Gemeinde will durchmischte Klassen

Schulhauseinteilung in Horw: Jetzt spricht die Gemeinde

In der Gemeinde Horw sind nicht alle Eltern zufrieden damit, in welches Schulhaus ihre Kinder eingeteilt wurden. (Bild: Symbolbild: Adobe Stock)

Die Frage nach dem «richtigen» Schulhaus für die Kinder erzürnt auch dieses Jahr wieder Eltern in Horw. Am Mittwochabend äusserte sich nun die Gemeinde zum ewigen Knatsch – und erklärte sich.

Seit Jahren sorgt in der Gemeinde Horw die Schulhauseinteilung für Diskussionen. Eltern sind unglücklich damit, dass ihre Kinder nicht in das gewünschte – oder in das nächstgelegene – Schulhaus eingeteilt werden. Dass somit der Schulweg länger und womöglich auch gefährlicher wird. Oder dass das eigene Kind nicht mit der besten Freundin vom Tennisplatz die Klasse besuchen kann. Oder eben mit dem Nachbarskind die Schulbank drücken muss, mit dem sich das eigene Kind doch so zerstritten hat.

Horwer Eltern haben sich deswegen zusammengetan, 200 Unterschriften bei der Gemeinde deponiert und sich in einem offenen Brief dazu geäussert. «Viele Eltern kennen den Grund nicht, warum ihr Kind in ein Schulhaus eines anderen Quartiers eingeteilt wurde», begründete dies Manuela Bammert gegenüber zentralplus. Sie bemängelte, dass kein persönlicher Austausch zwischen Rektorat und Eltern stattfände.

Dieses Jahr scheint der Frust einiger Eltern ein neues Mass angenommen zu haben. So beklagte Gemeindepräsident Ruedi Burkard in der Februarausgabe des Gemeindemagazins «Blickpunkt», dass Mitarbeiterinnen der Schule oder deren Familienangehörige anonym beschimpft oder bedroht worden seien (zentralplus berichtete).

Einteilung dauert gut 9 Monate

Am Mittwochabend lud die Gemeinde zu einer internen Infoveranstaltung – zu welcher der Einwohner- und der Gemeinderat sowie die Bildungskommission eingeladen waren. Rund die Hälfte der aneinandergereihten Stühle blieb unbesetzt – auf die wohl so manche Eltern gerne Platz genommen hätten. Doch an Eltern richtete sich der Anlass explizit nicht.

Schnell zeigte sich bei dem zweistündigen Anlass: Die Schulhauseinteilung der Horwer Kinder ist nicht ganz so einfach, wie man sich das vielleicht vorstellt. Schliesslich dauert der ganze Prozess auch rund ein Dreivierteljahr.

Nicht nur die Klassengrössen müssen stimmen

Daniel Bachmann, Rektor der Gemeindeschulen, skizzierte das Problem: Für das Schuljahr 2022/23 musste die Bildungskommission 166 Kinder einteilen. Im Gebiet des Schulhauses Spitz wohnen 35 Schülerinnen. Das Problem: Es steht nur ein Klassenzimmer zur Verfügung. Eine Klasse mit 35 Schülern wäre viel zu gross und widerspräche den kantonalen Vorgaben.

Im Schulhaus Allmend sind es 58 Schüler. Diese könnte man theoretisch in drei Klassen einteilen. Das Problem: Es wären laut Bachmann «sehr belastende Klassensituationen». Es wären also Klassen, welche für die Lehrerinnen schwer zu führen wären. Viele der Kinder im Quartier hätten beispielsweise einen Migrationshintergrund und nur wenig Deutschkenntnisse. Damit würde den Kindern kein chancengerechtes Umfeld gegeben werden.

Beim Schulhaus Hofmatt sind es 45 Kinder, beim Schulhaus Mattli deren 28. Hier hat die Gemeinde Mühe, richtige Klassengrössen festzulegen, da Horw pro Klasse durchschnittlich 20,5 Kinder einteilen möchte.

Durchmischte Klassen sind das Ziel in Horw

Das Problem wäre durch zwei zusätzliche Klassen nicht gelöst. Denn das Wort der Stunde lautet: Durchmischung – und damit hoffentlich bessere Chancengerechtigkeit. Bei der Klasseneinteilung achtet die Bildungskommission auch darauf, dass Schüler unterschiedlicher Herkünfte in einer Klasse eingeteilt werden und ob sozial auffällige Kinder in die jeweilige Klasse passen. «Gerade bei den Schulhäusern Allmend und Hofmatt achten wir darauf, dass keine ‹Ghettobildung› stattfindet und wir eine Durchmischung hinkriegen», erklärte Rektor Bachmann. Zudem sollten die Geschlechter ausgewogen sein und Geschwister dasselbe Schulhaus besuchen.

«Jetzt, wo die Klassen ausgeglichener sind, kann ich den Kindern viel gerechter werden.»

