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Krone ohne Glanz

Gegen eine flache Verdichtung mit eingeschossigen Bauten spricht der enorme Landverschleiss. In die Höhe bauen ist das Gebot der Stunde. Das Beispiel einer Aufstockung in Luzern zeigt, dass gut gemeint nicht immer besser heissen muss.

In Städten wie Genf zählen Aufstockungen zu den Alltagsarbeiten eines jeden Architekturbüros. Wer durch die Stadt schlendert, entdeckt alle möglichen Ergänzungen in luftiger Höhe. Die wegen der Wohnungsnot gelockerten Gesetze haben zu den abenteuerlichsten Eingriffen geführt. Die Qualität der Stadtarchitektur leidet seither oft an unsorgfältigen Ergänzungen. Unzufrieden mit dieser Entwicklung sind mittlerweile nicht nur die Architektinnen und Architekten der Rhonestadt.

In Luzern ist diese Art der Verdichtung noch nicht so stark verbreitet. Dennoch ist auch hier eine Zunahme an Projekten im Dachbereich festzustellen. Die optimalen Lagequalitäten «on the top» und die gute Vermietbarkeit machen die Investitionen kalkulierbar. Fast scheint es, die Dächer seien zum neuen Baugebiet der Stadtentwicklung erklärt worden.

Unter dem Aspekt der Verdichtung wird eine Aufstockung schnell zum Ideal erhoben. Würde allen Häusern ein Geschoss aufgesetzt, könnte die Zersiedlung bald gestoppt werden. Doch genügt es nicht, auf jedes Haus ein weiters aufzupfropfen. Der Anspruch ist berechtigt, weiterhin das Haus als ein Ganzes zu erfahren. 

Am Luzerner Schlossberg ist vor kurzem eine Aufstockung feierlich zum Bezug freigegeben worden. Hier wurde auf einen schlichten Bau mit Baujahr um 1870 eine simple Kiste aus dunklem Eternit aufgesetzt. Zwei grosse Einschnitte geben Loggien in Richtung Abendsonne frei. Das Wohnen auf dem Dach ist anders als in den darunter liegenden Geschossen organisiert. 

Zwar liegt den Proportionen, dem Fassadenmaterial und den Einschnitten des Aufbaus ein vernünftiges Konzept zu Grunde, das Resultat lässt dennoch Fragen offen. Wieso sind im Dachbereich so viele Wände geschlossen? Wieso wurde dieses dunkle Material gewählt? Was haben die Glasgeländer dort oben zu suchen? 

In die Höhe bauen ist das Gebot der Stunde. Das Beispiel dieser Aufstockung zeigt, dass gut gemeint nicht immer besser heissen muss. Das Gebäude wird vom aufgesetzten Volumen wegen der dunklen Farbgebung erdrückt. Eine Übernahme von Gestaltungsmerkmalen fehlt. Es entsteht kein ansprechender Dialog zwischen Hauptbau und Aufbau. Diese Aufstockung ist, das Motiv in Ehren, nicht im vollen Mass geglückt. Eine Krone zwar, aber ohne Glanz.

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