Verhaltensauffällige Kinder strapazieren Nerven der Lehrer
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Eine neue Umfrage bei den Luzerner Lehrpersonen zeigt: Verhaltensauffällige Kinder sind die grösste Belastung an den Schulen. Trotzdem stellt sich der Lehrerverband gegen die Wiedereinführung von Kleinklassen.
Was macht den Beruf attraktiv? Sind die Lehrer zufrieden mit ihrem Lohn? Was sind die grössten Belastungen am Arbeitsplatz? Solche und andere Fragen beantworteten mehr als 3'000 Lehrer, Schulleiterinnen und ehemals im Kanton Luzern angestellte Lehrer der Volksschule.
Nun liegen die Resultate vor. Der Kanton Luzern publizierte sie am Mittwoch. Eins vorneweg: Nein, glücklich sind die Lehrerinnen mit ihrem Lohn nicht. Mehr als die Hälfte ist sehr unzufrieden oder eher unzufrieden damit.
Mehr als jeder zweite Lehrer fühlt sich sehr belastet
Die Resultate zeigen auch: Die Lehrerinnen schätzen den Umgang mit Kindern und Jugendlichen sowie die Flexibilität in der Arbeitsgestaltung. Jedoch bereitet ihnen der Umgang mit verhaltensauffälligen Kindern Probleme: Jeder zweite Lehrer fühlt sich durch den Umgang mit diesen Kindern sehr belastet.
Die verhaltensauffälligen Kinder stellen somit die grösste Belastung für die Luzerner Lehrpersonen dar. Weit verbreitet ist auch das Gefühl, zu wenig Zeit für alle Aufgaben als Lehrer zu haben (zentralplus berichtete). Rund 42 Prozent fühlen sich dadurch sehr belastet.
Die Belastung der Lehrerinnen hat Konsequenzen: Rund vier von fünf gaben an, an ihrer Schule Lehrer zu kennen, die wegen persönlich empfundener Belastung in ihrer beruflichen Tätigkeit krank geworden sind oder die Schule angesichts dessen verlassen haben. Eine zu gross empfundene Belastung ist der häufigste Grund dafür, warum Lehrer über einen Stellen- oder Berufswechsel nachdenken.
Als Massnahme zur Reduktion der Belastung wünschen sich Luzerner Lehrerinnen insbesondere mehr Unterstützung im Umgang mit verhaltensauffälligen Kindern. Aber auch kleinere Klassen wird von über der Hälfte der Befragten als wirksame Massnahme zur Reduktion der Belastung beurteilt.
FDP fordert Kleinklassen – der Lehrerverband ist dagegen
zentralplus konfrontiert Alex Messerli, Präsident des Luzerner Lehrerinnen und Lehrerverband (LLV), mit den Umfrageergebnissen. Erst kürzlich hat sich dieser gegen die Wiedereinführung von Kleinklassen ausgesprochen. Eine solche fordert FDP-Kantonsrätin Luzia Syfrig in einem hängigen Vorstoss. Sie begründet ihr Anliegen damit, dass es mehr verhaltensauffällige Kinder gebe und diese die Lehrer an ihre Grenzen führen würden.
Dass verhaltensauffällige Kinder eine grosse Belastung seien, überrascht LLV-Präsident Alex Messerli nicht. Generell seien die Luzerner Umfrageergebnisse wenig überraschend, sie würden lediglich bisherige Umfrageergebnisse bestätigen.
Messerli betont jedoch, dass die Umfrage nicht zeige, ob sich die Lehrpersonen eine Rückkehr zu Kleinklassen wünschen. «Natürlich gibt es Lehrpersonen, die mit der Wiedereinführung von Kleinklassen liebäugeln. Kleinklassen lösen das Problem nur oberflächlich. Wir müssen das Problem systemisch angehen, es braucht breitere Lösungen.»
Der LLV stelle sich auch nicht grundsätzlich gegen eine Separierung von Schülern. «Dass gewisse Lernende temporär nicht in den Regelklassen sind, gibt es auch heute noch.»
Erste Massnahmen sollen bis in einem halben Jahr erfolgen
Der LLV gibt sich betont vage, welche Massnahmen nun ergriffen werden sollen. «Die Arbeit fängt erst jetzt an. Mit den Umfrageresultaten haben wir eine weitere Grundlage, um Massnahmen zu erarbeiten und diese dann der Regierung und dem Parlament vorzuschlagen», sagt Messerli. Der LLV tut dies zusammen mit anderen Organisationen in einer Arbeitsgruppe, welche der Kanton ins Leben gerufen hat.
Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen durch die Umfrage sollen kurzfristige Massnahmen bis zum Start des Schuljahrs 2023/24 umgesetzt werden. Mittel- bis langfristige Massnahmen erfolgen ab dem Jahr 2024.
- Telefonat mit Alex Messerli, Präsident des Luzerner Lehrerinnen und Lehrerverband
- Postulat Luzia Syfrig
- Schlussbericht zur Umfrage
- Medienmitteilung des Kantons Luzern