Nawal mit «Still Life» im Luzerner Theaterpavillon

Berührend, aber auch ziemlich ordinär

(Bild: zvg)

Die Truppe Nawal zeigte sich bei der Premiere ihrer siebten Produktion «Still Life» am Freitagabend im Theater Pavillon auf Tribschen spielerisch auf dem Höhepunkt. Doch ein richtig gutes Stück braucht auch einen richtig guten Text. Und da liegt der Hund begraben.

Wir werden alle sterben. Mit diesem Gedanken beginnt das Stück und es endet mit einer Erlösung. Regisseur Reto Ambauen und die eingespielte Gruppe von Laiendarstellern schaffen es, das Publikum sowohl zum Lachen als auch zum Unterdrücken von Tränen zu bringen.

Leider verhinderte der holprig übersetzte Text von Ursula Grützmacher-Tabori mit seiner Verortung in Amerika, dass man sich komplett auf das Stück und auf die Figuren einlassen kann.

Nawal und «Still Life»

Das Theater Nawal ist eine relativ fixe Laientruppe mit langjähriger Bühnenerfahrung und Ambitionen. Und obwohl sich regelmässig darüber streiten lässt, ob eine Laienbühne sich an Bühnendeutsch versuchen sollte, zieht die Truppe das seit Jahren durch. Unter der Leitung von Theatermacher Reto Ambauen wird jährlich ein Stück unter professionellen Bedingungen auf die Bühne des Theater Pavillon Luzern gebracht.

Heisse Hühner in Cocktailkleidern. Mit ein paar Gläschen Schampus intus sind die sicher leicht zu haben. Dies verspricht Terry seinem Freund und Arbeitskollegen Jeff, als er ihn zu einer Fotoausstellung in New Yorks Künstlerviertel mitschleppt. Jeff, ein erfolgreicher Trendanalyst und Marketingexperte, trifft dort auf Carrie Ann, eine talentierte junge Fotografin. Die hat jedoch seit dem Tod ihres Vaters keine Kamera mehr angerührt. Jeff spricht Carrie Ann an und die beiden fühlen sich sofort zueinander hingezogen. Doch die junge Liebe wird von einem Geheimnis begleitet.

Raus aus dem Hier und Jetzt

Die Uraufführung des Stücks fand 2009 in New York statt. Doch die Kostüme von Anna Maria Glaudemanns bringen die Spieler in eine andere Zeit. Eine undefinierte, leicht an die späten 60er angelehnte.

Bühnenbild und Requisite bestehen aus nur wenigen Elementen: reduziert auf ein paar Möbel, Alltagsgegenstände und sechs versetzte, vielseitig genutzte, halbdurchsichtige Vorhänge.

Grosse Leistung auf der Bühne

Der Grossteil der erfahrenen jungen Laien aus Luzern überzeugte auf ganzer Linie. Zora Schelbert und Florian Fischer spielen die Hauptrollen überragend. Doch auch Marcel Grüter, Anna Stammler und Nina Duss beeindrucken mit Komik, Natürlichkeit und Timing.

Und der grossartige Christov Rolla (Musik) zeigt nicht nur an den Instrumenten, sondern auch mimisch, was er draufhat. Er führt den Zuschauer mit der Musik emotional an die Figuren heran und leitet ihn fast filmisch durch das Stück. Doch nicht nur die Musik, auch die Inszenierung lässt die Zuschauer, mit Rückblenden, Zeit- und Ortsprüngen und viel Intimität fast filmnah eintauchen.

In «Still Life» blickt man mit der Protagonistin zurück auf die bröckelnde Beziehung zwischen Vater und Tochter.

In «Still Life» blickt man mit der Protagonistin zurück auf die bröckelnde Beziehung zwischen Vater und Tochter.

(Bild: zvg)

Schlimme Textfassung

Doch dann ist da der Text. Und der schwächelt an sehr, sehr vielen Stellen. Die deutsche Übersetzung wirkt oft hölzern, das Beibehalten der amerikanischen Verortung funktioniert nicht.

Denn ständig lassen einen die amerikanischen Namen, die amerikanischen Produkte oder Orte stolpern. Überall Anglizismen und der versuchte Slang, das ständige «Okay» zerstört in sehr vielen Momenten des Stücks das von den Spielern aufgebaute Gefühl der Nähe und der Identifikation.

Passende Stückwahl

Grundsätzlich hat das Stück des New Yorkers und Oscarpreisträgers Alexander Dinelaris alles, was einen gelungenen Theaterabend ausmacht. Es überrascht, es berührt, bringt zum Lachen und zum Schlucken. Es dreht sich um die grundlegenden Themen: Vergänglichkeit, Würde, Nähe, das Leben und die Liebe.

Es schneidet jedoch auch Diskussionen um den gespaltenen Feminismus oder ein verwischtes Männlichkeitsbild nicht nur an, sondern spinnt die Gedanken noch kurz ein paar Ecken weiter.

Pupsen, kotzen, vögeln

Der Humor ist, zugegebenermassen oft ziemlich platt und ordinär. Aber neben den intelligenten Diskussionen und dem übertriebenen Kunstgerede ist es ein willkommener Bruch. Und ehrlich gesagt: Diese kindische Form von Humor bringt zum Lachen, ob man es nun will oder nicht.

Und gelacht wurde an der vollen Premiere am Freitagabend laut.

Das Stück bietet auch derben Humor und wilde Zeiten.

Das Stück bietet auch derben Humor und wilde Zeiten.

(Bild: zvg)

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