Schulhaus in Zug: Anwohner bringen neuen Standort ins Spiel
Silvia Bützer und ihr Sohn Patrick Bützer auf dem Gelände des Schulhauses Guthirt. (Bild: zvg)
Kaum ein anderes Stadtzuger Gebiet entwickelt sich so stark wie das Guthirt-Quartier. Die Bevölkerung wünscht sich Mitsprache. Vor allem, wenn es um die Schule geht.
Auf den Wiesen rund um die Göblistrasse wird wie wild gebaut. Erst vor gut einem Monat befürwortete die Bevölkerung den Bebauungsplan Geviert GIBZ und ebnete dem geplanten Wohnhochhaus Pi den Weg (zentralplus berichtete). Auch nördlich davon, auf dem Geviert Ahornpark, sollen Hunderte Wohnungen entstehen.
Doch weil das Quartier Guthirt so stark wächst, wird der Schulraum knapp. Ein provisorischer Schulpavillon am Lüssiweg ist seit Anfang 2024 in Betrieb. Langfristig braucht es aber neuen Schulraum.
Die Stadt untersuchte 2023 mehrere Standorte und kam zum Schluss, dass ein Schulhaus im Gebiet Lüssi, direkt am Baarer Quartier Arbach, die Lösung sei. Doch die Schulhauspläne in der städtischen Peripherie wurden von der Anwohnerschaft und in der Politik heftig kritisiert – wenige Monate später krebsten die Behörden zurück.
Weiterlesen, sonst verpasst du:
wo zwei Anwohner die Schule gerne hätten
was der vom Volk abgelehnte Tunnel damit zu tun hat
wie die Stadt darauf reagiert
Nach lauter Kritik ist das Schulhaus Guthirt im Fokus
Die Behörden sagten: Eine Machbarkeitsstudie habe ergeben, dass mit einer Erweiterung des Schulhaus Guthirt der mittelfristige Schulraum gedeckt werden könne. Die Option eines gemeindeübergreifenden Schulhauses im Lüssi, etwas westlich des ursprünglich geplanten Baus, bleibe bestehen.
Für die Erweiterung des Guthirt-Schulhauses wurde ein Wettbewerb durchgeführt. Das Siegerprojekt «Unter der Laube» von Rahbaran Hürzeler Architekten sieht einen viergeschossigen Neubau entlang der Industriestrasse vor. Die bestehende Pavillonschule soll integriert werden.
Bevölkerung hat im Quartier Guthirt schon viel bewegt
Doch: Nicht alle Bewohnerinnen aus dem Quartier sind gleichermassen überzeugt von diesem Projekt. So etwa Patrick Bützer und seine Mutter Silvia. Seit den frühen 80er-Jahren lebt die Familie im Guthirt. «Es ist extrem lebenswert hier. Jedenfalls, solange man diesem Quartier Sorge trägt», erklärt die 71-Jährige gegenüber zentralplus.
Sie weiss, wovon sie spricht. Schon vor Jahrzehnten engagierte sie sich mit vielen anderen Quartierbewohnern für ein lebenswertes Guthirt.
Ende der 90er-Jahre entstand im Guthirt die ELG, die Eltern-Lehrpersonen-Gruppe; damals die erste im Kanton Zug. Wenig später wurde dank des Engagements aus der Bevölkerung die SPE, die sozialpädagogische Einrichtung, im Schulhaus Guthirt gegründet. Der Kindertreff ist auch heute noch von grosser Bedeutung. Patrick Bützer (46) nickt und entgegnet seiner Mutter: «Ich glaube, ohne euer Engagement würde das Quartier heute anders aussehen.»
Er ergänzt: «Die Quintessenz dieses Beispiels ist die Erkenntnis, dass nachhaltige, gute Lösungen im Quartier Guthirt bisher oft aus der Bevölkerung kamen.» Die Familie Bützer ist überzeugt, dass es auch beim Thema Schulraum aktuell opportun wäre, die Quartierbevölkerung stärker miteinzubeziehen.
Wie wärs mit einer Schule beim Hotel City Garden?
Denn Ideen wären genug da. Silvia Bützer hat die Quartierentwicklung seit Jahrzehnten auf dem Radar. Meterweise Unterlagen hat sie mittlerweile gesammelt. «Es ist lange her, da träumte ich etwa von einer Waldschule im Guggiwäldli. Auch überlegte ich mir, ob man nicht die heilpädagogische Schule in dieser naturnahen, doch zentralen Umgebung unterbringen könnte.»
Nach wie vor sieht sie das Gebiet nahe am Guggiwäldli als Ressource. Jetzt erst recht, findet die Zugerin, denn: «Weil der Stadttunnel abgelehnt wurde, soll das Gebiet neben dem Hotel City Garden aus dem Richtplan gestrichen werden. Es handelt sich um eine Zone des öffentlichen Interesses. Der Stadtrat sollte sich unbedingt Gedanken darüber machen, ob ein Schulhaus in diesem Gebiet möglich wäre.»
Bewohner wollen Grünflächen schützen
Von den Plänen zur Erweiterung des Schulhauses Guthirt sind die beiden nicht restlos überzeugt. Patrick Bützer fragt: «Ist es wirklich nötig, die Grünfläche zu verbauen? Im Stadtraumkonzept Zug 2050 heisst es, die Landreserven seien beschränkt, die Freiräume und Grünflächen müssten zugunsten einer guten Lebensqualität bewahrt werden.»
Tatsächlich gebe es im Quartier nur zwei Grünflächen. «Auf jener beim Lüssiweg steht aktuell ein Schulhausprovisorium.»
