Paukenschlag in Kriens

Blamage: SVP fliegt aus Gemeinderat

Hat gut lachen: Franco Faé setzt sich gegen den SVP-Kandidaten durch. Das freut auch Faés Frau Monica. (Bild: lwo)

Das Krienser Stimmvolk wirft die SVP aus dem Gemeinderat. Deren Ersatzkandidat Martin Zellweger unterlag dem Herausforderer Franco Faé von der CVP klar. Die SVP ist enttäuscht, Mitte-Links freuts. Und: Der Krienser Neo-Regierungsrat und Ex-Gemeindepräsident Paul Winiker nimmt seine Partei in Schutz.

3’588 Stimmen für den CVP-Ortsparteipräsidenten Franco Faé (57), 2’171 Stimmen für den SVP-Kandidaten Martin Zellweger (52). So lautet das Resultat aus dem mit Spannung erwarteten zweiten Wahlgang von diesem Sonntag für die Krienser Ersatz-Gemeinderatswahlen.

Damit verliert die SVP ihren einzigen Sitz im Krienser Gemeinderat. Erobert hat diesen Sitz für die SVP 2007 Paul Winiker, der im Frühling in die Luzerner Regierung gewählt wurde. Vorher war die SVP nie im Gemeinderat.

Stimmberechtigt waren insgesamt 18’695 Krienser. Davon beteiligten sich 5’882 an den Wahlen, was einer Stimmbeteiligung von gut 31 Prozent entspricht.

«Das ist eine gewaltige Herausforderung»

Faé reagiert auf die Bekanntgabe des Resultats sehr gelassen – kein Freudenschrei, nichts, er wirkte dafür fast ein wenig eingeschüchtert. Das zeigte sich auch im Gespräch mit zentral+. Er freue sich natürlich über das Resultat. «Aber ich habe viel Respekt vor diesem neuen Amt. Das ist eine gewaltige Herausforderung.»

Dass Faé kein Mann der überbordenden Emotionen ist, zeigt sich auch daran, wie er den Abend vor seiner Wahl verbracht hat: «Wir haben in Zürich den 50. Geburtstag meines Cousins gefeiert. Anschliessend habe ich hervorragend geschlafen», sagt er und lacht. Feiern ist auch diesen Sonntag angesagt: Die CVP begiesst ihren Wahlerfolg im Krienser Gallusheim.

Wann Franco Faé bei seinem neuen Brötchengeber das Büro bezieht, weiss er immer noch nicht. «Ich werde den Amtsantritt nun definitiv mit der Gemeinde klären.» Möglicher Antritt sei per Anfang November.

SVP-Kandidat schmiert im ersten Wahlgang ab

Im ersten Wahlgang Ende August hat keiner der drei Kandidaten das absolute Mehr erreicht. Franco Faé (CVP) holte das beste Ergebnis. Mit 3’176 Stimmen verpasste er das für eine Wahl nötige absolute Mehr nur knapp um 118 Stimmen. Auf Rang 2 kam Simon Konrad (FDP). Er lag mit 1’707 Stimmen noch vor dem SVP-Vertreter Patrick Koch (1’621). Konrad und Koch zogen sich nach dem ersten Wahlgang zurück. Die SVP nominierte dann für den zweiten Wahlgang Martin Zellweger. Auf diesen wollten die SVP-Mitglieder zuerst nicht setzen, weil er in Kriens noch ein unbeschriebenes Blatt ist.

Franco Faé reagiert nach Bekanntwerden des Resultats im Foyer des Gemeindehauses gelassen. Seine Frau Monica hingegen zeigt Emotionen.

Franco Faé reagiert nach Bekanntwerden des Resultats im Foyer des Gemeindehauses gelassen. Seine Frau Monica hingegen zeigt Emotionen.

(Bild: lwo)

Neuer Finanzchef – vermutlich

Somit sieht der fünfköpfige Krienser Gemeinderat neu wie folgt aus: Cyrill Wiget (Grüne, im ersten Wahlang Ende August zum Gemeindepräsidenten gewählt, Umwelt, Sicherheit und Sport), Matthias Senn (FDP, Gemeindeammann), Lothar Sidler (CVP, Soziales), Judith-Luthiger Senn (SP, Bildung) − und eben Franco Faé (CVP). Letzterer wird wohl in die Fussstapfen von Paul Winiker treten und die Finanzen übernehmen. Obwohl: «Nach Rücksprache mit der Gemeinde ist das noch nicht ganz 100 Prozent klar», sagt Faé. Er gehe jedoch schon davon aus, dass er die Finanzen übernehmen werde.

So sieht der aktuelle, nur vier- statt fünfköpfige Krienser Gemeinderat aus (von links): Lothar Sidler , Matthias Senn, Judith Luthiger-Senn, Cyrill Wiget und Gemeindeschreiber Guido Solari. Neu wird also Franco Faé als zweiter CVP-Vertreter ins Gremium e

So sieht der aktuelle, nur vier- statt fünfköpfige Krienser Gemeinderat aus (von links): Lothar Sidler , Matthias Senn, Judith Luthiger-Senn, Cyrill Wiget und Gemeindeschreiber Guido Solari. Neu zieht Franco Faé als zweiter CVP-Vertreter ins Gremium ein.

