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Verdichtung mit Dorfatmosphäre

Eschenbachs Dorfzentrum erfindet sich neu – und anders

Der Neubau in Eschenbach hebt sich vom ländlich-heterogenen Kontext ab. (Bild: Beat Bühler)

Mitten im Dorf entsteht ein neues Zentrum, das Gewerbeflächen und Wohnungen geschickt unter einem Dach vereint – ohne dass die Privatsphäre leidet. Eschenbach wird damit zum Vorreiter für viele Gemeinden im Kanton Luzern.

Von fünf Häusern mit insgesamt zehn Wohnungen, einer Schweinescheune, einem Wagenschopf und einem Gewerberaum zu 46 Miet- und Eigentumswohnungen, einem Grossverteiler, einem Ärztezentrum, einer Kita und einem Restaurant – das Zentrum von Eschenbach wurde in einem achtjährigen Prozess umfassend neugestaltet.

Um eine ganzheitliche und qualitativ hochwertige Entwicklung sicherzustellen, erliess Eschenbachs Gemeinderat 2012 über das knapp 4000 Quadratmeter grosse Oberhof-Areal, das damals aus sieben Grundstücken mit zehn Eigentümerschaften bestand, eine Planungszone. Basierend auf einem Studienauftrag und dem Siegerprojekt wurde 2015 ein Bebauungsplan erarbeitet, der mit über 75 Prozent Zustimmung von der Bevölkerung angenommen worden ist.

Integration statt einzelne Bauten

Eschenbachs Zentrum setzt sich aus den Teilgebieten Unterdorf, Klosteranlage und Oberdorf zusammen. Die Abfolge bestehender dörflicher Platzräume als lebendige, vernetzte Struktur wird durch den neuen Oberhofplatz fortgeführt. Am nördlichen Rand wird dieser Platz durch einen Neubau mit Detailhändler und Restaurant im Sockel sowie im Süden durch das klassizistische Försterhaus, das als Ankerpunkt im Dorfgefüge agiert, begrenzt.

Ein wesentliches Planungsziel war, den Grossverteiler sensibel in die Dorfstruktur einzubinden. Statt als freistehender Bau mit grossflächigen Werbebannern wurde er im Sockel des Neubaus integriert. Diese Massnahme bewahrt die ortstypische Prägung und vermeidet eine dominante Wirkung im Strassenbild.

Das Kloster, dessen Ursprung ins 13. Jahrhundert zurückgeht und in dem heute noch acht Schwestern des Zisterzienserordens leben, ist identitätsstiftend. Aufgrund seiner Lage am stark frequentierten Verkehrsknoten fehlt der Anlage die Vorzone und die räumliche Präsenz im Dorf. Eine Neugestaltung des Klostervorplatzes, basierend auf einer Überprüfung des Verkehrsregimes, würde weiteres Potenzial zur Stärkung des Zentrums bieten.

Im Spannungsfeld von Lärmschutz und Wohnqualität

Elf Baukörper werden zu vier Gebäudevolumen zusammengefasst und generieren eine beachtliche Dichte mit einer Überbauungsziffer von 0.67. Die viergeschossigen Bauten stehen auf einem gemeinsamen Sockel, der insbesondere an der Ost- und Südseite in Erscheinung tritt, während er im Westen und Norden aufgrund der Topografie ebenerdig in das Quartiergefüge übergeht.

Ein zentrales städtebauliches Element ist die Gebäudezeile entlang der Seetalstrasse. Sie fasst nicht nur den Strassenraum, sondern dient zugleich als Lärmschutz für die dahinterliegenden Wohngebäude. Die Gebäude bilden eine klare Linie und dadurch ein zurückhaltendes Gegenüber zur Klostermauer. Differenzierte Gebäudehöhen sowie die leicht über den Sockel hinausgeschobenen Obergeschosse jedes zweiten Baukörpers verleihen der Anlage eine «dörfliche» Kleinteiligkeit.

Die auffällige Gebäudetypologie ist deutlich dichter als die umliegenden Bauten.
Die auffällige Gebäudetypologie ist deutlich dichter als die umliegenden Bauten. (Bild: Joe Käser)

Gartenhofseitig verzahnen sich die Baukörper mit dem Freiraum, wodurch die Hoffassaden trotz geringen Distanzen eine angenehme Massstäblichkeit erhalten. Dies ermöglicht abwechslungsreiche Sichtbezüge und schafft durch diese Vielfalt gleichzeitig ein Gefühl von Privatsphäre.

Vom Strassenlärm abgeschirmt entstand eine innenliegende begrünte Achse.
Vom Strassenlärm abgeschirmt entstand eine innenliegende, begrünte Achse. (Bild: Beat Bühler)

Dem öffentlichen Leben in den Dörfern neue Impulse zu geben und Zentrumsfunktionen zu stärken, sind zentrale Ziele des raumplanerischen Prinzips der inneren Verdichtung. Parzellen- und eigentumsübergreifende Planungen, innovative Nutzungskonzepte für Erdgeschossflächen und durchdachte Strategien im Umgang mit prägenden Bestandsbauten bilden dabei eine Grundlage.

Zentrumsprojekte sind ein hochaktuelles Thema: Wie in Eschenbach wurden auch in Entlebuch und Ruswil vor kurzem Projekte umgesetzt, während in Knutwil, Schenkon und Buttisholz – um nur einige zu nennen – derzeit Planungen in unterschiedlichen Phasen voranschreiten. Ein Blick auf die Luzerner Dörfer verspricht eine spannende Entwicklung in naher Zukunft.

Dieser Artikel ist ein exklusiver Auszug aus dem neuen Magazin «Karton» Nummer 63, das demnächst erscheint.

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