Turnhalle statt Wiese in Hagendorn? Gruppe startet Petition
Das Schulhaus Hagendorn solle erweitert werden – aber nicht auf Kosten der Freiräume, fordert eine IG in einer Petition. (Bild: Andreas Busslinger)
Die Schule Hagendorn braucht mehr Platz für ihre Betreuungsangebote und eine neue Turnhalle. Einen entsprechenden Kredit hat die Chamer Bevölkerung deutlich angenommen. Doch nun bäumen sich Hagendorner auf.
Tschutten, Hoselupf im Sägemehl, gegeneinander in die Pedale treten oder zusammen einen Film schauen: Auch wenn sie ihren Abschluss längst hinter sich haben, treffen sich die Hagendorner immer wieder beim SchulhausHagendorn an der Lorzenweidstrasse.
Der rote Platz, der Hartplatz und die Wiese bei der Schule haben sich zu einer Art inoffiziellem Dorfplatz für den Chamer Ortsteil gemausert. Doch dieser sei bedroht, ist sich eine Mitte Januar gegründete «IG Dorfgemeinschaft Hagendorn» sicher. Sie setzt sich nach eigenen Angaben aus Eltern von Schulkindern, Vereinsmitgliedern, Politikern und Ur- und Heimweh-Hagendornerinnen zusammen.
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inwiefern sich beides gemäss der IG verbinden liesse
Mehr Platz für Tagesschule
Hintergrund ist die geplante Erweiterung beim Schulareal Hagendorn. Die Morgen-, Mittags- und Nachmittagsbetreuung an der Schule Hagendorn hat derzeit viel zu wenig Platz. Regelmässig muss die Betreuung auf Flächen wie die Turnhalle oder gerade ungenutzte Schulzimmer ausweichen.
Cham will deshalb mehr Platz für die modulare Tagesschule schaffen. Auch vor dem Hintergrund, dass der Kanton Zug bald eine umfassende schulergänzende Betreuung im Gesetz verankern will (zentralplus berichtete).
Nebst der Tagesschule sollen auch Sportler mehr Platz erhalten. Cham plant hierzu eine Doppelturnhalle – ob statt oder neben der bestehenden Einfachturnhalle, ist noch unklar. Diese soll auch als Mehrzweckhalle genutzt werden können und beispielsweise dem Schwingklub Cham-Ennetsee neue Trainingsräume bieten.
Einen entsprechenden Projektierungskredit von rund vier Millionen Franken haben die Chamerinnen mit fast 84 Prozent deutlich angenommen. Derzeit läuft ein Projektwettbewerb, bei dem Planerteams ihre Ideen für die Umsetzung einreichen können.
Freiräume in Hagendorn bedroht
Das Projekt an sich stelle die IG auch nicht infrage, wie sie in ihrer Medienmitteilung betont. Die Erweiterung sei auch aus ihrer Sicht «dringend nötig». Für Kritik sorgt jedoch der Umstand, wo die neuen Gebäude hinkommen sollen: mitten auf die Spielwiese, den Hartplatz und den roten Platz. Nur diese Flächen sind in den Abstimmungsunterlagen als Baubereich bezeichnet.
Für die neue Turnhalle und den Mittagstisch könnten so drei viertel der bestehenden und vielfach genutzten Freiräume rund ums Schulhaus verschwinden, fürchtet die IG. «Dies hätte einschneidende und nachhaltig negative Folgen für das Dorfleben in Hagendorn.»
Zwar strebt auch die Gemeinde gemäss den Abstimmungsunterlagen ein «möglichst grosses Rasenspielfeld» an. Das beruhigt die IG jedoch nicht: «Möglichst gross ist immer relativ», schreiben Manuela Käch und Simone Monnerat namens der IG auf Anfrage. Damit das Dorf- und Vereinsleben rund ums Schulhaus «aktiv und intakt» bleiben könnte, muss die Fläche rundherum gemäss IG mindestens 3000 Quadratmeter betragen. Davon soll die Wiese mindestens 2400 Quadratmeter gross sein. Wenn möglich soll zudem der Hartplatz erhalten bleiben, da dieser das ganze Jahr und auch für traditionelle Dorffeste genutzt werden kann.