(Bild: zVg)

Franco Faé gehört das in Kriens ansässige gleichnamige Geschäft für Rasenmäher. Er war 14 Jahre lang, von 1995 bis 2009, in Rain als Gemeindeammann für die Finanzen verantwortlich. Seit 2013 ist der Familienvater Faé Präsident der CVP Kriens. Im ersten Wahlgang für die Krienser Ersatzgemeinderatswahlen Ende August erzielte er mit 3’176 Stimmen klar das beste Ergebnis.

Martin Zellweger war von 2003 bis Mitte 2015 in leitender Position bei der Bison Schweiz AG tätig. Diesen Sommer hat er das Beratungsunternehmen Zellmar GmbH gegründet. Er ist in Meggen aufgewachsen und lebt seit 25 Jahren mit seiner Familie in Kriens. Der SVP ist er erst vor ein paar Monaten beigetreten.

Enttäuschte Gesichter nach Bekanntgabe des Wahlresultats bei Martin Zellweger und seiner Frau Ute.

Enttäuschte Gesichter nach Bekanntgabe des Wahlresultats bei Martin Zellweger und seiner Frau Ute.

(Bild: lwo)

Der stets sehr besonnen und freundlich auftretende Zellweger nahm sein Scheitern am Wahlsonntag gelassen und versuchte erst gar nicht, es schönzureden. «Ich habe übers Ganze hinweg wenig Stimmen geholt, das ist so. Diesen demokratischen Entscheid gilt es nun zu respektieren.» Er habe durchaus an einen Erfolg geglaubt, auch wenn es für ihn als Ersatzkandidaten schwierig gewesen sei, und sei nun entsprechend enttäuscht.

SVP-Präsident hofft vergebens

Der Rauswurf der SVP aus dem Krienser Gemeinderat ist auch eine Schlappe für den Krienser SVP-Präsidenten Peter Portmann. Auch wenn er das etwas anders sieht: «Wir hatten es sehr schwer, mit einem unbekannten Mann wie Martin Zellweger anzutreten. Unter diesen Umständen betrachtet, hat er kein schlechtes Resultat gemacht.» Auf die Frage, ob der Rauswurf personelle Konsequenzen haben wird – etwa Portmanns Rücktritt –, winkt Portmann ab. «Nein, es lag hauptsächlich an der Ausgangslage. Ich hoffe nun aber, dass Martin Zellweger nächsten Frühling bei den Gesamterneuerungswahlen nochmals für uns antreten wird. Dann ist er bereits bekannter und hat die besseren Karten als heute.»

Doch das hätte Portmann besser zuerst mit Zellweger geklärt. Denn auf Portmanns Wunsch angesprochen, sagt der gescheiterte Gemeinderatskandidat klipp und klar: «Ich werde nicht mehr antreten. Kriens hat auf einen anderen Kandidaten gesetzt, damit ist es für mich gelaufen.» Er werde sich nun auf sein neu gegründetes Beratungsunternehmen konzentrieren. Mitglied der SVP wolle er jedoch bleiben.

Paul Winiker nimmt Partei in Schutz

Nach Bekanntgabe des Wahlresultats gesellte sich plötzlich auch noch Neo-SVP-Regierungsrat und Ex-Krienser-Gemeindepräsident Paul Winiker zur kleinen Runde im Foyer des Krienser Gemeindehauses. Von zentral+ auf die Ohrfeige für seine Ortspartei angesprochen, verteidigte Winiker seine Parteikollegen: «Die SVP wollte Verantwortung übernehmen und ist mit einem eigenen Kandidaten angetreten, was ich toll finde.» Nun werde jetzt, wo die zweitstärkste Fraktion in Kriens nicht mehr im Gemeinderat vertreten sei, die Situation sicher nicht einfacher. Und auf die Feststellung, dass es speziell der Krienser SVP offenbar schwerfalle, geeignete Kandidaten für die Exekutive zu finden, sagte er leicht angesäuert: «Es ist in solchen Situationen immer schwierig, gute Kandidaten zu finden.» Dass dies der CVP offensichtlich leichterfiel, wollte Winiker dann nicht mehr kommentieren.

Paul Winiker (rechts) im Gespräch mit dem unterlegenen SVP-Kandidaten Martin Zellweger (links).

(Bild: lwo)

Wird Faé bloss zum Kurzaufenthalter?

