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Ein Leben an der Bar

Der erste Blogeintrag von Claudio Fenner, Barkeeper aus Leidenschaft im legendären «Storchen», wo gleichermassen wunderbare wie seltsame Geschichten geschrieben werden.

Kaum ein Tag vergeht, an dem ich mich nicht zumindest für ein paar Stunden in das wohlwollende Ambiente einer Bar verliebe. Sei es nun als Gast in diversen Lokalitäten auf der ganzen Welt oder als Mitarbeiter hinter dem Tresen des «Storchen» im Herzen Luzerns, wo ich Woche für Woche Gästen von Nah und Fern mit flüssigen Köstlichkeiten aus Fass und Flasche ein flüchtiges Stück Glück ausschenke.

Ein Leben ohne Bar kann ich mir nicht mehr vorstellen. Stets auf der Suche nach Emotionalität in einer von Fassade und Leistungsdruck geprägten Welt, erscheinen mir diese Orte wie Oasen der Leichtigkeit des Seins – Menschlichkeit in Reinkultur. Natürlich ist auch im Mikrokosmos von Cocktails, Wein und Kaffee nicht immer alles eitel Sonnenschein, doch selbst wenn einige Gestalten am Tresen eine trostlose Miene aufsetzen, die an das nasse, kalte Grau des vergangenen Winters erinnert, bleibt die Summe der positiven Erlebnisse konstant hoch. Zudem kann auch eine traurige Geschichte überaus interessant sein und uns helfen, sich besser zu verstehen.

Eine Bar hat etwas Menschen- ja sogar Völkerverbindendes. Klar, der Alkohol hilft über Verständigungsprobleme hinweg und schürt in uns das Feuer der Nächstenliebe, doch selbst ohne den sanften Schleier des sich anbahnenden Rausches ist die Bar ein Mekka der Geselligkeit, die den Menschen im Alltag mehr denn je abhanden zu kommen scheint.

Kürzlich setzte sich ein einsamer, unauffälliger, hagerer Däne am Samstagabend ziemlich bedrückt bei mir draussen an ein Tischchen. Eine geschätzte Stunde und drei grosse Bier später machte ich ihn kurz vor dem Erfrieren mit einigen guten Freunde meinerseits bekannt. Er blühte sofort auf, fand seine Wärme wieder und verbrachte letzten Endes einen unvergesslichen (naja, so klar ist das nicht) Abend im «Storchen». Ein Hoch auf die integrative, alkoholgeschwängerte Völkerverständigung! Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes kann diese Geschichte leider nicht en Detail (wie kommt man morgens um vier nach Schindellegi?) erzählt werden. Soviel sei gesagt: Es war legen ..warte noch.. där! (Sorry Barney Stinson!)

Nun denn, das Leben an der Bar wird von solch wunderbaren Geschichten bestimmt. Menschen kommen und gehen. Der Barkeeper bleibt. Ein agiler Fels in der Brandung, dessen Frohsinn und offenes Ohr seinen Gästen stets zu Diensten sind. Aber auch ein Fels kann von Zeit zu Zeit bröckeln. Doch dazu mehr nächste Woche…  

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Über Bars und Restaurants wurde schon viel geschrieben. Doch stets aus der Perspektive des Gastes. Dieser Blog ist anders. Gänzlich aus der Optik des Barkeepers verfasst, eröffnet er den Lesenden einen bunten Einblick in das Leben zwischen Zapfsäule und Kaffeemaschine. Ein Leben in der Schnittmenge von flüssigem Glück und seelischen Abgründen.
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