Schülerinnen und Schüler könnten unfähig werden, selbst zu recherchieren und etwas kritisch zu analysieren. Diese Befürchtung hat die Zuger Regierung. Wegen KI steht selbst die Maturaarbeit auf dem Prüfstand.
Künstliche Intelligenz (KI) kann mittlerweile Musik komponieren, dich bezüglich Finanzen beraten und personalisierte Kochrezepte erstellen. Zudem können Anwendungen wie ChatGPT Aufsätze schreiben und bei den Hausaufgaben helfen. Diese vielfältigen Möglichkeiten stellen Schulen vor neue Herausforderungen. Ein Problem gibt es auch, wenn die Schüler die Programme für Aufgaben benutzen, die sie eigentlich selbständig lösen sollten.
Dennoch ist die Zuger Regierung davon überzeugt, dass KI auch viele Chancen für den Schulalltag bietet. Das schreibt sie in einer aktuellen Antwort auf die Interpellation der FDP-Kantonsräte Etienne Schumpf und Jill Nussbaumer. Sie wollten von der Regierung wissen, welche Chancen und Gefahren KI-Tools für die Schule bergen und welche Massnahmen im Umgang damit geplant sind.
Interessanterer Unterricht Dank KI
Einer der Chancen von KI-Programmen sieht der Regierungsrat darin, dass diese das Lernen personalisieren können. Sie können mittels Daten auf die individuellen Lernbedürfnisse und das Lerntempo der Schülerin eingehen. Das erhöhe die Chancengleichheit und gebe dem Lehrer mehr Zeit. Zusätzlich kann künstliche Intelligenz die Schülerinnen bei der Ideenfindung, beispielsweise für ein Projekt, unterstützen.
Lehrer können laut der Regierung mit KI-Programmen herausfinden, wie wirksam verschiedene Lehransätze und Lernmaterialien sind. Dadurch können sie Unterrichtsmaterialien und -methoden optimieren und so beispielsweise den Unterricht interessanter gestalten. Darüber hinaus können KI-Tools wiederkehrende, administrative Aufgaben übernehmen und damit Lehrerinnen entlasten.
KI liefere häufig falsche Informationen
Doch neben diesen Möglichkeiten sieht die Regierung auch viele Gefahren im Zusammenhang mit KI. Die Programme tendieren noch häufig dazu, falsche Informationen anzugeben. Herauszufinden, ob die Antworten der KI richtig sind, ist schwierig. Die Programme geben in der Regel keine Quelle an. Das kann dazu führen, dass sich Schülerinnen auf unzuverlässige Informationen verlassen.
Dem Regierungsrat ist es ausserdem wichtig, dass Schulen das Soziale aufgrund von KI-Tools nicht vernachlässigen. Der Mensch bleibe auch in Zukunft nur als soziales Wesen erfolgreich, hält er fest. In der Schule soll es weiterhin in erster Linie darum gehen, dass Schüler gemeinsam und von Lehrerinnen lernen würden.
Weiter sorgt sich der Regierungsrat, dass Schüler durch den häufigen Einsatz von KI-Tools ihre Fähigkeiten zur eigenständigen Recherche und kritischen Analyse vernachlässigen könnten. Auf lange Sicht könnte dies ihre Fähigkeiten beeinträchtigen, komplexe Probleme zu verstehen und Lösungen zu finden.
Schüler lassen KI für sich arbeiten
Ein Problem gibt es auch, wenn die Schüler die Programme für Aufgaben benutzen, die sie eigentlich selbständig lösen sollten. So meinte auch Remo Krummenacher, Rektor der Stadtschulen Zug, bei einer Medienkonferenz im Dezember 2023: «Es ist oft schwierig zu sagen, was KI-generiert ist und was nicht.» Es sei nicht konkret greifbar, wie oft Schüler KI einsetzen würden. «Doch wir wissen, dass die Kinder mit dem Thema in Berührung kommen und Bescheid wissen», ergänzte er (zentralplus berichtete).
In der aktuellen Stellungnahme schreibt der Regierungsrat, dass Formate der Leistungsbeurteilung geprüft werden müssten. So müsse man beispielsweise beurteilen, ob die Maturaarbeit in Zeiten von KI noch ein sinnvolles Mittel sei, um das Können von Schülerinnen einzuschätzen.
Auch befürchtet die Regierung, dass die Motivation von Schülern aufgrund der künstlichen Intelligenz abnehmen könnte. «Warum muss ich das können? Das kann doch ChatGPT für mich erledigen», sei eine mögliche Reaktion von Schülerinnen auf den Unterricht.
Lehrerinnen sollen weitergebildet werden
Die Antwort der Regierung zeigt: KI scheint für die Schulen im Kanton Zug auf jeden Fall kein Neuland zu sein. KI-Tools, welche qualitativ hochwertig und vertrauenswürdig sind, würden im Kanton Zug evaluiert und den Lehrern sowie Schülern zur Verfügung gestellt werden. So werden beispielsweise an der Berufsschule die Lizenzgebühren für das Tool Microsoft Copilot bezahlt, um die Anwendung vollständig nutzen zu können.
Besonders in der Anfangsphase sei es jedoch wichtig, den Einsatz der KI-Instrumente zu überwachen und zu evaluieren. Der Kanton will somit sicherstellen, dass die Programme den pädagogischen Zielen entsprechen und den Lernerfolg der Schülerinnen verbessern.
Die kantonalen Mittelschulen hätten eine Strategie, Konzepte und Richtlinien für den Umgang mit künstlicher Intelligenz entwickelt. Damit soll unter anderem gewährleistet werden, dass Weiterbildungen für Lehrer stattfinden und definiert wird, in welchen Situationen KI-Tools eingesetzt werden sollen.
Regierung sieht von kantonalen Regeln ab
Die Bildungs- und Kulturdirektion prüfe diese Konzepte und Reglemente der Schulen laufend, meint der Regierungsrat. Da sich KI rasch entwickle, sei es vorerst schwierig, eine weiter gehende Regelung einzuführen. Aus Sicht des Regierungsrats sei diese aktuell auch nicht angezeigt.
Die Direktion für Bildung und Kultur werde jedoch zusammen mit dem Schulfeld klären, ob es kantonaler Grundsätze für den Einsatz von KI-Anwendungen im Unterricht bedürfe.
Mirjam Reinhard ist im Raum Luzern aufgewachsen und verwurzelt. Sie studierte Gesellschafts- und Kommunikationswissenschaften und analysierte Medienberichte im Rahmen ihrer Bachelorarbeit. Seit Herbst 2023 schreibt sie als Praktikantin für zentralplus.