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Eine kleine Anleitung, wenns nicht weitergeht

«Ich komme beim Sex nicht mehr, was ist mit mir los?»

Sex hat eine sehr handfeste Seite, darum freut sich der Körper über unsere sorgsame Aufmerksamkeit. (Bild: Christina Baeriswyl)

Zum Erstaunen vieler funktioniert Sex nicht einfach automatisch. Trotz Reden, Rotwein, Romantik, Rollenspiel geht es manchmal einfach nicht. Oder plötzlich nicht weiter. Was tun, wenn der Körper spinnt? Eine kleine Anleitung zum schönen Spiel aus der Praxis des Luzerner Sexologen Martin Bachmann.

Der Sommer mag anhalten, der Alltag hat aber wieder begonnen. Ich selber hatte eine wunderbare Sommerzeit und konnte beim Baden, Wandern und Reisen auftanken und meinem Kopf erholsame Pausenzeit schenken.

Auch in meiner Praxis an der Hirschmattstrasse in Luzern lief es diesen Sommer geruhsamer. Ich merkte, dass die Menschen Ferien machten. Diesen für viele wichtigen Höhepunkt des Jahres genossen. Dass viele sich am Leben freuen wollten, am Paarleben, oder hoffnungsvoll auf der Suche nach Abenteuern waren, auch sexuellen. Die Sommerzeit ist eine reizvolle Zeit, sie verspricht Luft, Lust und Liebe.

Es klappt einfach nicht mit dem Sex

Nicht immer aber erfüllen sich diese Hoffnungen. Einige Klientinnen berichteten mir, dass es dann genau nicht klappte mit der Liebe, mit der Sexualität. Sie kamen ernüchtert, gestresst oder gar massiv enttäuscht in die Praxis und meldeten, dass ES nicht ginge. Obwohl doch sonst alles okay sei. Das müsste doch dann einfach von selbst gehen.

Tatsächlich laufen unsere Sexualfunktionen häufig erstaunlich stabil – zum Glück. Aber nicht immer. Ein junger Mann erzählte, dass er beim Sex mit seiner Freundin nach einem üppigen Znacht keine Erektion bekommen hätte. Eine Frau beschrieb, wie sie an Rotwein-Abenden zwar erregt werde, jedoch immer schwerer oder gar nicht mehr kommen könne. Ein Mann hat keine Schwierigkeiten, wenn er sich selbst befriedigt, beim Sex mit seiner Frau hingegen geht die anfängliche Erektion einfach weg. Auch eine junge Frau kann mit dem Vibrator alleine tadellos kommen, aber nie mit ihrem Mann.

Ich kann nicht – spinnt mein Körper?

Immer wieder höre ich die Sorge: Mein Körper spinnt. Doch das ist selten der Fall. Liegt eine Dysfunktion dauerhaft vor, kann ein Check beim Arzt sinnvoll sein, um herauszufinden, ob eine Herz- oder Gefässerkrankung, ein Stoffwechselproblem wie Diabetes oder sonst eine organische Ursache für das Nichtkönnen vorliegt.

Doch auch wenn wir gesund sind: Unser Körper ist kein Automat. Damit wir Lust auf Sex bekommen und unsere Sexualorgane mitmachen, braucht es ein gutes Zusammenspiel von genug erregungsfördernden und nicht zu viel erregungshemmenden Faktoren. Stress kann auf die Libido drücken. Haben Menschen zu heiss, zu kalt, sind sie zu müde oder zu aufgekratzt, melden sich die Sexualorgane auch mal ab. Haben wir zu viel Alkohol im Blut oder fühlen uns überfressen, kann im Bett auch mal nichts mehr passieren. Sex braucht eine körperlich einigermassen passende Ausgangslage. Und die können wir steuern.  

Wie wir Sex machen, ist antrainiert

Noch wichtiger ist in vielen Fällen die Art, wie wir unsere Erregung steigern und gestalten. Wie wir Sex machen, ist antrainiert, oft über Jahre. Das kann lange Zeit gut gehen, aber uns plötzlich an Grenzen bringen. Der sogenannte Erregungsmodus zum orgastischen Reflex hin verläuft eben nicht automatisch.

Wie schnell bewegen wir uns beim Sex? Wie viel Druck mögen wir an den Geschlechtsteilen? Welche Zonen an uns stimulieren wir? Mit wie viel Spannung im Körper unterstütze ich die Erregungssteigerung? Halten Sie den Atem an? Die Augen offen? Was bewegen Sie wie, um zu einem Orgasmus zu kommen? All das spielt eine Rolle.

Probleme beim Sex? Das könnte helfen

Immer wieder berichten mir Klienten, dass sie beim Solo-Sex eine Erregungssteigerung hinbekämen, nicht aber zu zweit. Ein Mann Ende 20 ist nach mehreren kürzeren Beziehungen und One-Night-Stands nun in einer dauerhaften Partnerschaft. Er setzt sich erstmals damit auseinander, was sein Beitrag ist, beim Geschlechtsverkehr zu kommen – was ihm selten gelingt. Er schob es bisher auf die Partnerinnen: zu wenig attraktiv, vaginal zu wenig eng, zu kompliziert.

Nun realisiert er, dass das Problem bei ihm selbst liegt. Seine Methode der Selbstbefriedigung, das hohe Tempo der Stimulation, die quasi punktgenaue Berührung des Penis, die starke Spannung im ganzen Körper ist beim Sex zu zweit gar nicht machbar. Der Mann muss umlernen, wie er seinen Sex gestaltet. Mit sich allein und in der Beziehung.

Beobachten Sie sich beim nächsten Mal doch auch etwas. Nehmen Sie wahr, was Ihr Körper macht. Variieren Sie Ihre Muster. Atmen Sie bei der Selbstbefriedigung bewusst aktiv und hörbar weiter. Wechseln Sie das Tempo. Suchen Sie an Ihrem Körper zusätzliche erogene Zonen, integrieren Sie Streicheleinheiten, Berührungen über die Geschlechtsteile hinaus. Ich versichere Ihnen, sich so körperlich auf die Suche nach Varianten zu machen, kann sehr viel Spass machen!

In diesem Sinne: auf das Leben, die Liebe, den Sex!

Martin Bachmann – Sexologik

Martin Bachmann führt eine Praxis für sexologische Beratungen und Sexualtherapie in Luzern. Mehr Informationen findest du hier.

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Der Luzerner Sexologe Martin Bachmann schreibt über seinen Alltag in seiner Sexpraxis «Sexologik», seine Erfahrung in der Sexberatung und gibt Tipps rund um das Thema Sex.
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