Erstmals leitet eine Frau den Zivilschutz

Ihre Mentalität bringt sie bis zuoberst in den Luzerner Zivilschutz

Rita Zibung (59) ist seit knapp acht Jahren Bereichsleiterin im Zivilschutz. (Bild: zvg)

Im Oktober übernimmt Rita Zibung die Leitung des Zivilschutzes im Kanton Luzern. Wer ist die höchste Zivilschützerin? Und wie tickt die 59-jährige Luzernerin?

Rita Zibung sitzt auf einem Stuhl in ihrem Büro in Sempach. Sie blickt zu den Flaggen hinter sich. Das Kantonswappen von Luzern, die Schweizer Flagge und die Flagge von Sempach zieren den Hintergrund. Sie richtet kurz die Jacke ihrer Zivilschutzbekleidung, die sie bei öffentlichen Auftritten trägt.
 
Rita Zibung ist 52 Jahre alt, als sie im Jahr 2015 im Kontrollwesen Zivilschutz des Kantons Luzern angestellt wird. Vorher arbeitete sie rund 20 Jahre als Softwareentwicklerin in der IT-Branche, ehe sie in die Marketing- und Kommunikationsabteilung mehrerer Firmen wechselt.
 
Nun tritt sie im Oktober die Stelle als Leiterin Zivilschutz von ihrem Vorgänger und Mentor Daniel Enzler an. Das Besondere daran? Sie wird die erste Frau überhaupt sein, die eine solche Position schweizweit innehaben wird (zentralplus berichtete).
 
Mit mittlerweile 59 Jahren hat Zibung mehr Branchen gesehen und mehr interdisziplinäre Brücken gebaut als so mancher Mann in ihrem Alter. Dabei musste sie immer wieder versuchen, die Sprache der unterschiedlichsten Anspruchsgruppen auf einen Nenner zu bringen. So beschreibt sie es selbst auf ihrem LinkedIn-Profil. Und dieser aussergewöhnliche berufliche Werdegang beginnt bereits früh.

Sieht punkto Frauen und Zivilschutz Verbesserungspotenzial: Rita Zibung. (Bild: ens)

Keine Rollenvorbilder

Zibung wächst im Luzerner Hubelmatt-Quartier auf. Am Fusse des Bireggwaldes zieht es Zibung bereits in ihrer Kindheit in die Natur. Fasziniert ist sie vor allem von Katzen – und Adlern. Weil die einen in den Tag reinleben können und die anderen fliegen und somit immer alles im Blick haben. Es sind Eigenschaften, die sich Zibung ebenfalls zu eigen macht.
 
Rollenvorbilder hat sie keine. Bis heute nicht. Das hat seine Gründe. Während einer ZEN-Übung lernt sie das Buch «Der wahre Mensch ohne Rang und Namen» kennen. Darin geht es um die Seele, die gut sein muss. Das ist Zibung wichtiger, als Menschen auf ein Podest zu stellen. Eine Brücke zum Zivilschutz schlägt sie bereits, als sie ihren damaligen Partner kennenlernt. Er begeistert sich ebenfalls für den Zivilschutz. Als sie Mutter von zwei Kindern wird, möchte sie unbedingt weiterarbeiten. Am liebsten Vollzeit. Sie liebt die Arbeit – und die Organisation, die damit verbunden ist, alles unter einen Hut zu bringen.

«Wir Frauen machen 50 Prozent der Bevölkerung aus, und jede Gruppe profitiert davon, wenn eine Frau ihre Ideen mit einbringt und mitdiskutiert.»

Rita Zibung

Als sie 2018 zur stellvertretenden Leiterin der Abteilung Zivilschutz ernennt wird, ist klar, wohin der Ausbildungsweg führen soll. Mehrere Jahre später ist es schliesslich so weit, und Zibung absolviert im Frühjahr 2023 die letzte Stufe der Ausbildung zur Führung Bataillon und ebnet damit den Weg zur Beförderung zum Oberstleutnant.

Das Erfolgsmodell «Zivilschutz» ist weltweit einzigartig

Darauf angesprochen, was sie sich denn hinsichtlich Frauen und Zivilschutz wünscht, antwortet Zibung: «Da sehe ich Verbesserungspotenzial. Schliesslich machen wir Frauen 50 Prozent der Bevölkerung aus, und jede Gruppe profitiert davon, wenn eine Frau ihre Ideen mit einbringt und mitdiskutiert.» Sie weiss, wovon sie spricht, ist sie bei Besprechungen doch oft die einzige Frau im Sitzungsraum.
 
Gefragt, was ihre Motivation ist, sich im Zivilschutz zu engagieren, antwortet Zibung: «Ich will etwas bewirken.» Heisst: Sie möchte den eingeschlagenen Weg von ihrem Vorgänger weiterverfolgen. Ein wichtiger Diskussionspunkt stellt die politische Debatte rund um die Alimentierung von Zivilschutzangehörigen dar, die derzeit im Parlament stattfindet.
 
Zu diesem äussern möchte sich Zibung aber (noch) nicht. Diesbezüglich warte man die Ideen des Parlaments sowie die revidierten gesetzlichen Grundlagen ab, die es dann umzusetzen gelte. «Unsere Aufgabe besteht darin, dass wir den Schutzdienstleistenden eine optimale Ausbildung bieten und den Zivilschutzorganisationen zuteilen können.»

Abwarten und Zuschauen ist keine Option

Zibung ist bis heute fasziniert vom Dienstmodell Zivilschutz, das in der Schweiz in einem Milizsystem funktioniert. Sobald das Gesundheitswesen, die Polizei oder Feuerwehr Unterstützung benötigt, wird der Zivilschutz mit den Schutzdienstpflichtigen aufgeboten. Der Zivilschutz stellt im Ereignis die Durchhaltefähigkeit sicher. So wie es kürzlich beim Grossbrand der Swiss Krono AG in Menznau der Fall war oder während der Pandemie.
 
Wer mit Zibung spricht, hat das Gefühl, dass sie alles erreicht hat, was sie will. «Es ist aber nicht immer alles so, wie es scheint. Oft steckt viel Arbeit dahinter.» Es sehe vielleicht leichter aus, weil sie aus Niederlagen gelernt habe und einfach weitermache. Zibung lebt bis heute nach der Mentalität, möglichst weit kommen zu wollen. Es gibt nur etwas, was Zibung überhaupt nicht kann. Weitermachen, wenn ihr etwas nicht mehr Spass macht und sie nichts mehr lernen kann. Dann geht ihre Neugier verloren – und Zibung sucht eine neue Herausforderung.
 
Sie sieht das Leben voller Möglichkeiten – Abwarten und Zuschauen ist keine davon.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Rita Zibung
  • Interne Unterlagen aus dem Zivilschutz des Kantons Luzern
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