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Danke für dein Lächeln

CF über Andy Wolf, Thailand und die Grosswildjagd.

Die Arbeit an der Bar und jene eines Radiomoderators haben eine grosse Gemeinsamkeit: Anschiss-Laune geht nicht. Man stelle sich vor, der Andy Wolf, oder wer auch immer jetzt diese Morgenshow bei Radio Pilatus moderiert (seit der 5. Kanti sagt mir frühes Aufstehen rein gar nichts mehr), packt während des grossen Weckerläutens in den Luzerner Schlafstuben den verbalen Doppelhänder aus und schickt des Volkes Motivation zurück auf die B(r)etter. Undenkbar.

Die Ansprüche an den Kellner sind indes kaum kleiner. Ein breites Dauergrinsen à la Christoph Mörgeli (CF bedient im Gegensatz zum Doktorschwindler aber auch Inder, Chinesen, Afrikaner und sonstige Exoten) gehört ebenso zur Barkeeper-Standardausrüstung wie die Sonne, die einem sprichwörtlich direkt aus dem A… äh Herzen scheint. Wir sind die Tankstelle des Glücks, die Spender des Frohsinns, die Therapeuten der Depressiven, die Muntermacher der Traurigen und letzten Endes selbst Freund und Helfer. Zwar nicht ganz so blau, aber annähernd.

Doch das mit dem Lächeln hinter dem Tresen ist gar nicht so einfach. Es sei denn, man hat Freude an exzessiven Botox-Behandlungen. Blöd nur, wenn einem das Lachen vergeht und man dann doch nicht mehr anders kann. Wie auch immer. Das Anheben der Mundwinkel fällt einem an der Bar hin und wieder sehr schwer. Das Sprichwort «Das Lächeln, das du in die Welt schickst, findet den Weg zu dir zurück» ist unter dem Strich absoluter Blödsinn. Würde sich mein Lächeln nur schon in den Gesichtern der Hälfte meiner Gäste spiegeln, hätte ich das Gefühl, die Schweiz sei das neue Thailand. Sie ist es nicht. Der Griesgram scheint Schweizer Volkssport zu sein und Tränensäcke die Lidschatten der Frustrierten.

Selbst Frauen können richtig eklig sein und einem die Freude an der Arbeit gänzlich vermiesen. Kürzlich geschehen als sich eine nicht mehr ganz junge, dafür vollkommen charmeresistente Frau anmasste, mir meinen Job zu erklären und anfügte, dass sie um diese Tageszeit auf ein blödes Grinsen meinerseits verzichten könne. Ich hätte gerne erwidert, dass ich hauptberuflich Coiffeur wäre und ihre Frisur gar keine sei. Des Weiteren sei ich zweitberuflich Ernährungsberater und Tierschützer. Und da heute Nacht die Grosswildjäger unterwegs wären, solle sie doch um ihrer eigenen Sicherheit willen den Hinterausgang nehmen, denn Elefantenbeine erzielten auf dem internationalen Markt Höchstpreise. Aber natürlich blieb ich ruhig, schlenderte galanten Schrittes zurück an die Bar, öffnete auf Kosten des Hauses ein Schoko-Muffin und brachte es der Dame mit meinem allersüssesten Lächeln an ihr Tischlein. Manchmal bringt das Zuckerbrot (gerade bei Diabetikern) halt doch mehr als die Peitsche.

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Über Bars und Restaurants wurde schon viel geschrieben. Doch stets aus der Perspektive des Gastes. Dieser Blog ist anders. Gänzlich aus der Optik des Barkeepers verfasst, eröffnet er den Lesenden einen bunten Einblick in das Leben zwischen Zapfsäule und Kaffeemaschine. Ein Leben in der Schnittmenge von flüssigem Glück und seelischen Abgründen.
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