Finanzdebakel kratzt am Image des Kantons Luzern

Beim Kanton arbeiten? Immer mehr Kaderleute winken ab

Das schlechte Image erschwert die Personalsuche beim Kanton Luzern. (Bildmontage: zentralplus)

Finanziell steht es nicht gut um den Kanton Luzern. Das hat Folgen für die Verwaltung: Besonders auf Führungspositionen bewerben sich beim Kanton weniger Interessenten. Das Image des Arbeitgebers sei nicht zu unterschätzen, sagt eine Expertin. Obwohl Luzern noch weit entfernt sei von griechischen Verhältnissen.

Das Image des Kantons Luzern hat in letzter Zeit arg gelitten: ein rekordschweres Sparpaket, Zwangsferien, Proteste gegen Leistungsabbau und nach der Abfuhr der Steuererhöhung an der Urne neun Monate lang kein Budget. Das wirkt sich auch auf den Ruf als Arbeitgeber aus, wie die Regierung nun einräumt.

Bei den potenziellen Angestellten sei vermehrt eine Verunsicherung zu spüren, hält der Regierungsrat in seiner Antwort auf eine SP-Anfrage fest. Immer schwieriger wird es für Luzern, neue Mitarbeiter an Bord zu holen. Besonders bei Fachkräften bekundet der Kanton zunehmend Mühe.

Denn die Zahl der qualifizierten Bewerbungen ist rückläufig. Und es dauert immer länger, um eine offene Stelle zu besetzen. Das zeigen die Erfahrungen der in die Rekrutierung involvierten Fachpersonen. «Vor allem im Bereich der höher qualifizierten und spezialisierten Mitarbeitenden ist der Kanton aus finanziellen Gründen nicht konkurrenzfähig», schreibt die Regierung.

Mehr arbeiten bei weniger Feiertagen

Genaue Angaben kann der Kanton nicht liefern. Weil das nicht zentral erfasst wird, könne man keine statistischen Aussagen über die Zahl der Vakanzen, der Bewerbungen oder die Dauer bis zur Wiederbesetzung machen, heisst es auf Nachfrage.

Klar ist jedoch: Der Kanton Luzern kann seit Längerem bei den Führungs- und Fachkadern nicht mit anderen Arbeitgebern mithalten. Das zeigte ein breit angelegter Vergleich von 2006. «Wir gehen davon aus, dass die Ergebnisse dieser Erhebung im Wesentlichen auch heute noch Gültigkeit haben», heisst es beim Kanton auf Nachfrage.

«Gerade auf Führungsebene schreckt das niemanden davon ab, sich zu bewerben – solange der Job attraktiv ist.»

Verena Glanzmann, HR-Spezialistin und Dozentin an der Hochschule Luzern

Und seither wurde der Kanton eher noch knausriger: Seit dem 1. Juli müssen die Angestellten bekanntlich pro Woche 43,25 Stunden arbeiten (statt wie bisher 42). Zudem wurden ihnen Feiertage gestrichen und das Dienstaltersgeschenk gestrafft. «Das Personal wurde somit bei den Anstellungsbedingungen nicht geschont», stellt der Regierungsrat in einer ebenfalls jetzt publizierten Antwort auf eine Anfrage der SVP klar. 

Was ein schlechtes Image bewirkt

Der budgetlose Zustand ist laut dem Regierungsrat denn auch weniger problematisch als dieser laufende Abbau bei den Anstellungsbedingungen – und der aus dem Spardruck resultierende Imageschaden.

Verena Glanzmann, HR-Expertin und Dozentin.

Verena Glanzmann, HR-Expertin und Dozentin.

(Bild: zvg)

«Grundsätzlich ist das Image des Arbeitgebers ein nicht zu unterschätzendes Kriterium, gerade bei Führungspersonen, die in der Regel bei einem Wechsel eine gute Stelle verlassen», sagt Verena Glanzmann, HR-Spezialistin und Dozentin an der Hochschule Luzern. Unsicherheiten in einem Unternehmen würden sich immer auf den Arbeitsmarkt und die Interessenten auswirken – die Situation im Kanton Luzern sei diesbezüglich sicher nicht förderlich. «Zumal die meisten Arbeitnehmer stolz sein möchten auf ihr Unternehmen.»

Dennoch relativiert Verena Glanzmann die Bedeutung des budgetlosen Zustandes für die Fachkräftesuche. «Gerade auf Führungsebene schreckt das niemanden davon ab, sich zu bewerben – solange der Job attraktiv ist.» Dass der Kanton weniger Bewerbungen erhält, ist in ihren Augen nicht alarmierend. «Auch private Unternehmen finden qualifizierte Fachleute nicht einfach auf der Strasse.» Wenn Führungserfahrung oder spezielle Fachkenntnisse gefragt seien, erhalte man schnell nur noch fünf bis zehn Bewerbungen, die den Sprung in die engere Auswahl schaffen, sagt Glanzmann.