Mirjam Mathis, Lehrerin

Drei anwesende Lehrerinnen untermauerten, warum durchmischte Klassen wichtig seien. Mirjam Mathis ist eine 1.-Klass-Lehrerin des Schulhauses Allmend. Vor ein paar Jahren unterrichtete sie noch 5.- und 6.-Klässler. Zeitenweise habe sie sich im Mathe-Unterricht nur auf drei Schüler mit Lernschwäche konzentrieren können – besonders leistungsstarke Schülerinnen seien zu kurz gekommen. Schliesslich begann die Bildungskommission, verhaltensauffällige Kinder oder solche mit bildungsfernem Hintergrund oder schwachen Deutschkenntnissen besser aufzuteilen. «Jetzt, wo die Klassen ausgeglichener sind, kann ich den Kindern viel gerechter werden.»

Barbara Koch, Lehrerin Integrative Förderung beim Schulhaus Hofmatt, betonte, dass eine breite Durchmischung für alle Kinder eine Chance sei. «Mit Vielfalt umzugehen ist eine Bereicherung für alle.» Zudem sei es sinnvoll, die begrenzten Ressourcen in der Gemeinde fair zu verteilen.

Warum Kinder vom Allmend-Quartier ins Schulhaus Hofmatt geschickt werden – und umgekehrt

Folglich hat die Bildungskommission 17 Schülerinnen aus dem Spitz-Gebiet in das Schulhaus Allmend eingeteilt sowie acht Schüler vom Gebiet Felmis ins Mattli, was vom Schulweg her zumutbar sei. 15 Schülerinnen aus dem Quartier Allmend wurden ins Hofmatt geschickt – und Schüler vom Hofmatt umgekehrt ins Schulhaus Allmend. «Mit diesen Umteilungen gehen wir sehr vorsichtig um», sagte Daniel Bachmann dazu. «Wir machen eine genaue Analyse, welche Kinder in welches Schulhaus eingeteilt werden, um so für ausgeglichene Verhältnisse zu sorgen.»

«Es ist wichtig, nicht nur Problemfälle umzuteilen. Denn wir wollen vermeiden, dass diese Kinder stigmatisiert oder blossgestellt werden.»

Daniel Bachmann, Rektor

Weiter betonte er: «Es ist wichtig, nicht nur ‹Problemfälle› – also sozial auffällige Kinder – umzuteilen. Denn wir wollen vermeiden, dass diese Kinder stigmatisiert oder blossgestellt werden.» Nicht, dass sich in der Gemeinde etwa herumspräche, dass die Kinder, die aus dem Gebiet Allmend ins Hofmatt-Schulhaus geschickt werden, verhaltensauffällig seien. Deswegen teilt die Bildungskommission also unter Umständen auch nicht sozial auffällige Kinder in ein anderes Schulhaus ein.

Etwa 12 Eltern sind unzufrieden – zwei von ihnen sehr

Der Rektor und auch der Gemeindepräsident sind mit der Einteilung zufrieden: Dadurch, dass Kinder quartierübergreifend in die vier Schulhäuser eingeteilt werden, werden die Klassen durchmischter. Sozial auffällige Schüler oder solche mit sehr hohem Förderbedarf häufen sich nicht mehr in einzelnen Klassen. Zudem setzt die Gemeinde auf Lotsen, die den Kindern beispielsweise beim Überqueren der Kantonsstrasse helfen.

«In den allermeisten Fällen fühlen sich die Kinder auch in einem weiter entfernten Schulhaus wohl», hielt Bachmann fest. Letztes Jahr seien die Eltern von rund zwölf Kindern mit der Einteilung unglücklich gewesen, die meisten hätten nach einem persönlichen Gespräch die Gründe nachvollziehen können. Zwei Fälle hätten die Schulen und die Gemeinde länger auf Trab gehalten. Gemeindepräsident Burkhard relativierte, dass dies bei total 270 Einteilungen erfolgte. «Mehr als 90 Prozent der Eltern sind mit der Einteilung folglich zufrieden.»

Bleibt zum Schluss die Frage: Warum wurden Eltern nicht eingeladen, Platz zu nehmen in der Aula? Schliesslich hätte die Gemeinde mit der Infoveranstaltung wohl einige Fragen und einigen Frust abfedern können. Diese Frage stellten sich auch einige der anwesenden Einwohnerräte.

«Wir finden es nicht sinnvoll, einen solch komplexen Prozess allen Eltern zu erklären», erklärte Burkard. «Und die Gründe der unzufriedenen Eltern sind vielfältig. Deswegen würden wir in diesen Fällen das persönliche Gespräch bevorzugen.» Sie nähmen die Inputs aber auf – und überlegen sich nun etwa, ein Erklärvideo für Eltern anzufertigen.