Weniger Platz zum Spielen führe zu Streit
Die Gemeinde Cham hat auch nutzbare Flächen für Vereine und Co. im Innern der künftigen Turnhalle vorgesehen. Doch das reiche nicht, findet die IG. «Das Dorf- und Vereinsleben spielt sich nicht nur in den Innenräumen ab.» Zudem seien die Flächen im Freien frei und ganzjährig zugänglich, auch zu Randzeiten und an Wochenenden.
Nehme man den Hagendornerinnen und den Schulkindern diese Plätze, käme es zu Konflikten, befürchten die IG-Vertreterinnen. «Zu wenig Platz zum Austoben, zum Verweilen oder auch mal, um sich zurückzuziehen, hat zur Folge, dass sich Konflikte und Streitereien häufen werden und mit Sicherheit zurück ins Schulzimmer gebracht werden.» Gerade weil es im Schulareal zu wenig Platz habe, erweitere Cham das Schulhaus. «Es kann doch nicht sein, dass man deren Freizeitflächen notabene ohne Not opfert und mehr Kindern weniger Platz zum Spielen zur Verfügung stellt.»
Statt Wiese soll alte Halle Platz schaffen
Ohne Not deshalb, weil nicht alle Planvarianten so viel der freien Fläche beanspruchen würden, führt die IG weiter aus. Die beste Lösung wäre aus ihrer Sicht, wenn Cham die alte Turnhalle abreissen würde, womit nur wenig der freien Fläche verbaut würde. Allerdings würde Cham damit ein eigentlich noch solides Gebäude abreissen.
Für die Vertreterinnen jedoch gerechtfertigt, da die Bevölkerung ein hohes Interesse daran habe, die «raren Freizeitflächen zu erhalten». Zudem könnten mit einem «gesamtheitlichen Neubau wirklich alle Anspruchsgruppen zufriedengestellt werden», entgegnen sie weiter. Der private Verein, der dort allenfalls einquartiert würde, fände auch im Neubau Platz, sind sie sich sicher.
Doch die IG ist mir ihrer Petition spät dran – der Projektwettbewerb für die Erweiterung läuft bereits, im Mai will sich der Gemeinderat laut Zeitplan für ein Projekt entscheiden. Gemäss Manuela Käch und Simone Monnerat haben einbezogene Hagendorner diese Anliegen zwar bereits früher eingebracht – aber keine verbindlichen Zusagen seitens der Gemeinde erhalten. «Die Entscheidungsträger leben nicht in Hagendorn und konnten die Wichtigkeit unseres Anliegens vielleicht gar nicht nachempfinden», mutmassen die beiden.
Mit der Petition wollen sie dem Chamer Gemeinderat Anfang März nochmals deutlich den Hagendorner Wunsch nach Freiräumen übergeben. «Bisher war sich die breite Bevölkerung in Hagendorn keineswegs bewusst, dass ihnen ein so wichtiger Bestandteil des Dorfes und die damit verbundenen Aktivitäten weggenommen werden könnten.» Sie hoffen, dass auch die Gemeinderäte ob der bis dahin gesammelten Unterschriften eine Lösung mit viel Freiraum für Hagendorn favorisieren würden.
Das sagt der Gemeinderat
Ob der Gemeinderat ebenfalls das Gefühl hat, dass sich die Hagendornerinnen des Verlusts nicht bewusst gewesen seien oder dass er deren Anliegen zu wenig ernst nehme, bleibt offen. Da die Petition noch nicht eingereicht worden sei, hätte der Gemeinderat noch nicht darüber diskutieren können, schreibt der Chamer Kommunikationschef Beat Holdener auf Anfrage. Zudem verweist er auf das laufende Wettbewerbsverfahren, bei dem die Rahmenbedingungen für die Teilnehmer bereits gesteckt seien.
Dabei halte sich der Gemeinderat an die Planung, die auch in den Abstimmungsvorlagen so erläutert und entsprechend von den Stimmberechtigten abgesegnet worden sei. Weiter betont Holdener, dass die Anwohnerinnen zu einem Informationsanlass eingeladen gewesen seien und die Hagendorner Vereine bereits mitwirken hätten können.
Schreibt über alles, was Luzern und Zug aktuell beschäftigt. Im ländlichen Luzern aufgewachsen, hat sie beim «Entlebucher Anzeiger» ihre Begeisterung für Lokaljournalismus entdeckt. Nach einem Studium in Medienwissenschaften und Englisch ist sie seit September 2021 bei zentralplus. Nebenbei absolviert sie derzeit die Diplomausbildung Journalismus am MAZ.