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Geglückter Erweiterungsbau bei der Pfarrkirche St. Theodul in Littau

Im Dialog mit seinen Nachbarn

Die 1937 von Otto Dreyer erstellte Kirche St. Theodul wird respektiert.

(Bild: Gerold Kunz)

Mit der 1937 von Otto Dreyer erstellten Kirche St. Theodul hatte in Littau die Moderne begonnen. Der schlichte Sakralbau mit Satteldach wird von einem Betonturm gefasst. Die Lage an der Hangkante lässt die Kirche weit in die Landschaft strahlen. Nun hat der Identifikationspunkt einen sympathischen Nachbarn bekommen.

Der Neubau an der Gasshofstrasse steht im Dialog mit der Kirche St. Theodul. Sowohl zur Hangkante wie auch zur Strasse erscheint er als sympathischer Nachbar. Er übernimmt mit Satteldach, Firstausrichtung, Putzfassade und Farbigkeit Gestaltungselemente der Kirche, ordnet sich jedoch im Volumen unter. Trotz seiner respektablen Länge wirkt der Bau nicht dominant. Dem Neubau gelingt sogar, in Beziehung zu weiteren Bauten zu treten und nicht nur mit der Kirche, sondern auch mit dem gegenüberliegenden Restaurant Ochsen ein Ensemble zu bilden. Der historische Kern Littaus wird gefestigt und die Baugruppe dank dem Neubau zusammengehalten.

Das Gebäude ist wenig spektakulär. Ohne Dachvorsprung, mit dunklen Fenstern und einem grauen Anstrich wirkt der Bau abstrakt und unnahbar. Erst auf den zweiten Blick zeigen sich besondere Details, wie die ins Volumen eingestanzten Loggien, die Rücksprünge in der Gebäudeflucht und die Geschäftsnutzung im Erdgeschoss. Die Lage an der Strasse fasst den Vorplatz der Kirche, der leicht erhöht über dem Strassenniveau angelegt ist. Zusammen mit dem Pfarrhaus, das den Kirchenbezirk nach Süden abschliesst, bildet das Gebäude eine Klammer, die den Aussenraum definiert.

In Littau lässt sich erkennen, dass Zurückhaltung im Städtebau Positives beitragen kann.

Gerold Kunz, Architekt ETH SIA

Für diese «Architektur ohne Eigenschaften» hat der Architekt Benedikt Boucsein den Begriff «Graue Architektur» geschaffen, den er an Bauten in Deutschland aus den Jahren des Wiederaufbaus schärfte. Was als abschätzige Bezeichnung verstanden werden könnte, erfährt dank der Untersuchung Boucseins eine besondere Bedeutung. Ein Haus, das zur Masse des Gebauten, zum Körper der Stadt gehört, darf in seinem Stellenwert nicht unterschätzt werden. Zurückhaltung ist ein architektonisches Gestaltungselement, das in Zeiten medialer Wirklichkeiten leider zu oft vernachlässigt wird.

In Littau lässt sich erkennen, dass Zurückhaltung im Städtebau Positives beitragen kann. Die Nachbarschaft mit Kirche und Gasthaus hätte auch als Konkurrenz verstanden werden können, um eine Architektur zu fördern, die im Kontrast zu den Bauten einen Akzent hätte setzen wollen. Hier wurde aber Zurückhaltung geübt, was den Planern und der Bauherrschaft hoch anzurechnen ist. Auch wurde das Postulat der Innenverdichtung nicht zum Anlass genommen, einen zeichenhaften Bau zu platzieren, der die «guten Absichten» der Beteiligten hervorheben will. Das Gebäude trägt dennoch zur Verdichtung nach innen bei.

Wir kennen die Beweggründe der Beteiligten nicht. In Littau wurde Städtebau zu Architektur. Der Neubau antwortet mit einer klaren Haltung: Wichtig sind ihm die Giebelfassaden, da sie den Neubau mit der Typologie seiner Umgebung verbinden, und die Abmessungen, da damit Hierarchien hergestellt werden. Zwei architektonische Gestaltungselemente, die sich mit einem Arbeitsmodell überprüfen lassen. Damit lässt sich eine ortsbauliche Entwicklung schlüssig simulieren. Ich denke, so wurde das Projekt entwickelt.

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