Breite Allianz: Kein Neubau auf Wiese vor Schule Guthirt
Hemma Fuchs und der Quartierverein Guthirt feiern einen Etappensieg: Politiker fordern eine Neuauflage des Projekts für die Schule Guthirt. (Bild: Andreas Busslinger/zvg)
Verdichtet bauen, statt Freiflächen zubetonieren: Eine parteiübergreifende Gruppe fordert den Zuger Stadtrat auf, die Erweiterung der Schule Guthirt neu zu planen. Auch Abrisse sollen möglich sein.
Gut Ding will Weile haben – aber scheinbar nicht so beim Schulhaus Guthirt in Zug. Aufgescheucht vom dringenden Bedarf nach neuem Schulraum im Quartier Guthirt, hat der Stadtrat unter grossem Termindruck im Grossen Gemeinderat einen Wettbewerbs- und Projektierungskredit durchgedrückt.
Dies notabene ohne vertieft abzuklären, ob die bestehende Schulanlage nicht allenfalls abgerissen werden könnte, um stattdessen höhere Neubauten zu erstellen (zentralplus berichtete).
Als schliesslich am vergangenen 20. Januar bekannt wurde, dass die Schulanlage Guthirt doch nicht unter Schutz gestellt wird, hat der Stadtrat trotzdem am Siegerprojekt vom Juli 2024 festgehalten. Und zwar ungeachtet des heftigen Widerstands der Quartierbewohner und auch ungeachtet der eigenen Maxime, generell ein besonderes Augenmerk auf verdichtetes Bauen zu legen (zentralplus berichtete).
Der Quartierverein Guthirt unter dem Präsidium von Hemma Fuchs blieb derweil nicht untätig.
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Der Verein beschloss per Mitgliederversammlung einstimmig, dass der Vorstand aufgrund der neuen Ausgangslage weiterhin für einen Neustart beim Projekt kämpfen soll. Besonders liegen dem Quartierverein die bisherigen Freiflächen der Anlage am Herzen. In der Folge sammelte der Verein Unterschriften, um sein Anliegen weiter zu untermauern. Das Ergebnis: Zuger Gemeinderäte haben eine parteiübergreifende Motion eingereicht, die einen Neustart für die Schule Guthirt fordert. Der Stadtrat solle die bisherige Planung stoppen und in einem neuen Plan möglichst viele Freiflächen erhalten.
Quartierverein ging auf Politik zu
zentralplus erreicht Hemma Fuchs telefonisch. Sie sagt: «Die Motion ist nicht nur auf unsere Anregung, sondern zusätzlicher weiterer Kreise, unter anderem auch Eltern von Schülerinnen und Schülern, zustande gekommen.» Schlussendlich konnten sie fünf der sechs Fraktionen hinter das Anliegen bringen. Wobei der Verein auch mit der FDP-Fraktion, die nicht unterzeichnet habe, im guten Kontakt stehe, so Fuchs.
Die Lage habe sich aufgrund der verlorenen Unterschutzstellung verändert, schrieben die Motionärinnen. Dadurch könne die Stadt die bisherigen Gebäudeteile beim Schulhaus Guthirt prüfen und dann entscheiden, ob ein Ersatz oder eine kostspielige Sanierung angezeigt wäre. Zudem habe die katholische Kirche vor Kurzem Pläne für einen grossen Mehrzwecksaal präsentiert – was Potenzial für Synergien biete.
Der Vorstoss liest sich kaum wie ein Ruhmesblatt für den Stadtrat. Obwohl die Kommissionen die Kurzfristigkeit mehrfach kritisiert haben, drückte die Stadtregierung in der Projektplanung aufs Gaspedal. Zudem sei das Wettbewerbsverfahren zum Zeitpunkt des Parlamentsentscheids bereits ausgeschrieben gewesen, was schon im Vorfeld Tatsachen geschaffen habe. Und: Der Grosse Gemeinderat (GGR) habe seinen Entscheid ohne Kenntnis der Machbarkeitsstudie fällen müssen.
Parlament musste entscheiden, obwohl Informationen fehlten
Im Nachhinein hat der Zuger Stadtrat gar die Machbarkeitsstudie noch korrigiert. So hat das Siegerprojekt «Unter der Laube» einen wesentlich grösseren Fussabdruck als zuerst dargestellt. Zudem rückt das Projekt von der Industriestrasse ab und beansprucht damit noch mehr Freiraum, als zunächst angenommen.
Dies notabene, obwohl bereits früh Gegenwehr gegen das Projekt entstanden ist. So sind Anwohnerinnen oder Personen aus dem Quartierverein mehrmals auf den Stadtrat zugegangen, um ihre Bedenken zu platzieren. Ebenfalls haben sie die Stadtregierung bereits auf die Möglichkeiten aufmerksam gemacht, welche die nicht erfolgte Unterschutzstellung bieten.
Ein Schritt zurück – um noch grösseren Rückschritt zu verhindern
Auch wenn die hohe Dringlichkeit für Schulbauten bekannt sei, dürfe dies nicht auf Kosten des wichtigen Frei- und Aussenraums gehen, kritisieren die Motionäre. Sie bezweifeln, dass das Projekt bei einer Volksabstimmung gutgeheissen würde. Dem schliesst sich Hemma Fuchs an: «Wir stecken in einem Dilemma. Der Bedarf nach zusätzlichem Schulraum ist dringend, doch besteht die begründete Befürchtung, dass das bestehende Bauprojekt kein Volksmehr erhält.»
Bei einer negativen Volksabstimmung würde Zug bezüglich Schulraum um bis zu fünf Jahre zurückgeworfen. Käme es trotzdem zu einem Ja, wären viele Einsprachen zu erwarten, weil das Schulhaus Guthirt ziemlich exponiert sei. Aus Sicht des Quartiervereins wäre es darum besser, ein neues Projekt zu lancieren, das die bestehenden Bauten verdichtet. Denn eines sei deutlich geworden: «Gegen neuen Schulraum ist kaum jemand. Nur die geplante Überbauung von Freiflächen stösst auf Ablehnung», so Fuchs.
Vor allem kritisiert sie das wiederholt vom Stadtrat vorgebrachte Argument, das Schulhaus Guthirt verfüge über mehr Freiflächen als die meisten anderen Schulhäuser. «Weil dieser Platz für uns Treffpunkt und Dorfplatz ist, ein Ort, wo wir auch verschiedene Veranstaltungen wie das Quartierfest oder den Räbelichtliumzug durchführen, ist er für uns unverzichtbar.»
Druck bleibt weiterhin hoch
Auch wenn jetzt die Motion eingereicht ist, halten der Quartierverein und seine Mitstreiter die Füsse nicht still. Sie wollen noch weitere Argumente zusammentragen und diese den Parlamentariern unterbreiten, damit das Anliegen in der Ratsdiskussion auch auf bestmögliche Unterstützung zählen kann.
Damit zeichnet sich ab, dass der Stadtrat und das Stadtzuger Baudepartement in der Ratsdebatte einen schweren Stand haben werden.
Redaktor bei zentralplus mit Themen-Schwerpunkten Politik und Kultur. Hat an der Universität Zürich Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie studiert. Als ehemaliger Triathlet nach wie vor begeisterter Läufer, Rennradfahrer und Schwimmer.