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«Coiffeur»-Tag auf dem Bio-Betrieb Grämlis

Ein Tag im Leben der Familie Forster in Horw

Auch Andrin, unser Jüngster, hat Freude an den Tieren. (Bild: zvg)

Bei der Familie Forster in Horw steht heute ein spezieller Tag an: Ihre Spiegelschafe werden geschoren. Diese sind nicht immer ganz kooperativ und haben danach Mühe, sich wiederzuerkennen. Was aus der Wolle wird, und welche Arbeiten sonst noch anstehen, erfahrt Ihr in diesem Blogpost.

05:45 Uhr, mein Tag beginnt. Mein Mann ist bereits bei unseren Milchkühen. Diese Stallarbeit erledigt er mithilfe seines Vaters. Misten, melken, füttern, Liegebett frisch machen und die Kälber versorgen stehen jeden Morgen sowie abends auf dem Programm.

Wir sind die Familie Forster aus Horw (LU). (Bild: zvg)

Ich gehe zu unseren Schafen. Es sind Spiegelschafe, deren Bestand dank ProSpecieRara heute wieder stabil ist. Als Erstes bekommen die drei Lämmer, die leider die Mutter nach der Geburt verloren haben, einen «Schoppen». Ganz am Anfang bekamen sie den «Schoppen» fünfmal am Tag und jetzt wird langsam reduziert, bis sie vier Monate alt sind. Ich gehe weiter zu den Drillingen, deren Mutter manchmal zu wenig Milch für alle drei hat. Auch bei ihnen wird Milch zugefüttert. Das ist immer ein Gedränge und braucht Zeit, bis alle ihr Bäuchlein voll haben.

Unsere Kühe geniessen den Blick auf den Pilatus. (Bild: zvg)

Die Schafe legen ihren Pullover ab

Heute ist ein spezieller Tag. Normalerweise sind die Schafe in dieser Zeit Tag und Nacht auf der Weide und fressen Gras. Diese Nacht mussten sie aber im Stall verbringen, denn heute dürfen sie – so sagen wir – den Pullover ausziehen. Dafür muss die Wolle trocken sein. Das Scheren erledigen wir nicht selbst, für diese Arbeit haben wir einen Profi organisiert. Er ist gut eingerichtet und um einiges schneller, als wir es wären. Die Schafe bekommen noch frisches Heu.

Das sind unsere Spiegelschafe, eine Rasse, die einmal fast ausgestorben war. (Bild: zvg)

Nach getaner Arbeit treffen wir uns alle am Zmorgetisch und besprechen den Tag. Meine Eltern sind unterdessen zur Unterstützung eingetroffen. Meine Mutter schaut zu unseren vier Kindern. Uns steht ein langer Tag bevor und speziell für unseren knapp dreijährigen Sohn Andrin wäre er zu langweilig. So kann ich dann ohne Ablenkung und voll konzentriert dem Scherer besser zur Hand gehen. Meine Aufgabe ist es, die geschnittene Wolle fortlaufend vom Schaf wegzunehmen, damit der Scherer freie Sicht hat.

Um neun Uhr kommt der Scherer und wir legen los. Mein Vater und mein Mann Martin bringen die Schafe und nehmen sie wieder in Empfang. Jeder weiss, was zu tun ist und es geht effizient voran. Eines nach dem anderen kommt an die Reihe. Die Glocke wird ausgezogen, danach nimmt der Scherer das Schaf vor sich hin und beginnt zu scheren. Wir haben versucht, es für euch auf einem Video festzuhalten.

Schafe sind nicht immer kooperativ

Im Nu ist die Wolle weg und das Schaf kriegt die Glocke wieder und weiter geht es. Es ist für alle eine strenge körperliche Arbeit, weil die Schafe nicht immer sehr «kooperativ» sind. Die Kinder kommen mit meiner Mutter vorbei und bringen uns eine kleine Stärkung. Sie schauen zu und helfen kurze Zeit mit. Nach rund vier Stunden haben alle Schafe eine neue Frisur. Die Lämmer haben Mühe, alle wiederzuerkennen, wie ich auch.

Betriebsspiegel

Martin und Martina Forster mit Lara, Annina, Julia und Andrin, Grämlis, 6048 Horw
Betriebsgrösse: 36 ha
Betriebszweige: Milchkühe, Mutterschafe, Schule auf dem Bauernhof und Direktvermarktung
Tiere: Milchkühe und ihre Kälber, Mutterschafe und ihre Lämmer, Pony Conny, Pferd Shalaya und Katze Heinz
Kulturen: Naturwiesen, Biodiversitätsförderflächen, Hochstammbäume
Arbeitskräfte: Betriebsleiterpaar, Martins Vater, Martinas Eltern, Bruder von Martin und Freunde
Nebenbetriebliche Tätigkeit: Martina Forster arbeitet 40 Prozent als Podologin

Einen Teil der Wolle nimmt der Scherer mit und bringt sie zu einem anderen Landwirt, der daraus Dünger-Pellets für die natürliche Düngung im Garten herstellt. Den anderen Teil behalten wir für unseren Gemüsegarten. Nun haben wir uns das Mittagessen verdient. Nach dieser Stärkung verabschieden wir uns vom Scherer und auch von meiner Mutter, die einmal mehr eine grosse Unterstützung für uns war.

Letzte Arbeiten

Mein Mann Martin und mein Vater bringen die Kühe auf die Weide und misten erneut. Danach lassen wir alle Schafe wieder auf die Weide. Das nimmt einige Zeit in Anspruch, grasen sie doch an zwei Standorten. Jetzt ist ihnen wieder richtig wohl. Nun heisst es aufräumen und putzen. Mein Mann und mein Vater gehen wieder zu den Milchkühen, die Abendarbeit ruft. Ich mache mit den Kindern ein Spiel, dann bereiten wir zusammen das Nachtessen zu.

Da Osterferien sind, dürfen sie etwas länger aufbleiben und spielen noch etwas. Mein Mann und ich machen den letzten Rundgang bei den Schafen und füttern zusammen die Lämmer. Diese Zeit nutzen wir, um uns auszutauschen. Um 21:30 Uhr geniessen wir den verdienten Feierabend. Ich hoffe, ich konnte euch mit diesem Tag einen kleinen Einblick in unsere spannende Arbeit geben.

Martina Forster

Mit der neuen Kurzhaarfrisur wieder auf der Weide. (Bild: zvg)
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Neben dem Handel mit Rohstoffen oder Tourismus sind Luzern und Zug auch für landwirtschaftliche Produkte bekannt. Doch wie geht es den Bauern hier, welche Sorgen und Hoffnungen haben sie? Monatlich erzählt hier ein anderer Bauer aus seinem Alltag.
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Thomas Iten
    Thomas Iten, 22.04.2021, 13:13 Uhr

    Was ich nicht verstehe: Aus der Wolle wird Dünger, sie ist also von geringem Wert, der Scherer kostet wohl mehr. Schweizer Schaf- und Lammfleisch ist kaum erhältlich, und wenn, dann nur in sehr begrenzten Mengen. Dennoch gibt es in der Schweiz rund 350’000 Schafe. Warum? Das sind doch nicht alles Liebhaber oder Wolfsfreunde. Warum, liebe Familie Forster und andere Schafhalter, habt ihr Schafe und wie finanziert sich die Schafhaltung in der Schweiz?

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