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Wohnkonzept aus Beton, Stahl und Backsteinen

So lebt es sich in einem der 52 Chamer Papieri-Lofts

Die Wendeltreppe aus Stahl belebt das Loft wie eine Skulptur und führt in die Galerie. (Bild: Ramona Balaban)

Die Familie Mengiardi hat an der Maschinengasse in Cham eines der begehrten Papieri-Lofts ergattert und darin ein unkonventionelles Zuhause eingerichtet. Dank des durchdachten Konzepts eines renommierten Zürcher Architekturbüros bleibt die industrielle Vergangenheit darin sicht- und spürbar.

Wer als Eigentümer schon mal ein Haus gebaut, eine Wohnung saniert oder sich um einen Innenausbau gekümmert hat, weiss: Ist ein Projekt abgeschlossen, kommt relativ schnell der Zeitpunkt, an dem man realisiert, was man im Rückblick alles anders oder besser hätte machen können.

Andri Mengiardi kennt dieses Gefühl. Denn der gebürtige Bündner und Zürcher IT-Unternehmer hat in den letzten Jahren als privater Bauherr schon einige Objekte saniert: ein 400-jähriges Engadiner Bauernhaus, in dem er aufgewachsen ist, einen alten Stall bei Affoltern am Albis, den er für den Eigenbedarf umbaute, und vor kurzem beschäftigte er sich mit dem Innenausbau eines Lofts in der Papieri, die er zusammen mit seiner Frau erwarb und 2023 bezog.

Architektonischer Steilpass von Boltshauser Architekten

Betritt man sein neues Zuhause, wird sofort klar: Da war ein Eigentümer mit viel Erfahrung am Werk und es gibt kaum etwas, das man anders, geschweige denn besser hätte machen können. Vor allem – und das ist «matchentscheidend» für dieses Projekt – ist es Mengiardi gelungen, den «architektonischen Steilpass», den ihm die für den Umbau verantwortlichen Boltshauser Architekten aus Zürich geliefert haben, aufzunehmen. Das renommierte Zürcher Büro hat einen äusserst gekonnten Umgang mit der historischen Bausubstanz gepflegt − Mengiardi den Innenausbau geradezu perfekt darauf abgestimmt.

Unverputzte Backsteinwände, transparente Glasbausteine, bis zu sechs Meter hohe Räume, kraftvolle Decken und Stützen aus Beton sowie sichtbar geführte Technikinstallationen fallen als prägnante Stilelemente der typischen Loft-Architektur sofort ins Auge. Hinzu kommt eine prägnante Wendeltreppe aus Stahl, die den Raum wie eine Skulptur belebt und dem Wohnraum eine zusätzliche Dynamik verleiht.

Weil das rund 190 Quadratmeter grosse, über zwei Etagen laufende Loft mit dazugehöriger Loggia Richtung Lorze auch noch äusserst stilsicher möbliert und durchdacht belichtet wurde, zeigt sich hier umso eindrücklicher, wie behaglich es sich in einem ehemals industriell genutzten Bau wohnen lässt.

Als in der Papieri noch Industriegeschichte geschrieben wurde

Das Objekt befindet sich im 1919 erstellten Holländerbau. Dieser ist Teil einer rund 300 Meter langen historischen Häuserzeile, die für die Industriegeschichte, welche hier 1657 mit der Gründung einer Papiermühle begann, zentral ist. Im Loft der jungen Familie stand einst einer von 15 «Holländern», eine von Holländern erfundene Maschine, mit der für die Papierherstellung Baumwoll-, Leinen-, Hanf- und Flachslumpen zerfasert wurden.

Wo jetzt gewohnt und gearbeitet wird, wurde bis 2015 Papier produziert.
Wo jetzt gewohnt und gearbeitet wird, wurde bis 2015 Papier produziert. (Bild: Chamapedia)

Geprägt von einer markanten Skelettkonstruktion aus Eisenbeton und Zementausfachungen wurde der Gebäuderiegel von Boltshauser denkmalgerecht saniert. Im Sinne des historischen Erbes verwendete man für die neuen Bauteile primär Materialien, die bereits im Bestand verbaut worden waren, das heisst: Stahl, Zement- und Backsteine sowie Beton.

Zuerst wurde das Denkmal auf seine eindrucksvolle Tragstruktur zurückgebaut. Anschliessend hat man die neuen Wohn- und Gewerbeflächen gleichsam wieder darin eingewoben. Sowohl die vorgefundenen Stützendimensionen wie die Primär- und Sekundärstruktur der Decken wurden grösstenteils belassen und erzeugen spannungsvolle Raumabfolgen. Die Wände, welche die neu geschaffenen Einheiten begrenzen, verlaufen konsequent neben den Trägern, sodass die industrielle Vergangenheit in den Räumen lesbar bleibt.

In seiner urbanen und eleganten Ausprägung fügt sich die gesamte Häuserzeile nun passend in die neu geschaffene Quartierstrasse. Diese kommt als rhythmisierter Gassenraum daher und weist attraktive Frei- und Verweilflächen vor, die bis zur Lorze vorstossen. Unebenheiten und kleine Fehlstellen an der Fassade sind gewollt, wie Boltshauser betont. «Wir haben bewusst darauf verzichtet, die Fassade in einen idealisierten historischen Zustand zurückzuversetzen, der gar nie existierte», so der Architekt.

Der Gebäuderiegel, in dem die Lofts realisiert wurden, befindet sich direkt an der Lorze.
Der Gebäuderiegel, in dem die Lofts realisiert wurden, befindet sich direkt an der Lorze. (Bild: Regine Giesecke)

Mikrobeton, Stirnholzparkett und Korkboden

Ästhet Mengiardi hat den rauen Industriecharme durch die Wahl bestimmter Materialien oder Techniken bei seinem Innenausbau sogar noch unterstrichen: Neue Wände wurden lediglich mit einem groben Putz versehen. In den Nasszellen findet man fugenlosen Mikrobeton. Im Erdgeschoss ist der Boden mit aus Eichenklötzen zusammengesetztem Stirnholzparkett verlegt. Auf der Galerie, wo sich der Schlafbereich des Ehepaars und ein Fitnessraum befinden, hat man sich für einen hellbraunen Korkboden entschieden. Ins Auge springen hier schmale, schwarze LED-Bänder, die an der Betondecke montiert sind und diskret, aber wirkungsvoll nach oben strahlen.

Auf dem Papieri-Areal gefällt Mengiardi nicht nur der sorgsame Umgang mit der alten Bausubstanz. «Das Quartier verbindet die Qualitäten eines dörflich-ländlich geprägten Miteinanders mit einer Architektur, die urbane Massstäbe setzt und auf Grosszügigkeit angelegt ist.» Als neugieriger Mensch fühlt er sich privilegiert, mit seiner Frau Martina und den Kindern Ava und Aaron Teil dieses Konglomerats zu sein und die weitere Entwicklung des Quartiers in den nächsten Jahren mitzuverfolgen und mitzugestalten. Bis 2030 sollen in seiner Nachbarschaft rund 3000 Menschen wohnen und 1000 Arbeitsplätze entstehen.

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