und schaut, ob alle gesund sind. Diesen Sommer hatten drei Rinder die Gämsblindheit, sie konnten aber ohne Tierarzt behandelt werden. Der nasse Sommer hat auch bei uns für mehr Arbeit gesorgt. Um die Weiden zu schonen, wurde täglich Heu zugefüttert.
Die Alpsaison ist vorbei
An diesem Montag ist die Alpabfahrt vom Zuger Alpli angesagt. Um 5.45 Uhr ist Tagwache auf dem Hof Unterstaffel. Mein Mann fährt mit dem Motorrad und unserem Hund zum Zuger Alpli. Alle 65 Rinder, welche seit Mitte Mai bei uns auf der Alp sind, werden wieder an ihre Eigentümer zurückgegeben.
Ich bereite das Frühstück für unsere vier Kinder vor und wecke sie um 6.45 Uhr. Eine Dreiviertelstunde darauf sind Marcel, Silvan, Nadja und Dominik bereit und marschieren los zum Schulbusplätzchen. Somit kann ich auch losfahren zum Zuger Alpli, welches etwa zehn Minuten von unserem Zuhause entfernt ist.
Mein Mann hat bereits die meisten Rinder in Gruppen aufgeteilt und an die Halftern gebunden. Gemeinsam treiben wir noch die letzten Rinder zusammen. Um 9 Uhr sind alle Rinder abholbereit. Acht Zuger Bauern kommen nun mit Traktoren und Anhängern, um ihre Rinder abzuholen. Falls es zeitlich aufgeht, gibt es noch einen kleinen Alprückblick mit den Bauern, und alle bekommen noch etwas zu trinken und einen Nussgipfel.
Der Tag nimmt seinen Lauf
Bereits um 11 Uhr sind fast alle Rinder weg, und ich gehe nach Hause, um das Mittagessen vorzubereiten und sonstige Hausarbeiten zu erledigen. Momentan bringt mein Garten glücklicherweise viel Gemüse hervor, und wir können bei schönstem Wetter draussen das Mittagessen geniessen. Da der Melkmaschinen-Servicemann an diesem Morgen bei uns war, durfte er gleich bei uns essen.
Um 13.30 Uhr hatten wir noch einen Termin bei uns zu Hause, für die Hofumstrukturierung, welche nächstes Jahr beginnt. Am Nachmittag standen noch verschiedene Arbeiten auf meinem Programm: Wäsche aufhängen, Gartenpflege, mit den Kindern die Hausaufgaben erledigen und Cookies backen.
Um 18.30 Uhr kommt der Götti von Silvan zu Besuch. Und wir sitzen alle zusammen am Küchentisch und essen gemeinsam das Abendessen. Die Kinder werden heute von meinem Bruder ins Bett gebracht, weil ich Vorstandssitzung der Frauengemeinschaft Walchwil habe und Markus zum Kindergartenelternabend geht.
Betriebsspiegel
Milchwirtschaftsbetrieb auf 1000 Meter über Meer, 14 Hektaren gross, 20 Milchkühe, 1 Hund, 2 Katzen, 10 Hühner.
Zuger Alpli, 1150 Meter über Meer, 38 Hektaren, 65 Rinder.