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Stadtkritik

Stadt erklären

Klein und fein präsentiert sich die freigelegte historische Wand im Metzgernbögli in der Luzerner Altstadt. Von raumhohem Glas geschützt wird hier ein kommentierter Blick ins späte Mittelalter gewährt.

Als Touristenstadt hat die Luzerner Altstadt auch die Aufgabe, sich den Besuchenden wie ein Museum zu erklären. Die jüngste Attraktion findet sich im Metzgernbögli, in einem gedeckten Durchgang, der den Weinmarkt mit dem Brandgässli verbindet. 

Hier haben die jüngsten Restaurierungen eine historische Aussenwand zum Vorschein gebracht, die nun wie ein Museumsstück öffentlich ausgestellt wird. Obwohl sie sich in einem gedeckten Durchgang befindet, wird das Mauerwerk von raumhohen Glasscheiben geschützt. Auf diesen Scheiben sind Beschriftungen aufgebracht, die den Befund erklären. 

Das Metzgernbögli verband den Weinmarkt als Handelsplatz mit dem Reussufer, wie die nahe gelegene Fischmarktgasse auch. Diese Stichwege hatten den Zweck, schnelle Verbindungen herzustellen oder im Brandfall Wassereimer von der Reuss mit einer Menschenkette zum Löschen weiterzugeben. 

Die freigelegte Wand zeigt neben den gotischen Türeinfassungen mehrere Lichtnischen, die zur Beleuchtung des Böglis dienten. In die Nischen wurden Kerzen oder Öllampen gestellt und ihr spärliches Licht beleuchtete vermutlich nur die Umrisse des Böglis. Heute inszeniert eine indirekte Beleuchtung das historische Fragment, als ob man sich in einem Innenraum befände. 

Sympathisch an der Installation ist ihre Unaufdringlichkeit. Der kommentierte Blick auf die Geschichte lässt eine Zeitreise zurück ins späte Mittelalter zu. Unverständlich ist der Schutz mit Glas. Ich frage mich, wieso die Wand nicht unverstellt gezeigt werden kann. Vermutlich hatte man Angst vor Wandalen oder dem Gestank von Männerpisse. Doch gerade dies hätte den olfaktorischen Gehalt der Installation authentischer gemacht. Im Mittelalter, so sagt man, habe es überall in der Altstadt ziemlich stark gerochen. Ich vermute so auch im Metzgernbögli. Doch das passt eben nicht ins Museum.

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