Der Guthirt-Bewohner spielt auch mit der Idee, die heutige Schule abzureissen: «Dabei gäbe es durch die Entlassung des Schulhausaltbaus aus dem Inventar der schützenswerten Bauten vielleicht eine Möglichkeit, diesen abzureissen und den Neubau dort zu realisieren. Dadurch könnte die Wiese erhalten bleiben.»
Tatsächlich wurde der Beschluss der Denkmalpflege am 20. Januar dieses Jahres rechtskräftig. Der Bau aus den 50er-Jahren dürfte demnach abgerissen werden.
Mit Herz fürs Guthirtquartier
Es ist unschwer zu erkennen, dass sowohl das Herz der Mutter als auch das ihres Sohns für dieses ehemalige Arbeiterquartier schlägt, das, verglichen mit anderen Zuger Wohngegenden, sympathisch geerdet wirkt. «Ich wurde in diese Umgebung hineingeboren. Ich habe nicht zuletzt wegen dieses Quartiers Soziologie studiert. Und ich bin, anders als viele meiner Mitschülerinnen, nach der Matura bewusst hiergeblieben», sagt Patrick Bützer.
Für ihn ist klar: «Hier geht die Post ab. Und wir müssen schauen, dass sie das auf eine gute Weise tut. Das heisst: Wir müssen die Chancen nutzen, die wir bekommen.»
Auch der Quartierverein äussert Bedenken
Der Wunsch der Familie Bützer entspricht auch jenem des Quartiervereins. Dieser war im Januar mit ähnlichen Bedenken an die Stadt Zug gelangt. Diese reagierte daraufhin mit einem Schreiben. Auf Anfrage von zentralplus verweist der Stadtrat auf ebendieses Dokument vom 4. März.
Darin wird unter anderem auf die Dringlichkeit des Anliegens hingewiesen. «Die geplante Erweiterung der Schulanlage Guthirt bis zum Schuljahr 2028/29 ist dringend notwendig und darf nicht weiter verzögert werden. Der Stadtrat möchte auch in Zukunft am bewährten Prinzip des Quartier-Schulhauses festhalten und die Schüler des Quartiers Guthirt nicht auf andere Schulhäuser in der Stadt verteilen müssen.» Der sehr enge Zeitplan für die Erweiterung der Schulanlage soll also wie geplant umgesetzt werden.
Vom Siegerprojekt «Unter der Laube» abrücken möchte die Stadt nicht. Der Abriss des Altbaus komme für sie nicht infrage, wie dem Schreiben zu entnehmen ist. «Die aus dem Inventar entlassenen Gebäude befinden sich – auch dank des regelmässigen Unterhalts – in einem guten baulichen Zustand und erfüllen die räumlichen Bedürfnisse der Schule optimal.»
Der Stadtrat weiter: «Ein Rückbau der Gebäude zum heutigen Zeitpunkt ist weder ökologisch noch betrieblich und wirtschaftlich nachhaltig und sinnvoll.» Der Stadtrat weist zudem darauf hin, dass er sich an den Beschluss des Grossen Gemeinderats vom März 2024 halten müsse.
Aussenräume wurden im Wettbewerb stark betont
Weil das Thema sowohl dem Stadtrat als auch dem GGR ein grosses Anliegen gewesen sei, wurde in der vorgängigen Machbarkeitsstudie die Wichtigkeit des Aussenraums betont, insbesondere auch für die Freiraumversorgung des Quartiers. Auf das Thema wurde beim Architekturwettbewerb besonderes Augenmerk gelegt.
Dennoch äusserten Vertreter des Quartiervereins und der ELG Guthirt nach der Bekanntgabe des Siegerprojekts Bedenken zum Aussenraum. Dies insbesondere auch deshalb, da «der Schulplatz im Guthirt im Unterschied zu anderen Schulanlagen nicht nur eine der letzten Grün- und Freiflächen, sondern auch zentraler Treffpunkt für alle Quartierbewohner ist», wie die Stadt festhält.
«Daraufhin folgte der Vorschlag seitens des Baudepartements für einen Workshop mit interessierten Quartierbewohnerinnen und -bewohnern zu den Bedürfnissen und Nutzungen des künftigen Aussenraums.» Rund 40 Teilnehmer diskutierten Ende Januar 2025 intensiv über die Aussenräume und Vorschläge zu den Nutzungsbedürfnissen und zur Aufwertung des heutigen Aussenraums.
Quartierbevölkerung überlegt sich Weg über die Politik
Die Stadt resümiert: «Die Verantwortlichen des Baudepartements erachten die Vorschläge als wichtig und wertvoll und werden diese in die Planung und Projektierung des Aussenraums und der Schulgebäude aufnehmen. Sobald die entsprechenden Planungsentwürfe vorliegen, wird das Quartier innerhalb der nächsten drei bis vier Monate zu einem weiteren Austausch eingeladen.»
Doch wie steht es um die Möglichkeit eines Schulhauses neben dem Guggiwäldli, nahe dem Hotel City Garden? Dazu äussert sich die Stadt auf Anfrage knapp: «Das Grundstück des Kantons Zug ist für die Stadt derzeit keine Option für die Erweiterung des Schulareals.»
Trotz des offensichtlichen Zeitdrucks: Patrick Bützer ist überzeugt, dass es sich für die Stadt Zug lohnen würde, jetzt noch zu reagieren und gegebenenfalls ihre Pläne anzupassen. Er weist im Gespräch darauf hin, dass man sich überlege, den politischen Weg einzuschlagen, um eine gute Lösung fürs Quartier zu erreichen.
Journalistin und langjährige Autorin bei zentralplus. Schreibt über politische Querelen, aufregende Bauprojekte und gesellschaftlich Bewegendes. Am liebsten jedoch schreibt sie über Menschen. Und natürlich Hunde.