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Wo die Kühe auf Kompost liegen

Ein Tag auf dem Hof der Familie Würsch in Niederwil

Josef und Adrian auf ihrem Hof in Niederwil ZG. (Bild: zvg)

Adrian Würsch und Sandra Limacher bewirtschaften in Niederwil bei Cham einen Mutterkuhbetrieb mit Ackerbau. Im Moment stehen Herbstarbeiten auf dem Acker an. Ab und zu stehen die beiden sehr früh auf: zum Beispiel, um ein Kalb für den Transport in den Schlachthof vorzubereiten.

Dieser Tag im September startet für mich, Adrian, besonders früh – um 3.45 Uhr. Das kommt zu dieser Jahreszeit etwa einmal pro Woche vor. Ich habe ein schlachtreifes Kalb verkauft, das nun von einem Viehtransporter abgeholt wird. Der Chauffeur ist heute früh dran und steht bereits bei der Scheune, der Rest des Weilers Niederwil bei Cham schläft noch und alles ist ruhig. Es ist immer eine spezielle Atmosphäre, frühmorgens.

Ruhig und bestimmt sein im Umgang mit den Tieren

Ich gebe den Kühen etwas Futter und fixiere sie im Fressgitter, so kann ich das Kalb in Ruhe von der Herde abtrennen und in Richtung Viehtransporter leiten. Beim Treiben von Rindvieh und besonders von Jungtieren muss man immer ruhig und bestimmt sein. Man nimmt sich besser am Anfang etwas mehr Zeit, damit das Tier nicht gestresst wird, denn hastiges Arbeiten verlängert den Prozess nur.

Auch an diesem Morgen können wir das Kalb zügig aufladen, dem Chauffeur noch die Begleitdokumente mitgeben und er kann zum nächsten Betrieb weiterfahren. Da alles so zügig verlaufen ist, entscheide ich mich, nochmals schlafen zu gehen.

Die Kälber trinken an der «Milchbar»

Um 6.30 Uhr startet dann der Tag wie sonst auch. Die Kühe erhalten etwas Mais und darüber ein Gemisch aus Salz, Mineralstoffen und Pflanzenkohle. Während sie fressen, ist für die Kälber die «Milchbar» eröffnet. Da unsere Kühe genügend Milch geben und wir auch genug gutes Futter haben, kann jede Kuh pro Jahr ihr eigenes und mindestens noch ein zusätzliches Kalb von einem Milchviehbetrieb ernähren. So saugen die zugekauften Kälber hauptsächlich, wenn die Kühe fressen.

Mein Vater kommt in den Stall und gemeinsam wägen wir die grösseren Kälber. Dies machen wir ein- bis zweimal in der Woche. So können wir den Schlachttermin genau planen und ein Top-Produkt abliefern – und natürlich von einem guten Preis profitieren.

Ein «Mietstier» besamt die Kühe

Auf unserem Hof produzieren wir Kalbfleisch aus Mutterkuhhaltung für das Label «Natura-Veal» nach den Richtlinien von «Mutterkuh Schweiz». Es wird hauptsächlich im Coop verkauft. Das Fleisch ist sehr gefragt und so haben wir uns vor drei Jahren bei der Betriebsumstellung für dieses Label entschieden. Wir produzieren mit einem saisonalen System, da der Bedarf im Herbst am höchsten ist.

Dabei kalben die Kühe möglichst in den Monaten April und Mai. Damit es im nächsten Jahr auch wieder terminlich passt und es reichlich Kälber gibt, haben wir einen sogenannten «Mietstier» eines Viehhändlers. Der Stier namens Ford verbringt dieses Jahr den Sommer von Mitte Juli bis Mitte September bei uns auf dem Hof und macht bisher einen sehr guten «Job».

Der «Mietstier» Ford hat den Sommer bei uns verbracht und kommt bald auf einen anderen Betrieb.
Der «Mietstier» Ford verbringt den Sommer bei uns und kommt bald auf einen anderen Betrieb.