Diese Zusammensetzung des Krienser Einwohnerrates könnte jedoch von kurzer Dauer sein. Denn bereits nächsten Frühling finden im Kanton Luzern überall Gesamternerungswahlen statt. So auch in Kriens. Bis dann könnten die Karten neu gemischt werden. Eng wird es sicher für die CVP. Denn diese hat nun zwei Sitze im Gemeinderat, obschon sie punkto Wähleranteil nur wenig vor der SVP (und FDP) liegt. Möglich also, dass Franco Faé nur ein Kurzaufenthalt im Gemeindehaus gewährt wird. Wobei es auch nicht gänzlich unmöglich erscheint, dass der nur mässig beliebte CVP-Sozialvorsteher Lothar Sidler abgewählt wird. Spannend dürfte im Frühling auch werden, ob eine andere Partei Cyrill Wiget als Gemeindepräsidenten attackiert. SVP und FDP haben ja nach Wigets Wahl diesen August laut über die Wahl des beliebten Gemeinderates gejammert und gelästert.

Kommt hinzu: In Kriens findet nun eine grosse Departementsreform statt. Ab September 2016 werden Pensen und Aufgaben umverteilt (siehe Box).

Lesen Sie hier den Kommentar zur Wahl: «Die SVP-Führung hat versagt»

Gemeindepräsident erhält mehr Vollmachten

Die Krienser Departementsreform sieht ab September 2016 vor: Alle anfallenden Arbeiten werden sachlogisch gebündelt und neu in fünf Departementen erledigt (bisher waren es sechs). Jedes Mitglied des Gemeinderates steht einem Departement vor:

• Das Präsidialdepartement wird zum vollwertigen Departement. Die bisher praktizierte Kombination mit einem anderen Departement (mit Paul Winiker als Gemeindepräsident war es das Finanzdepartement) entfällt und schafft Ressourcen für Führungsaufgaben. Hier werden Themen wie Gemeindeentwicklung, Wirtschaftsförderung und Regionalpolitik bearbeitet. Durch eine verstärkte Mitarbeit in den regionalen und kantonalen Gremien sollen die Anliegen von Kriens verstärkt und noch gezielter einfliessen können.

• Ein wichtiges Element des neuen Präsidialdepartementes ist auch eine umfassende Neugestaltung der Bevölkerungsdienste. Dort werden die Aufgaben der heutigen Einwohnerkontrolle, des Zivilstandsamtes sowie des Steuer-, Betreibungs- und Arbeitsamtes zusammengefasst. Diese Organisationsstruktur bildet den Kern des neuen zentralen Gemeindeschalters, der mit dem Bezug des neuen Gemeindehauses per Ende 2018 geschaffen wird.

• Die Aufgaben des Umwelt- und Sicherheitsdepartementes (USD) werden nach sachlogischen Kriterien anderen Departementen zugeordnet. Das USD verschwindet zwar, die jeweiligen Fachthemen behalten aber strukturell neu zugeordnet ihren Stellenwert.

Bau- und Umweltfragen werden im neuen Bau- und Umweltdepartement zusammengefasst. Damit kommen Bewilligungsverfahren und Umweltschutzanliegen sowie Energiebelange unter ein Dach.

• Die strategische und operative Verkehrsplanung wird im Bau- und Umweltdepartement zusammengeführt, in dem Verkehrsplanung und Realisierung (Tiefbau) in einer Abteilung vereint werden.

• Die Bereiche Sicherheit (Feuerwehr, Zivilschutz und Sicherheitsdienst) werden ins Bau- und Umweltdepartement verlagert.

• Betrieb und Unterhalt der gemeindeeigenen Liegenschaften werden in einem «Liegenschafts Management» (Abteilung Immobiliendienste) zusammengefasst und neu im Finanzdepartement angesiedelt.

• Die Freizeitdienste wie Jugend/Sport sowie Betrieb der Freizeitanlagen haben einen grossen Bezug zu den Immobilien und werden deshalb zusammen mit diesen in das Finanzdepartement überführt.

• Das Sozialdepartement wird weiterhin für die angestammten Bereiche (Sozialwesen, Gesundheitswesen, Kindes- und Erwachsenenschutz, Pflegekinderwesen und Integration) verantwortlich sein, und zukünftig verstärkt im strategischen Bereich der Gesundheitsversorgung tätig sein.

• Die familienergänzenden Tagesstrukturen werden neu dem Bildungs- und Kulturdepartement zugeordnet, was Synergien mit der Bearbeitung der schulergänzenden Tagesstrukturen ermöglicht. Neu erfolgt die Betreuung der Kindertagesstätten (Kitas), der Spielgruppen und die Ausgabe der Betreuungsgutscheine im Bildungs- und Kulturdepartement.

• Die Funktion des Gemeindeschreibers wird neu als Stabsstelle des Einwohnerrates und des Gemeinderates geführt. Der Gemeindeschreiber baut einen zentralen Rechtsdienst auf und koordiniert mit der Medienstelle den Aussenauftritt der Gemeinde.

Mit dieser ausgeglichenen Aufgabenbündelung wurde es möglich, dass alle Pensen der Gemeinderatsmitglieder auf 80 Stellenprozente festgelegt werden konnten (heute zwischen 62 und 92%). Mit der zunehmend strategischen Tätigkeit der Gemeinderatsmitglieder sei dies machbar, befand der Gemeinderat vor allem mit Blick auf jene Mitglieder, deren Pensum heute höher ist.

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