Untiefe Wasser
Das kleine Industriegebiet hinter dem Park Tower kennt man nicht gerade als Naherholungsgebiet, wenn morgens und abends die Pendler mit ihrem «coffee to go» und kleinem Rollkoffer unterwegs sind. Aber zumindest zur Mittagspause dürfte der Innenhof des Siemens Campus ein paar Minuten Erholung einfordern.
Erst kürzlich wurde den Anwohnern des Gebiets rund um die Siemens in Zug das Entwicklungskonzept des Hauptquartiers vorgestellt (zentral+ berichtete). Ein Verwaltungsbau kommt dazu, die Produktionshalle wird etwas höher und breiter und der Rest wird aufgefrischt. Auch für die Umgebungsgestaltung wurde gesorgt, was sich auf den Visualisierungen immer ganz gut macht.
Nun kenne ich die mit Enttäuschungen gefüllten Gräben, welche sich zwischen Wettbewerben und den schliesslich realisierten Projekten auftun können. Seit ich aber den Innenhof des Siemens Campus im industriellen Herzen von Zug entdeckt habe, vertraue ich den Projektleitern der Siemens.
Nicht ich als gebürtige Chamerin sondern mein Mann aus dem Schwarzwald entdeckte und zeigte mir vor ein paar Jahren den mit Wasser gefluteten Grünraum inmitten der acht Bauten. Wer vom umliegenden Industrie- und Gewerbegebiet einen Blick zwischen die Kuben mit den blaugrauen Glasbänderfassaden wirft, entdeckt die Metallstege welche weniger Zentimeter über dem untiefen Wasser verlaufen. Was man vom Innenhof von dieser Perspektive aus sieht, zeugt von einem privaten Geschäftsareal mit den Qualitäten eines modernen Klein-Stadtparks. Weggeschickt wurden wir bis heute nie, weshalb ich den Zuger Garten kurzerhand als öffentlichen Privatraum verstehe.
Die feingliedrigen Hochstämmer haben einen bonsai-artigen Charakter und stehen auf Steininseln im Wasser. Wie natürlich gewachsen scheint die Gestaltung mit den unterschiedlichen Gräsern und Wasserpflanzen. Im Jahresverlauf zeigt sich das ruhige Kleinod von seiner dynamischen Seite und ändert laufend Farbe, Dichte und Geruch. So erinnere ich mich an den Charakter des Parks zur Sommerzeit, in welcher gar die «coffee to go»-Pendler mit Rollkoffer hier zumindest gedanklich für einen Moment entspannen. Einen Moment, nur kurz, bevor sie vom Metallsteg runter auf den Asphalt treten und zwischen alten Sheddachhallen und Kleingewerbe wieder in Richtung Bahnhof eilen.