Auf dem Hof Vogelsang müssen auch Lamas zur Impfung
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Auch in der kalten Jahreszeit gibt es auf dem Hof Vogelsang viel zu tun. Unter anderem sind dies der Kampf gegen Viren und Bürokratie.
Viele glauben, dass es im Winter auf dem Bauernhof ruhiger wird – doch das stimmt nicht ganz. Kaum sind die Weihnachtsbestellungen abgeschlossen, beginnt schon die Planung für die kommenden Monate. Etwa unser Angebot «Bildung auf dem Bauernhof». Es erfreut sich grosser Beliebtheit und die Buchungen bis zu den Sommerferien sind vielversprechend, wollen aber auch organisiert werden.
Obwohl wir uns über das rege Interesse freuen, beschäftigen uns derzeit aber andere, wichtige Themen: die Geburten unserer Kälber, die jährliche Büroarbeit und vor allem die Sorge um das Wohlergehen unserer Tiere. Krankheiten wie die Blauzungenkrankheit, die Vogelgrippe und die Afrikanische Schweinepest sind längst nicht mehr nur Probleme ferner Länder – sie rücken immer näher oder sind bereits in der Schweiz verbreitet. Diese Bedrohungen beunruhigen uns, kosten Zeit, Geld und Nerven.
Bäuerliches Unternehmertum droht in Bürokratie und Kontrolle zu ersticken
Ein beträchtlicher Teil meiner Arbeit im Februar findet im Büro statt. Jedes Jahr müssen wir eine umfangreiche Datenerhebung für das kantonale Landwirtschaftsamt ausfüllen. Besonders bei Betrieben mit vielen Biodiversitätsprojekten, wie unserem, nimmt diese Pflicht einige Zeit in Anspruch. Der Austausch mit den Behörden ist meist wohlwollend, dennoch bleibt ein flaues Gefühl – das Gefühl absoluter Kontrolle.
Die Landwirtschaft lebt von Freiheit, Eigenständigkeit und Durchhaltevermögen. Genau diese Eigenschaften sind es, die uns befähigen, die zahlreichen Herausforderungen zu meistern. Doch die enge Verknüpfung mit staatlichen Vorgaben sorgt für Spannungen. Fakt ist: Ohne Direktzahlungen könnten viele Betriebe nicht überleben. Doch wenn wir die Wahl hätten zwischen staatlichen Direktzahlungen und fairen Marktbedingungen, würden sich die meisten Bauern wohl für Letzteres entscheiden.
Stattdessen diktiert der Markt den Preis – und dieser verlangt Billigware. Gestern las ich in der Zeitung über den «Boom des Billigfleisches». Unsere Schweizer Produktionskosten erlauben es nicht, mit diesen Dumpingpreisen mitzuhalten. Damit Konsumentenwünsche erfüllt und die Margen der grossen Detailhändler gesichert werden, braucht es Ausgleichszahlungen, die Direktzahlungen. Es ist ein Dilemma, das oft Frust auslöst – besonders, wenn behauptet wird, dass Bauern ohnehin zu viele Direktzahlungen erhalten. Dabei hätten wir viel lieber faire Preise für unsere Produkte, anstatt auf staatliche Ausgleichszahlungen angewiesen zu sein.
Biodiversität – Herzenssache mit unsicherer Zukunft
Ein weiteres Thema, das mich beschäftigt, ist die Planungsunsicherheit in Bezug auf Biodiversitätsmassnahmen. 2024 gab es massive Kürzungen bei den Biodiversitätszahlungen – just in dem Jahr, als die Biodiversitätsinitiative zur Abstimmung kam. Plötzlich konnten viele Bauern aus bestehenden Verträgen aussteigen, weil die staatlichen Zahlungen nicht mehr garantiert werden konnten. Ich habe mich bewusst dagegen entschieden und versuche, die Einbussen mit neuen Projekten zu kompensieren.
Unser Betrieb bewirtschaftet rund zwölf Hektar Biodiversitätsförderflächen in der Agglomeration Luzern. Wir arbeiten so naturnah und nachhaltig, wie es sich die Gesellschaft wünscht. Doch die Realität ist: Biodiversität allein ernährt uns nicht. Wir sind auf faire Beiträge angewiesen, denn diese Flächen bringen weniger oder gar keine Erträge. Die Unsicherheit bleibt. 2027 läuft unser regionales Vernetzungsprojekt aus – doch noch immer wissen wir nicht, wie es danach weitergeht. Welche Unterstützung wird es im Bereich Biodiversität in Zukunft geben?
Ich bin überzeugt, dass vielen Menschen ausserhalb der Landwirtschaft dieses Dilemma nicht bewusst ist. Im Gegenteil – man begegnet uns nicht selten mit grosser Härte, wenn es um dieses Thema geht. Dabei bleibt im Dunkeln, dass selbst Bauern, die sich intensiv für die Biodiversität engagieren, enorme Hürden überwinden müssen.
Tierseuchen – Impfen zum Schutz unserer Tiere
Und dann sind da noch die Viren – eine Bedrohung, die uns spätestens seit der Corona-Pandemie allen bewusst ist. Unsere Freilandhühner dürfen seit Mitte Januar nicht mehr auf die grosse Wiese, sondern müssen in geschützten Bereichen bleiben, um eine Ansteckung mit der Vogelgrippe zu verhindern. Ein grosser Stress für die Tiere, die es bei uns seit Beginn gewohnt sind, auf offener Wiese zu scharren und zu picken. Im Thurgau und im Kanton Bern wurden bereits Fälle der hoch ansteckenden Variante bei Wildvögeln nachgewiesen.
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Bei unseren Kühen und Lamas stellt die Blauzungenkrankheit ein Risiko dar. Wir haben uns dazu entschieden, sie impfen zu lassen. Die Krankheit wird von Mücken übertragen und da unsere Tiere von Frühling bis Herbst am Rotsee weiden, ist die Gefahr einer Infektion besonders hoch. Die Impfung schützt nicht vor allen Serotypen des Virus, kann aber den Verlauf mildern und Todesfälle verhindern.
Unsere Lamas jedoch verweigerten die Spritze völlig. Wir haben sie so trainiert, dass sie sehr anhänglich sind – umso mehr schockiert es sie, wenn sie plötzlich Schmerzen mit uns in Verbindung bringen. Viele Hunde- oder Katzenhalter kennen dies und wissen, wie sensibel eng mit Menschen sozialisierte Tiere auf solche Massnahmen reagieren.
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Daher haben wir entschieden, die Impfung vorerst nicht durchzuführen. Stattdessen setzen wir auf Geduld: Meine Mitarbeiterin Katharina und mein Vater werden die Tiere nun behutsam und schrittweise an den Ablauf einer Impfung gewöhnen, sodass wir sie hoffentlich bald nachholen können.
Trotz Herausforderungen – Vorfreude auf den Frühling
Ja, so sieht es aus im Februar auf dem Hof Vogelsang. Wir sind nachdenklich – und dennoch voller Vorfreude auf den Frühling. Denn trotz aller Herausforderungen bleibt die Natur unser grösster Antrieb. Sie gibt uns die Energie, die wir brauchen, um weiterzumachen. Sie lehrt uns Resilienz.
Und vielleicht kann dieser Einblick auch bei euch, den Konsumentinnen und Konsumenten, ein kleines Umdenken bewirken. Eure Kaufentscheidungen beeinflussen direkt, welche Art der Landwirtschaft in der Schweiz möglich ist. Faire Preise für faire Produkte – das wäre unser Wunsch.