Verwendete Quellen
  • Offener Brief zur Schuleinteilung
  • Antwortschreiben der Horwer Bildungskommission auf den offenen Brief
  • Besuch und Augenschein vor Ort an der internen Infoveranstaltung in Horw
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9 Kommentare
  • Profilfoto von Paul
    Paul, 16.03.2023, 11:04 Uhr

    Die Gemeinde Horw macht schultechnisch und auch sonst eine super Arbeit. Könnte wetten es sind auch Eltern dabei, die ihr Kind im Studium sehen und die Schule für fehlende Noten (anstelle IQ) verantwortlich machen. Und wehe, diesen Eltern wird in ihrem Beruf von „Nichtfachleuten“ reingeredet….
    Danke Horw für eure tollen Schulen.

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    • Profilfoto von Leer/er Lämpel
      Leer/er Lämpel, 16.03.2023, 12:38 Uhr

      Wenn es zu Problemen, Friktionen kommt, einfach stets mantraartig die «gute Arbeit» zu beschwören, ist genau die lernresistente und infantile Verhaltensweise, um offenkundige Missstände ja nicht beleuchten und/oder zugeben zu müssen! Meistens beim Staat anzutreffen.

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      • Profilfoto von Remo
        Remo, 16.03.2023, 13:40 Uhr

        Schön ist, wenn jene, die Verbesserungspotenzial sehen, den Lehrerberuf ergreifen und das ganze neu formen.

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        • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
          Marie-Françoise Arouet, 16.03.2023, 15:52 Uhr

          Als würden genau die je gefragt!

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          • Profilfoto von Remo
            Remo, 16.03.2023, 19:45 Uhr

            Muss mann gefragt werden? Ich teile meine meinung und verbesserungsvorschläge jeweils ohne gefragt zu werden mit. Fahre gut damit und habe durch das such einen noch schöneren beruf bekommen.

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  • Profilfoto von Armin Tamzarian
    Armin Tamzarian, 16.03.2023, 10:45 Uhr

    Das Luzerner Bildungsdepartement hat eine Eltern-Beschwerde ja gutgeheissen.
    Man wird davon ausgehen können, dass dies inhaltlich Hand und Fuss hat, sich möglicherweise um einflussreiche Personen handeln könnte.
    Den (nachvollziehbar) unzufriedenen Eltern wird mittelfristig nur eines helfen: Eine Beschwerdeflut an das Bildungsdepartement loszutreten und sich planmässig zu organisieren, um ihr Gewicht und ihre «Schlagkraft» zu bündeln. In der Politik müssen sie Unterstützer akquirieren. Dort liegt langfristig ein grosses Wählerpotential. Wenn es um die Kinder und deren Zukunft geht, hört der Spass nun einmal schlagartig auf. Die Volksschule steht an verschiedenen Schauplätzen dermassen massiv unter Druck und mit dem Rücken zur Wand, dass man sich jetzt durchaus gesprächsbereit und reformwillig zeigen sollte, wenn man nicht einen Massenexodus an Privatschulen riskieren möchte! Dies wäre ein Marktumfeld mit Milliardenumsätzen. Tausende verheizte, enttäuschte und latent unzufriedene Lehrkräfte stehen bereit, dort anzuheuern. Und zwar ziemlich unmittelbar.

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    • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
      Marie-Françoise Arouet, 16.03.2023, 11:06 Uhr

      Der Neusprech („Bereicherung“ statt „Belastung“ oder zumindest „Problem“) zeigt die ganze Verlogenheit und Blindheit und somit die hoffnungslose Falschheit der auf Teufel komm raus „integrativen“ Schule. Kommen die Päda-Bürokraten und die gutmeinenden Frontarbeiterinnen nicht doch noch auf die Welt, wird genau das passieren, was Sie schildern: Privatschulen mit sinnvollen Lehrplänen und guten Lehrern und ansonsten das, was übrig bleibt. Vielleicht ist ja dann in der untersten Schublade Integration umso einfacher.

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  • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
    Marie-Françoise Arouet, 16.03.2023, 09:04 Uhr

    «Mit Vielfalt umzugehen ist eine Bereicherung für alle.»
    Nein, es ist eine Belastung für alle. Wer mit Eintritt in die Primarschule noch nicht hinreichend Deutsch kann, wird nicht spezifisch gefördert. Wer Deutsch und eventuell mehr beherrscht, wird unterfordert und in seinem Recht auf Bildung beschnitten, da sich der Unterricht gemeinhin an den schlechtesten Schülern ausrichtet.
    Ist doch sonnenklar, dass genau das das Problem ist, um das herumgedruckst wird. Wer aus Kastanienbaum will schon sein Kind ins Dorfzentrum schicken?

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  • Profilfoto von Gruesse vom Einhorn Schlachthaus
    Gruesse vom Einhorn Schlachthaus, 16.03.2023, 08:48 Uhr

    Eine «Ghettobildung»? Die Gemeinde Horw redet aber Tacheles! Nennt die Fakten nüchtern beim Namen. Fragwürdig nur, ob die Gemeinde Horw, wenn es offensichtlich die behördlich-paternalistische Hand benötigt, damit «Ghettobildung» verhindert werden kann, die tausend neuen Wohneinheiten den Mittelständlern – im Idealfall und v.a. aus pädagogischer Sicht mit Muttersprachler-Kindern – noch schmackhaft machen kann…

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