Luzerner Weingut geht in neue Hände

Beim Weinbau Ottiger übernehmen die Jungen das Ruder

Beim Weinbau Ottiger in Kastanienbaum kommt es zu einem Generationenwechsel. Weil Winzer-Urgestein Toni Ottiger in Pension geht, übergibt er das Luzerner Weingut in junge Hände. zentralplus hat die beiden Neuen auf ein Glas Wein getroffen.

Für ein gutes Glas Wein geht man gern die Extrameile. Deswegen haben wir uns an einem frostig-nebligen Nachmittag aufgemacht, um das Weingut Ottiger in Kastanienbaum zu besuchen. Uns hat jedoch nicht der Wein angelockt, sondern die beiden neuen Inhaber des Traditionsunternehmens.

Im Degustationsraum auf dem Weingut sitzen wir schliesslich den beiden Generationen gegenüber. Zum einen Wein-Ikone Toni Ottiger (67) und zum anderen seine Nachfolger Kevin Studer (31) und Denis Koch (27). Für Ottiger sind es noch die letzten Wochen auf dem Weingut, das er vor 41 Jahren im Alter von 26 Jahren auf der Horwer Halbinsel aufgebaut hat. Das Thema seiner Nachfolge beschäftigte ihn schon länger: «Ich habe vier Kinder und die haben alle etwas anderes studiert. Da macht man sich seine Gedanken», erzählt Ottiger. Er entschied sich dafür, den Betrieb einer jüngeren Generation zu überlassen, die auch eine solche ansprechen kann.

Altbekannte Gesichter befördert

Dass Ottigers Wahl auf Kevin Studer und Denis Koch fiel, kommt nicht von ungefähr. Studer, ein gelernter Koch, hat seine Ausbildung zum Winzer auf dem Weingut Ottiger gemacht. Denis Koch absolvierte seine Zweitlehre als Winzer auf dem Gut in Kastanienbaum. Seither blieb er dem Betrieb treu. Studer und Ottiger blieben stets in Kontakt, selbst als Studer die Welt bereiste und sich vertieft mit Weinanbau beschäftige.

«Im April 2020 wurde die Frage, ob ich den Betrieb übernehmen möchte, allmählich konkret», erinnert sich Kevin Studer. Sehr zur Freude des Patrons. «Kevin hat dann Konzepte und Businesspläne erstellt. Ich war froh, dass meine Idee auf fruchtbaren Boden fiel.» 

«Ich kann jetzt mit einem guten Gefühl zurücktreten.»

Toni Ottiger, Gründer

Für Studer war aber klar: «Alleine kann und will ich das nicht machen.» Auftritt Denis Koch: Die beiden haben sich zuvor nicht gekannt. «Aber wir haben von Anfang an gut harmoniert», sagt Koch. Kevin Studer nickt und fügt lachend hinzu: «Wir sind sofort händchenhaltend durch die Rebberge gehüpft.»

Der Patron bleibt beim Wein

Für Toni Ottiger sind seine Nachfolger ein Glücksgriff. «Beide sind gute Berufsleute und bringen das Wissen, die Leidenschaft und das Qualitätsbewusstsein mit.» Das sei ihm beim Entscheid, sein Weingut in neue Hände zu legen, wichtig gewesen. «Ich kann jetzt mit einem guten Gefühl zurücktreten.» Bis die beiden Jungunternehmer völlig flügge sind, wird er ihnen noch als Mentor und bei Fragen zur Verfügung stehen.

Und danach? «Ich freue mich, eine Zeitlang keine Pläne zu haben.» Ganz wird Toni Ottiger dem Wein trotzdem nicht den Rücken kehren. «Ich organisiere seit Jahrzehnten Weinreisen und begleite diese als Reiseleiter.» Und das werde er auch weiterhin – und vermehrt – tun.

Stossen auf die Zukunft an: Toni Ottiger, Kevin Studer und Denis Koch.
Stossen auf die Zukunft an: Toni Ottiger, Kevin Studer und Denis Koch. (Bild: zvg / Weinbau Ottiger)

Ottiger bleibt Ottiger

Trotz frischem Blut wird nicht alles umgekrempelt. Vielmehr möchten die beiden neuen Inhaber auf Bestehendem aufbauen und das Weingut weiterentwickeln. Darum bleibt auch der Name «Weinbau Ottiger» erhalten. Eine Änderung wird es nur insofern geben, als der Betrieb in eine AG umgewandelt wird.

«Längerfristig ist auch eine Vergrösserung des Betriebs ein Thema»

Denis Koch, Mit-Inhaber

Beim Weinanbau wird sich vorerst nicht viel verändern. «Die bestehenden Produkte sind schon auf einem sehr hohen Niveau», sagt Kevin Studer. «Wir planen aber neue Produktlinien, Anpassungen bei der Weinstilistik – also den Arbeitsprozessen – und wollen auch die Ökologie im Rebberg weiter voranbringen», nennt er als Ziele für die Zukunft. «Längerfristig ist auch eine Vergrösserung des Betriebs ein Thema», fügt Denis Koch hinzu.

Übernahme des Weinguts nach einem wilden Jahr

Die beiden Luzerner übernehmen den Betrieb nach einem turbulenten Jahr. Anfang 2021 plagte Winterfrost die Rebberge, nach den Unwettern im Sommer kam der Befall durch Mehltau. Im Gegensatz zu anderen Betrieben kam das Weingut auf der Horwer Halbinsel noch mit einem blauen Auge davon (zentralplus berichtete).

«Dass uns jetzt dann das Weingut gehört, dämmert mir erst langsam.»

Kevin Studer, Mit-Inhaber

Toni Ottiger schätzt trotzdem, dass sie heuer bloss rund 40 Prozent des Normalertrags einfahren konnten. «In diesem Beruf ist man der Natur ausgeliefert, das gehört dazu», weiss auch Kevin Studer. Solche Dinge müsse man einrechnen und dementsprechend Reserven anlegen. Die Arbeit in den Reben sei nie ein Zuckerschlecken.

Für die beiden Jungunternehmer fühlt sich die Situation manchmal noch etwas «surreal» an. Denis Koch erlebte seit der Bekanntgabe gemischte Gefühle: «Die Freude ist natürlich riesengross. Hin und wieder kommen einem zwar Bedenken, letztlich überwiegt aber die Euphorie.» Und Kevin Studer: «Dass uns jetzt dann das Weingut gehört, dämmert mir erst langsam.»

Bis sie gänzlich in ihrem neuen Amt angekommen seien, dauere es wohl noch eine Weile. Noch bleibt ihnen etwas Zeit. Für Studer und Koch beginnt die Reise am 1. Januar. Dann nämlich werden sie das Unternehmen offiziell übernehmen. Ein guter Grund, um mit einem Glas Rosenauer Schaumwein auf die nächsten vierzig Jahre anzustossen.

Zum Weinbau Ottiger

Das Weingut Ottiger wurde 1981 auf der Horwer Halbinsel bei Luzern gegründet. Hier hat Toni Ottiger elf Rebsorten auf sieben Hektaren angebaut. Das Sortiment umfasst Rotweine, Weissweine, Schaumweine und Dessertweine – viele davon mehrfach ausgezeichnet (zentralplus berichtete). Ausserdem hat sich das Unternehmen als Auftragskelterei für andere Weingüter etabliert.

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