Zugabe: «Osolebio»

«Bio, ist das eine Sekte?»

Früher nicht gewusst, was Bio ist, jetzt steigt er für die Bio-Bauern aufs Frappé-Mobil: Regierungsrat Matthias Michel macht Werbung für den Zuger Bauernmarkt «O sole Bio». (Bild: fam)

Kein Wunder, veranstalten die Innerschweizer Bio-Verbände ihren Jahres-Markt in Zug: Jeder siebte Bauernhof im Kanton ist ein Bio-Betrieb. Warum ist Zug überdurchschnittlich biologisch? Das hat mit dem Platzmangel zu tun. Und mit Schweinen.

Es ist wohl der schönste Hof in Zug, mit der kleinen Wiese und den Obstbäumen direkt vor dem See. Dazwischen liegt nur die Hauptstrasse nach Oberwil, sie bleibt gnädig von der Böschung verborgen, darüber hängt der weite Himmel, und ja, hier ist die Welt ziemlich in Ordnung: Der Biohof Zug hat sich der Nachhaltigkeit verschrieben, und ist damit nicht alleine. 80 Betriebe gibt es im Kanton Zug, die biologisch produzieren. Das sind rund 15 Prozent der insgesamt 533 Zuger Bauernhöfe. Damit ist die Bio-Dichte in Zug höher als der schweizweite Durchschnitt von elf Prozent. Und sogar doppelt so hoch wie in Luzern, wo nur rund sechs Prozent der Höfe biologisch anbauen. Kein Wunder, haben die Zentralschweizer Bio-Verbände beschlossen, ihren grossen Markt «O sole Bio» hier in Zug zu halten. Am 30. und 31. August findet er bereits zum sechsten Mal statt, wieder entlang der Seepromenade.

Gerade versammeln sich die Organisatoren des Marktes unter dem Pavillon vor dem Hofcafé des Zuger Biohofs, und wollen Auskunft geben über die Lage der nachhaltigen Landwirtschaft im Kanton. Und natürlich Werbung machen für ihren Markt: «Es ist einer zum Geniessen», sagt Meinrad Betschard, der Präsident von Bio Schwyz. «Man kann hindurchschlendern und da etwas probieren und hier etwas kaufen. Das gibt eine Ambiance so ein Markt.» Und er vernetze die Produzenten. 25’000 Besucher erwarten die Organisatoren. Aber haben Bio-Höfe im kleinen Zug überhaupt eine Zukunft?

«Ist das eine Sekte?»

 «Als ich hier aufgewachsen bin, gab es das Wort noch gar nicht», sagt Regierungsrat Matthias Michel, «Bio, dachten wir, ist das eine Sekte? Heute ist es gang und gäbe und die Betriebe bereichern den Kanton Zug: Hier kann man Tiere erleben, hier trifft die Urbanität Zugs auf die Natur.» Das passt offenbar zusammen:  «In den letzten Jahren hat es wieder Zuwachs bei den Biohöfen in Zug gegeben», sagt Yvonne Hegglin von Bio Zug. «Aber das Wachstum lässt sich nicht voraussagen. Oft wechselt ein Betrieb, wenn er innerhalb der Familie weitergegeben wird. Die Jungen wollen dann den Hof neu anschauen, und Bio ist nun mal eine moderne und spannende Form der Landwirtschaft.» Und kein blosser Trend mehr: «Man hat uns immer vorausgesagt, das bricht wieder ein», sagt Betschard, «aber das ist bis jetzt nicht passiert, die Nachfrage nach Bio wächst konstant.»

Keine Schweine

Dass Zug bei Bio führend ist, liege vor allem an den engen Räumen, sagt Hegglin: «In den Berggemeinden ist die verfügbare Fläche für die Höfe meistens nicht sehr gross, da bietet sich biologische Landwirtschaft an.» Den Unterschied zwischen Luzern und Zug machen die Bio-Experten in der in Luzern verbreiteten Schweinezucht aus: «Es ist schwieriger mit Schweinen gewinnbringend auf Bio umzustellen», sagt die Luzerner Biobäuerin Maya Probst. «Schweine werden mit Futter gemästet, das meistens nicht vom Hof stammt, es ist schwierig einen geschlossenen Kreislauf herzustellen, was ja das Ziel der Biobetriebe ist. Ich persönlich finde, Schweinezucht ist die am wenigsten nachhaltige Tierzucht.»

In Zug gibt es andere Hürden, sagt Regierungsrat Michel: Die Familienbetriebe, auch die nicht-biologischen, hätten es hier nicht leicht. «Es gibt nicht viel Fläche. Wenn ein Betrieb wachsen will, muss er Glück haben, dass es im richtigen Moment in der Nähe Land zu pachten gibt.»

«Bio ist das normale»

Zudem würden alle Familienbetriebe Gefahr laufen, in die Arbeitsfalle zu tappen: «Man wartet möglichst lange, bis man Leute einstellt, weil Familienmitglieder natürlich billiger sind. Wartet so lange, bis sie auch noch am Wochenende arbeiten, in der Nacht und am frühen Morgen. Und wenn die familiären Beziehungen dann in die Brüche gehen, dann ist das bei Bauern besonders schwierig», so Michel: «Man kann den Hof bei einer Scheidung nicht einfach aufteilen wie ein Bankkonto.»

Aber man kann ihn zusammenführen: «Für mich ist Bio das Normale, nicht die intensive Landwirtschaft», sagt Toni Niederberger, der Betriebsleiter des Zuger Biohofs. Respektive einer von dreien. «Genauso normal, wie die Landwirtschaft im Familienbetrieb. Bio ist das natürliche, es ist die Basis aller Landwirtschaft.» Sein Betrieb sind eigentlich drei Familienbetriebe, die sich zusammengeschlossen haben. Einer produziert Fleisch, einer Milchprodukte, Toni Niederberger baut Gemüse und Früchte an. «Wir sind zusammengenommen der grösste Bio-Hof im Kanton. Unser Vorteil ist auch die Nähe zur Stadt, es kommen viele zu uns in den Hofladen. Und da können wir Produkte aus der ganzen Zentralschweiz anbieten.»

Und wenn sich am 6. Biomarkt in Zug die Seepromenade mit Ständen aus der ganzen Zentralschweiz füllt, ist auch sein Hof vertreten. «Wir waren von Anfang an dabei», sagt Niederberger, «es ist eine tolle Sache.» Und der Hof hat einen entscheidenden Heimvorteil: «Wenn uns die Vorräte ausgehen, können wir mit dem Böötli Nachschub holen», sagt Niederberger und freut sich schon darauf, «vom Hof direkt an den Stand.»

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