Freiwillige Abgänge im Rahmen

So schwierig die Personalsuche ist: Wer bereits beim Kanton arbeitet, hegt offenbar kaum stärkere Wechselgelüste. Die Fluktuationsrate wird 2017 zwar höher ausfallen, schätzt die Regierung. Mit 5 Prozent liegt sie aber nur leicht über den Raten der letzten vier Jahre, die jeweils zwischen 4 und 4,4 Prozent betrugen.

«Die Mitarbeitenden zeigen sich trotz der gegenwärtig schwierigen Situation solidarisch und loyal», hält der Regierungsrat fest. Und das, obwohl selbst der eher zurückhaltende Staatspersonalverband sich im Mai über die Situation der Mitarbeitenden beklagte (zentralplus berichtete).

Das Image des Kantons werde zudem nicht nur durch die aktuelle finanzielle Situation geprägt, sondern auch durch seinen speziellen Status und seine Beständigkeit. Anders als bei einer privaten Firma, die dem Konkurs nahe steht, könne man beim Kanton davon ausgehen, dass «irgendwann Courant normal einkehrt». Wie alle Institutionen der öffentlichen Hand gelte der Kanton Luzern nach wie vor als seriöser Arbeitgeber mit verlässlichen und guten Rahmenbedingungen, so Glanzmann weiter. «Wir sind ja nicht in Griechenland, wo man wirklich Angst haben muss, dass der Staat bankrott geht.»

Werbung machen für den Kanton

Trotzdem: Je schwieriger die Situation, umso höher sind die Kosten für die Rekrutierung und umso höher die Belastung der verbliebenen Mitarbeiter. Und auch die Bürger dürften das zu spüren bekommen. Wo konkret, kann der Kanton zwar nicht beantworten. «Generell ist aber davon auszugehen, dass eine solche Vakanz nicht über einen längeren Zeitraum ohne direkte oder indirekte Auswirkungen auf die Dienstleistungen des Kantons überbrückt werden kann», heisst es auf Anfrage.

Der Regierungsrat will sich nun noch stärker an der internen Personalentwicklung orientieren. Laut Verena Glanzmann könnte er auf andere Weise gegen den Reputationsschaden ankämpfen. «Im Idealfall sind die Mitarbeiter zufrieden und sprechen entsprechend gut über den Arbeitgeber», sagt die HR-Expertin. «Diese Mund-zu-Mund-Propaganda wird in der Regel total unterschätzt.» Doch wie sollen Angestellte gut über den Kanton reden, wenn er ihnen mehr Arbeit aufbrummt ohne mehr Lohn? «Da sind die Vorgesetzten gefragt: Sie müssen die Mitarbeiter in die Pflicht nehmen, sich aber auch ihre Sorgen anhören und darauf wo immer möglich reagieren.»

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Heinrich Vogelsang
    Heinrich Vogelsang, 13.07.2017, 00:53 Uhr

    Werter Herr L., wenn es so schlimm um den Staat Luzern steht, dann sollte man ja eigentlich erwarten, dass die halbe Verwaltung verwaist ist, weil dort niemand mehr arbeiten will. Ist sie aber nicht, oder?

    Wenn ich das ganze Zeug hier lese, kommt mir nur das Wort Wohlstandsverwahrlosung in den Sinn. Gehen Sie doch mal für ein Jahr nach Spanien, Irland oder Lettland leben – alles entwickelte europäische Staaten. Wenn Sie zurückkommen, dann reden wir nochmal über Lohn und Geld. Optional reicht auch ein Jahr Sozialhilfe in der Schweiz, damit Sie wieder das Füllhorn zu schätzen wissen, das hier über die erwerbstätigen Leute ausgegossen wird.

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  • Profilfoto von David L
    David L, 12.07.2017, 20:27 Uhr

    @ Vogelsang

    Naja, die über 200’000 sind ein sehr theoretischer Wert, die höchstens in den obersten Lohnklassen nach x Stufenaufstiegen erreicht werden könnten. Faktisch gibts aber diese Stufenaufstiege – Sparmassnahmen sei Dank – quasi nicht mehr. Und in der obersten Lohnklasse ist ja auch kaum jemand eingeteilt.
    Dass der Kanton Luzern kein attraktiver Arbeitgeber ist schleckt nunmal keine Geiss weg. Die Löhne sind oft deutlich tiefer als in Nachbarkantonen und die Anstellungsbedingungen werden von Jahr zu Jahr schlechter. Da Luzern zudem eisern an der Abbaupolitik festhält, bestehen auch keine guten Zukunftsprognosen. Ein weiterer Grund sich hier nicht anstellen zu lassen.

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  • Profilfoto von Heinrich Vogelsang
    Heinrich Vogelsang, 11.07.2017, 13:28 Uhr

    Laut Lohntabelle verdienen Kaderleute des Kantons Luzern teilweise über 200’000 Franken pro Jahr. Kann mir nicht vorstellen, dass man für diesen (sicheren) Lohn keine qualifizierte Leute bekommt. Es müssen ja nicht unbedingt immer 100 Bewerbungen eingehen – eine Gute oder ein Guter reicht.

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