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Der Gotthard als architektonisches Entwicklungsfeld

Urbanes Territorium

Eröffnungsgespräch zur Gotthard-Ausstellung im Getreidesilo in Altdorf. (Bild: Carlo Zampieri)

In Altdorf gibt es gegenwärtig zwei Besonderheiten zu besichtigen: das Getreidesilo im Eyschachen und die vom Architekturforum Uri eingerichtete Ausstellung zum Gotthard. Der imposante Raum und die Dokumentensammlung zum sagenhaften Pass passen gut zusammen. Ausstellung und Gebäude berichten von den heroischen Zeiten in Uri und im Tessin, die heute Geschichte sind.

23 mal 31 mal 7 Zentimeter misst das Gotthard-Buch der Architekten Marianne Burkhalter und Christian Sumi und ist 3,5 Kilogramm schwer. Auf stolzen 982 Seiten präsentiert es die Ergebnisse der Forschung, die von der ETH Zürich und von der Accademia di Architettura in Mendrisio unternommen wurde, um dem Gotthard in Buchform gerecht zu werden. Das Buch vereint Plakate vom Klausen-Bergrennen, Briefmarken mit Gotthard-Sujets, aber auch den Bau der vom Luzerner Ingenieur Scherrer geplanten neuen Schöllenenbrücke von 1953 oder einen Blick in die Montagehallen der SBB-Hauptwerkstätten in Bellinzona. Doch was hat das alles mit Architektur zu tun?

Landschaftsraum wurde durch technische Innovation nutzbar

Auf diese berechtigte Frage antwortet die Ausstellung mit dem Ausstellungsraum: Im vom Zürcher Architekten Eduard Züblin 1912 erbauten Getreidesilo im Eyschachen, seit 2018 im Besitz des Kunstmäzens Christoph Hürlimann, der es dem Architekturforum Uri für die Dauer der Ausstellung überlässt, lassen sich die im Buch kompakt zusammengefassten Dokumente in einer monumentalen Grösse zeigen.

Wer sich durch die Ausstellung bewegt, erfährt diesen aussergewöhnlichen Raum, der einen staunen lässt. Dies leisten auch die präsentierten Dokumente. Sie zeigen einen Landschaftsraum, der durch technische Innovation urban gemacht wurde.

Landschaft, Mythen und Technologie heissen die drei Kapitel in Sumi Burkhalters Buch. Dieser Gliederung folgt auch die Ausstellung, die mit dem Punktwolken-Film «Gotthard Landscape: The Unexpected View» ergänzt wird. Der Film zeichnet virtuell die Reise entlang der Gotthard-Bergstrecke von Norden nach Süden nach und bindet die in der Ausstellung isoliert betrachteten Themen zusammen.

Zukunft der Bergstrecke ungewiss

Am Eröffnungsgespräch wurden die aktuellen Veränderungen am Gotthard thematisiert. Mit dem Neat-Basistunnel eröffnen sich dem Kanton Uri neue Möglichkeiten. Der neue Kantonsbahnhof Altdorf ruft nach städtebaulichen Studien, die den Umbau des Eyschaches thematisieren. Gemeinsamer Nenner ist, dass das Getreidesilo darin eine wichtige Rolle spielen wird.

Die Ausstellung

Ausstellung «Der Gotthard – Il Gottardo. Landschaft, Mythen, Technologie»: bis 1. Dezember 2019, Silogebäude Eyschachen, Areal Werkmatt Uri, Altdorf.

Doch ist die Zukunft der Bergstrecke ungewiss. Eine Unesco-Welterbekandidatur wird seit Jahren in Fachkreisen diskutiert, ohne konkrete Resultate. Die Museen La Congiunta auf der Tessiner und das Kunstdepot Göschenen auf der Urner Seite sind Ansätze, wie sich der Gotthard als Kulturraum entwickeln könnte. Die beiden von Privaten initiierten Projekte sprechen mit ihren Bauten eine Gotthard-Sprache.

Der einer Relaisstation nachempfundene Neubau des Zürcher Architekten Peter Märkli in Giornico und das von Burkhalter Sumi umgebaute Armeemagazin in Göschenen sind zeitgenössische Gotthardarchitekturen. Lässt sich in ihnen der Kern einer künftigen Entwicklung erkennen? Der Gotthard ist Architektur. Die Streckenführung von Auto- und Eisenbahn, die Kunst- und Infrastrukturbauten, Bahnhöfe und Raststätten, aber auch Werkstätten und Versorgungsbauten säumen den Weg.

Den Gotthard als urbanen Raum zu erkennen ist die besondere Leistung der Altdorfer Schau.

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