Die Kühe liegen auf Kompost

Zurück zu unseren Kühen: Der Mais ist gefressen, die Kälber sind satt und dürfen auf die Weide. Ab Ende August, wenn die Temperaturen kühler werden, verbringen die Tiere den ganzen Tag auf der Weide und sind nachts im Stall. Mein Vater und ich gehen jetzt zum Frühstück.

Danach reinigen wir den Laufhof der Kühe und bearbeiten die Kompostliegefläche mit dem Grubber. Ein sogenannter Kompostierstall kommt noch nicht so häufig vor in der Schweiz. Ich bin aber jetzt im dritten Jahr immer noch sehr von den Vorteilen überzeugt. Das Prinzip ist Folgendes: Die Fläche wird mit hölzernen Einstreumaterialien wie Hobelspänen mindestens 30 Zentimeter hoch eingestreut. Die Kühe können frei entscheiden, wo sie sich hinlegen wollen. Sie verrichten ihr Geschäft meistens nach einer Liegephase.

Ein- bis zweimal täglich bearbeiten wir die Fläche mit dem Grubber und mischen alles durch. So gelangt Sauerstoff in die «Matratze» und zusammen mit den Nährstoffen der Kuhausscheidungen entsteht ein Kompostierprozess mit Wärmeentwicklung. Mit der Wärme kann Wasser verdunsten und die Liegefläche bleibt trocken. Die Ziele dieses Systems sind eine flexible Liegefläche mit einem sehr hohen Tierkomfort und ein Hofdünger mit wenig Verlusten und einer sehr guten Bodenverträglichkeit.

Nach dem Silomais kommt die Kleegrasmischung

Heute steht die Bearbeitung des abgeernteten Silomaisfeldes an. Dazu mulche ich die Maisstoppeln mit einem Schlegelmulcher, damit diese gut in den Boden eingearbeitet werden können.

Das mache ich am Nachmittag mit dem Grubber. Die Maschine ist eigentlich für die Feldarbeit konzipiert, aber wir setzen sie auch im Stall ein. Der Grubber reisst den Boden bis in eine Tiefe von 10 Zentimeter auf und durchmischt ihn leicht. Am nächsten Tag wird der Lohnunternehmer mit einer Kreiseleggen-Säkombination eine Kleegrasmischung einsäen.

Betriebsspiegel

Adrian Würsch und Sandra Limacher
19 Mutterkühe mit Kälbern
10 ha LN, Natur- und Kunstwiesen, Gerste und Silomais
Nebenerwerb (Kompostierung und Pflanzenkohle)
Betriebsleiterpaar, Eltern Josef und Bertha

Pflanzenkohle für die Verdauung

Um etwa 18 Uhr holen wir die Kühe und Kälber von der Weide. Die Kühe erhalten etwas Grassilage und die Kälber können sich wieder an der Milchbar bedienen oder im Stall eine Heu-Müesli-Mischung fressen. Im Stall erhalten die Kälber auch zur freien Verfügung Pflanzenkohle und Torf. Diese beiden Stoffe sind nicht besonders schmackhaft, wirken aber stabilisierend auf die Verdauung. Spannend finde ich, dass die Kälber sich so viel holen, wie sie gerade brauchen.

Nachdem wiederum alle satt sind, gehen wir um 19 Uhr in den Feierabend. Um diese Zeit kommt auch meine Freundin nach Hause, die als Coiffeuse arbeitet. Wir essen gemeinsam das Abendessen, machen noch etwas Hausarbeit und geniessen danach die Zeit zusammen.

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Neben dem Handel mit Rohstoffen oder Tourismus sind Luzern und Zug auch für landwirtschaftliche Produkte bekannt. Doch wie geht es den Bauern hier, welche Sorgen und Hoffnungen haben sie? Monatlich erzählt hier ein anderer Bauer aus seinem Alltag.
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