Beliebtes, urbanes Phänomen

Bitte pflücken: Naschgärten breiten sich in Luzern aus

Tafeln zeigen an, was man erntet – und ob man überhaupt darf. Hier im Innenhof der Himmelrich-Siedlung am Luzerner Neuweg. (Bild: jal)

Man braucht weder einen Schrebergarten noch ein Hochbeet auf dem Balkon, um reife Früchte zu ernten: Sogenannte Naschgärten erfreuen sich im urbanen Luzern zunehmender Beliebtheit. Was dahinter steckt und was es braucht, wenn man in der eigenen Nachbarschaft selber Himbeeren und Co. anpflanzen will.

Kurz ein paar Beeren pflücken, einen Zweig Rosmarin fürs Nachtessen und vielleicht noch einen Stängel Rhabarber?

Das ist vielerorts möglich, auch wenn man keinen eigenen Garten besitzt. Sogenannte Naschgärten erlauben es jedem und jeder, sich an den Sträuchern zu bedienen. Und: Sie werden immer beliebter.

Der erste Naschgarten in Luzern ist vor fünf Jahren beim Spielplatz Schildgärtli entstanden. «Das war ein Pilotprojekt», sagt Peter Bründler, der bei der Luzerner Umweltberatung für das Thema zuständig ist. «Inzwischen hat sich die Idee vervielfältigt.» 

Das Thema Urban Gardening ist ebenfalls seit Jahren präsent – Schrebergärten erlebten nach dem ersten Lockdown einen regelrechten Boom. «Man ist wohl grundsätzlich etwas sensibilisierter auf diese Themen», sagt Peter Bründler. «Das Hochbeet auf dem Gartensitzplatz oder die Pflanzkästen auf dem eigenen Balkon sind typische Beispiele dafür.»

Es darf nicht aufwendig sein

Doch was ist eigentlich ein Naschgarten? «Ein Naschgarten besteht aus einheimischen Pflanzen mit Früchten, Beeren und Obst, die man direkt vom Strauch pflücken – und eben naschen kann. Der Naschgarten braucht nur einen minimalen Unterhalt und Pflege», sagt Bründler.

«Es ist ein urbanes Phänomen, aber durchaus auch auf der Landschaft ein Thema.»

Peter Bründler, Luzerner Umweltberatung

Meist kommen Beeren oder Obst zum Einsatz. Teilweise Kräuter, idealerweise so, dass nicht alles gleichzeitig reif ist – und vorzugsweise einheimische Pflanzen. Gemüse hingegen ist zu aufwendig.

«Wichtig ist, dass ein Naschgarten beschriftet ist», sagt Peter Bründler. Zum einen, um Informationen zu vermitteln. Zum anderen aber, um ihm einen offiziellen, öffentlichen Charakter zu verleihen. Oder anders gesagt: damit die Passantin weiss, dass sie sich bedienen darf – und die Früchte nicht einem privaten Besitzer wegisst.

Wo bereits Beeren und Kräuter wachsen

Ein gutes Beispiel ist laut Bründler beim Freigleis zu finden. Gegenüber dem Neubad wachsen im Sommer Himbeeren, Stachelbeeren, Johannisbeeren, Walderdbeeren oder Mini-Kiwis. Ein paar hundert Meter weiter, im Innenhof des Himmelrich 1, gibt es ebenfalls einen Naschgarten.

Insgesamt zählt die Region Luzern rund ein Dutzend Naschgärten, weitere sollen noch dieses Jahr hinzukommen. «Es ist ein urbanes Phänomen, aber durchaus auch auf der Landschaft ein Thema», sagt der Projektleiter bei der Umweltberatung. 

Die Karte zeigt die Naschgärten in und um Luzern:

Auch an Schulen gibt es immer öfter entsprechende Projekte. «Viele Schulhäuser haben eine geeignete Umgebung und genügend Platz – und sind ideal, weil man ja damit auch den Kindern zeigen will, was bei uns wächst und wann es Saison hat», sagt Bründler.

Es braucht lokales Engagement

Dass die Bevölkerung inmitten der Stadt nicht nur Natur findet, sondern auch Essbares, ist politisch gewollt. Das Luzerner Stadtparlament hat letzten Sommer ein Postulat der SP überwiesen: Demnach sollen mehr grüne Oasen mit Obstbäumen bepflanzt werden, an deren Früchten sich die Leute bedienen können. Als Vorbild dient die «Zwetschgenbaum-Allee» am Richard-Wagner-Weg.

Peter Bründler, Projektleiter bei der Umweltberatung Luzern. (Bild: zvg)

Was Naschgärten betrifft, hielt der Stadtrat im Sommer fest, dass der Erfolg wesentlich vom Bedürfnis der Menschen vor Ort abhängt. Das bestätigt auch Peter Bründler von der Umweltberatung: «Man kann das nicht von oben herab umsetzen. Es braucht immer die Initiative von Menschen aus dem Quartier, die es anstossen und sich engagieren.» Die Bevölkerung werde oft schon bei der Planung miteinbezogen und bei der Realisierung und Pflanzung seien jeweils viele Helferinnen im Einsatz, die dadurch auch später noch einen Bezug zum Projekt hätten.

Für Peter Bründler ist insgesamt klar: «Wir machen nur gute Erfahrungen mit Naschgärten.» Auch Vandalismus sei kaum je ein Thema. «Vielleicht steht mal ein Schild etwas krumm, aber dass Pflanzen zerstört oder gestohlen würden, wäre mir nicht bekannt.» 

Du willst selber aktiv werden?

Gibt's bei Dir im Quartier eine ungenutzte grüne Ecke und motivierte Leute für ein Naschgarten-Projekt? Dann kannst Du Dich bei der Umweltberatung Luzern melden. Wenn Du bereits weisst, dass das Land Deinem Vermieter oder der Genossenschaft gehört, kontaktiere sie am besten vorgängig. Denn für einen Naschgarten braucht es das Einverständnis des Besitzers.

Und letztlich auch etwas Geld. «Wir können beraten und begleiten sowie die Beschilderung liefern», sagt Projektleiter Peter Bründler. «Aber die Initianten müssen die Pflanzen sowie allfällige Vorarbeiten finanzieren.»

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