Projekt setzt sich in Luzern für Bildungsgerechtigkeit ein

Wie weiter nach der Schulzeit? Dieses Projekt zeigt dir die Chancen auf

Wir haben Mentor Luca und sein Mentee Arian in der Hochschule Luzern getroffen. Mit dabei ist Jenny, Standortverantwortliche für «Rock your Life!» Luzern. (Bild: ida)

Bildungschancen sind in der Schweiz sehr ungleich verteilt. Das gemeinnützige Projekt «Rock your Life!» setzt sich zum Ziel, das zu ändern. Dabei wird zum Beispiel der 14-jährige Arian von seinem Mentor Luca unterstützt. Wir haben die beiden in der Hochschule Luzern getroffen.

Chaos im Kopf: Viele Jugendliche sind beim Übergang von der Schule ins Berufsleben überfordert. Koch, Fachfrau Gesundheit oder doch studieren? Nur was?

Der 14-jährige Arian besucht derzeit die 3. Sekundarklasse. «Ich war unsicher, wusste nicht, was ich in meinem beruflichen Leben machen möchte», sagt er. Er schnupperte als Schreiner, als Detailhandelsfachmann – doch es passte irgendwie nicht so richtig. Davor wollte er Hochbauzeichner werden. Nun fasziniert ihn die Gesundheits-Branche.

«Der Übergang von der Schule ins Berufsleben kann für Jugendliche hart sein», sagt Jenny Breitschmid, Standortverantwortliche von «Rock your Life!», Luzern. Druck in der Schule, Notenstress und Unsicherheit prägen nicht selten das Bild. Das Schweizer Bildungssystem ist vielfältig – und das sei eine Stärke. Zugleich könne man dadurch aber auch überfordert sein, so Jenny Breitschmid.

Der 25-jährige Luca hat Arian dabei geholfen, eine Entscheidung treffen zu können. Arians Eltern, die aus Bangladesch kommen, sind mit dem Schweizer Bildungssystem nicht so vertraut, sagt Arian: «Es ist schwierig mit ihnen über solche Dinge zu reden, weil sie hier nicht so viel Erfahrung haben.»

Hier setzt das Projekt «Rock your Life!» an (siehe Box). Das gemeinnützige Projekt setzt sich für Bildungsgerechtigkeit ein. Dabei werden junge Erwachsene mit Schülern zusammengebracht. Die Mentoren nehmen die Rolle eines grossen Bruders oder einer grossen Schwester ein, stehen den Jugendlichen zur Seite. Ziel ist es, dass sich die Jugendlichen ihre Zukunft selbstverantwortlich und eigeninitiativ gestalten.

Rolle der Eltern entscheidend

Die Schüler könnten beim Übergang von der Schule ins Berufsleben auf Unterstützung von verschiedenen Seiten zählen, sagt Jenny Breitschmid. Die Hilfe der Eltern sei dabei entscheidend.

Eltern seien Gesprächspartner, begleiteten ihre Kinder, sprächen ihnen Mut zu. Doch auch Eltern können überfordert sein, wenn plötzlich Probleme auftreten. «Manchmal fehlt auch einfach im turbulenten Familien- und Berufsalltag die Zeit zu Hause», sagt Jenny Breitschmid. Oder die Eltern seien zu wenig mit dem Schweizer Bildungssystem vertraut, könnten zu wenig Deutsch. Überall hier setzt die Arbeit des Vereins «Rock your Life!» an.

Wenn zu Hause die Zeit oder das Wissen fehlt

Alle zwei Wochen treffen sich Luca und Arian in Arians Schule. Sie laufen gemeinsam eine Runde, sprechen über alles. «Wir haben unsere Zielgerade nun gefunden», sagt Luca. Nach der 3. Sek möchte Arian die Gesundheitsmittelschule absolvieren. Und zum ersten Mal hat er das Gefühl, dass dieser Weg für ihn stimmt.

Das letzte Mal sprachen die beiden bei ihrem Treffen darüber, wie die Zeit aussehen könnte, wenn Arian die Aufnahmeprüfung im nächsten März besteht. Jetzt gehts darum, die Zeit vor der Prüfung zu planen.

Faire Chancen für alle

«Rock your Life!» ist für alle Jugendlichen, die mehr Unterstützung brauchen und wollen, sagt Jenny Breitschmid. «Wir wollen faire Chancen für alle.»

Neben den Treffen zwischen Mentor und Mentee gibts verschiedene Trainings. In diesen lernen die Jugendlichen, wie sie ihre Stärken, Talente und Visionen entdecken und wie sie Widerstände auf dem Weg zu ihren Zielen auflösen können. Sie lernen verschiedene Berufe kennen, wie man Bewerbungen schreibt und üben Vorstellungsgespräche.

«Bildungschancen sind in der Schweiz sehr ungleich verteilt», heisst es in einem Bericht der Eidgenössischen Koordinationskommission für Familienfragen. Den grössten Einfluss auf die Schulleistungen und damit auch auf die Bildungschancen hat der soziale Hintergrund der Familie, gemessen an Ausbildung, Einkommen und Bildungsnähe.

Über das Projekt «Rock your Life!»

Studierende oder junge Arbeitnehmende nehmen die Rolle als Mentoren ein. Sie begleiten ihr Mentee über die letzten zwei Jahre der obligatorischen Schulzeit.

Das Konzept von «Rock your Life!» stammt aus Deutschland. Seit 2013 gibt es das Projekt auch in der Deutschschweiz – mittlerweile in acht verschiedenen Städten.

Es «matcht» zwischen den beiden

Luca und Arian haben sich auf Anhieb verstanden. Beim sogenannten Matching-Event trafen die beiden das erste Mal aufeinander. Ähnlich wie bei einem Speed-Dating tauschte sich jeder Mentor je eine Minute lang mit den Schülern aus.

Zwischen Luca und Arian hat es gleich gepasst. «Unsere Charaktere passen recht gut zueinander», findet Luca. Arian nickt zustimmend. Und beide interessieren sich für Sport, spielten lange Zeit Fussball.

Luca war als 15-Jähriger selbst überfordert

Die Mentoren von «Rock your Life!» helfen ehrenamtlich. Weshalb hat sich Luca dazu bereit erklärt?

«Ich konnte damals mit meinem Wissensstand als 15-Jähriger keine gute Entscheidung für meine Zukunft treffen.»

Luca, ist bei «Rock your Life!» als Mentor aktiv.

Wohl deswegen, weil er selbst Unterstützung hatte und ohne diese nicht zurechtgekommen wäre. «Ich war selbst völlig verloren, konnte damals mit meinem Wissensstand als 15-Jähriger keine gute Entscheidung für meine Zukunft treffen», sagt Luca. Er selbst besuchte die Kanti, brach sie ab, absolvierte eine KV-Lehre und studiert nun Wirtschaft. Seine Eltern hätten ihn dabei stark unterstützt. «Meine Mutter war wahrscheinlich aktiver bei der Berufswahl als ich», sagt Luca und lacht.

Später wird Arian seinem Bruder helfen

Arian hat einen jüngeren Bruder, der elf Jahre alt ist. Wenn dieser grösser ist und sich bei seiner beruflichen Zukunft unsicher ist, kann Arian ihm nun helfen. Und wer weiss, vielleicht ist auch er einmal ehrenamtlich als Mentor tätig. Aber darüber hat Arian noch nicht nachgedacht. Denn zuerst will er die Aufnahmeprüfung bestehen und seine Zukunft anpacken.

Ihre Charaktere passen gut zueinander, sagt Luca. (Bild: ida)
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