Nötiges Startkapital wurde nicht erreicht

Blind und taub in Zug – jetzt gibt’s das Museum light

Im Siemens-Gebäude, das 2022 abgerissen wird, entsteht vorläufig ein Museum der besonderen Art.

(Bild: zVg)

Es harzt beim Museum Modi auf dem LG-Areal in Zug. Das nötige Geld für den Betriebsstart ist nicht beisammen. Nun sollen trotz anderweitiger Ankündigung doch öffentliche Gelder fliessen. Dennoch muss der Gürtel enger geschnallt werden.

Es klang ambitioniert, als Sozialunternehmer Andreas Heinecke im vergangenen September sein Projekt auf dem Zuger LG-Areal vorstellte. Ein Museum mit jährlich 130’000 Besuchern soll es werden (zentralplus berichtete). Eines, bei dem man unter anderem in einem Teil blind ist und ein anderer Raum komplett geräuschlos daherkommt.

Seither ist es ruhig geworden um das Projekt. Von aussen ist am Gebäude an der Nordstrasse, wo das Museum reinkommen soll, noch nichts zu sehen. Die Eröffnung des Museums Modi war für Oktober dieses Jahres vorgesehen. Heinecke rechnete damals vor, dass er für den Betriebsstart 2,8 Millionen Franken benötigt.

Aus 3 werden bald 20 Jahre

Dies ist nicht wenig für ein Museum, dessen Lebensdauer bis 2022 begrenzt sein soll. Denn der Plan wäre es, das Gebäude in drei Jahren abzureissen. Trotzdem sagt Heinecke: «Der Aufwand lohnt sich immer.» Er muss es wissen, betreibt er doch weltweit solche «Dialogausstellungen».

«Es wird eine Demoversion geben, damit sich die Leute bereits ein Bild machen können.»

Andreas Heinecke, Initiant des Museums Modi

Begonnen hat der 63-Jährige in Hamburg, wo Heinecke auch lebt. «Dort war das Projekt ‹Dialog im Dunkeln› ursprünglich ebenfalls auf drei Jahre beschränkt. Daraus sind inzwischen derer 19 geworden», erzählt er.

Die Krux mit den Sponsoren

Doch ob es in Zug überhaupt drei Jahre werden, steht momentan in den Sternen. Obwohl der Deutsche inzwischen von einem niedrigeren Investitionsbedarf spricht, der für den Betriebsstart nötig wäre, merkt man bereits anhand des Konjunktivs, dass daraus (vorerst) nichts geworden ist.

Andreas Heinecke gilt als erfahrenster Sozialunternehmer überhaupt.

Andreas Heinecke gilt als erfahrenster Sozialunternehmer überhaupt.

(Bild: Screenshot Youtube)

Rund eine halbe Million habe gefehlt, kalkuliert Heinecke. Alleine die zwei Stiftungen, welche hinter dem Projekt stehen – eine davon ist die Marc Rich Foundation – könnten unmöglich den gesamten Betrag stemmen. Und die Sponsorenakquirierung scheint harzig verlaufen zu sein.

Der Rat von André Wicki

Ursprünglich war geplant, auf öffentliche Gelder zu verzichten. Auch, weil ihnen der damalige Stadtzuger Bauchef André Wicki (SVP) davon abgeraten habe – zu aufwendig, zu langwierig sei dies. Nun hat sich der Wind gedreht. Heinecke sagt: «Es ist möglich, dass wir einen kleinen Zustupf von Stadt und Kanton bekommen.»

Vergangene Woche weilte Heinecke in Zug, traf sich unter anderem mit Vertretern von Landis & Gyr, auf deren Areal das Museum entstehen wird. Es wird darüber beraten, wie es nun konkret weitergehen soll. Was bereits klar ist: Trotz Verzögerung bei der Finanzierung soll das Museum im Herbst eröffnet werden. Dies allerdings in abgespeckter Form.

«Ein gewisses Risiko muss man eingehen.»

Andreas Heinecke

«Es wird eine Demoversion für sechs bis neun Monate geben, damit sich die Leute bereits ein Bild machen können», erklärt der Sozialunternehmer. Grund dafür sei, dass sich das Projekt für die Bevölkerung immer noch sehr abstrakt anhören mag. Der Investitionsbedarf für ein «Pop-up Modi» liege bei rund 1,2 Millionen Franken.

Wie stark wird abgespeckt?

Diese Woche standen weitere Gespräche auf der Traktandenliste. Es ging darum, den Rahmen für das definitive Museum abzustecken, ob auch bei der endgültigen Version mit der etwas weniger grossen Kelle angerührt werden soll.

Weiter auf dem Plan steht die Rekrutierung von geeigneten Mitarbeitern, welche noch geschult werden müssen. Bekanntlich werden dies Blinde, Taube und ältere Menschen sein. Die Mitarbeiter werden übrigens bezahlt, leisten also keinen Frondienst.

Die Frage nach dem Abriss

Heinecke lässt sich nicht davon beirren, dass der Start nicht ganz geglückt ist, sagt dass er lieber klein anfange. «Und ein gewisses Risiko muss man eingehen», ergänzt er. Es sei halt alles eine Frage des Geldes.

«Zug besitzt ein eigenartiges Image.»

Andreas Heinecke

Was ihm zusätzlich Auftrieb verleiht, ist, dass der Abriss des Siemens-Gebäudes 2022 keineswegs in Stein gemeisselt ist. Deswegen hofft Heinecke darauf,  dass das «Modi» länger bleiben kann.

Kryptohochburg und Steueroase

Dies wäre ganz in seinem Sinne, denn er ist überzeugt, dass das «Modi» gut hierher passt. Nicht bloss, weil eine der Stiftungen darauf bestanden hat, dass das Museum in Zug realisiert wird.

«Wir haben eine Analyse für Zug durchgeführt und herausgefunden, dass die Stadt ein eigenartiges Image besitzt. Es ist eine sehr internationale Stadt, doch weiss niemand davon.» Zug sei vor allem als Kryptohochburg und Steueroase bekannt.

Um sich einen Eindruck zu verschaffen: «Der Dialog im Stillen» in Hamburg:

Hoffen auf die Schulen

«Wir wollen mit dem Projekt hier einen Akzent setzen», erklärt Heinecke. Dass Zug verkehrstechnisch gut angebunden ist, sei natürlich ebenfalls von Vorteil.

Auch wenn das Museum erst mal eröffnet ist, wird es kein Selbstläufer sein. Heinecke weiss, was es braucht, um überleben zu können. «Ich will die Schulämter in Zug einbinden und das Museum schweizweit als Lernort anerkannt bekommen.» Denn dann würde man für Schulreisen berücksichtigt und die Mund-zu-Mund-Propaganda könnte ihren Lauf nehmen. Auf grosse Plakataktionen will Heinecke verzichten.

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