Studentin droht Anzeige

Bei Prüfungen: Uni Luzern irritiert mit Corona-Strategie

Gewisse Fakultäten der Uni Luzern setzen trotz hoher Corona-Fallzahlen auf Prüfungen vor Ort. (Bild: zvg)

An der Uni Luzern finden gewisse Prüfungen trotz rekordhoher Corona-Fallzahlen vor Ort statt. Onlinealternativen existieren nicht. Positiv getestete Studenten verpassen die Prüfungen – oder verstossen gegen die Isolationspflicht und gehen trotzdem hin.

Der Jahreswechsel ist für viele Studentinnen vor allem durch etwas geprägt: Stress. Für die allermeisten Studenten stehen im Januar Prüfungen oder die Abgabe schriftlicher Arbeiten an. Während sich Berufstätige am Wochenende auf den Pisten im Schnee vergnügen, verbringen viele Studenten ihre Sonntage in der Bibliothek.

In die Prüfungsvorbereitung stecken die Studentinnen teilweise enorm viel Zeit. Umso ärgerlicher ist es darum, wenn die Prüfung wegen höherer Umstände verpasst wird – zum Beispiel wegen einer Corona-Infektion. Denn mit einem positiven Corona-Test besteht gemäss aktuellen Regeln eine Isolationspflicht von fünf Tagen.

Findet die Prüfung vor Ort statt und besteht keine Onlinealternative, verpasst der infizierte Student die Prüfung und kann diese erst zu einem späteren Zeitpunkt nachholen. Der Lernaufwand? Für die Katz.

Studentin verstösst gegen Isolationspflicht

So erging es einer Studentin* an der Uni Luzern. Just einen Tag vor der Prüfung zeigte ein Corona-Selbsttest ein positives Resultat an. Das stürzte die Studentin in ein tiefes Dilemma, weil die Prüfung vor Ort stattfand und es keine Onlinealternative dazu gab.

Würde sie zu Hause bleiben, könnte sie die Prüfung erst im Sommer nachholen. Sollte sie also trotzdem hingehen und damit bewusst das Risiko in Kauf nehmen, ihre Kommilitonen anzustecken? Oder brav zu Hause bleiben, im Bewusstsein, den gesamten Lernstoff im Sommer repetieren zu müssen?

Letztlich entschied sie sich für die unvernünftige Variante und absolvierte die Prüfung vor Ort – trotz wahrscheinlicher Corona-Infektion. Danach machte sie einen PCR-Test und begab sich in Selbstisolation. Die kommenden Prüfungen fanden nämlich online statt.

Der Vorfall wirft Fragen auf: Weniger im Hinblick auf das Verhalten der Studentin. Sondern viel mehr bezüglich der Corona-Strategie der Uni Luzern. Diese setzt trotz rekordhoher Corona-Fallzahlen zum Teil auf Prüfungen im Präsenzmodus und trägt damit zum beschriebenen unverantwortlichen Handeln der Studentin aktiv bei.

Fakultäten entscheiden über Prüfungsmodus

Unisprecher Lukas Portmann sieht das anders und verweist auf die geltenden Massnahmen. Gemäss aktuellen Corona-Regeln des Bundes seien Prüfungen vor Ort erlaubt. Ob die Prüfungen vor Ort oder online stattfinden, entscheiden die einzelnen Fakultäten selbst.

«Gewisse Prüfungen lassen sich vor Ort besser durchführen», argumentiert Portmann und ergänzt: «In den vergangenen Semestern wurde zudem auch von Studierenden schon der Wunsch geäussert, die Prüfungen in Präsenz durchzuführen.» 

Das wird zweifelsfrei stimmen, zumal sich viele Studenten nach eineinhalb Jahren im Fernunterricht den Unterricht im Präsenzmodus zurückwünschten. Auch trotz der damit verbundenen Zertifikatspflicht. Denn Studenten ohne Impfung oder Ausweis einer Genesung war die Uni im Herbst entgegengekommen und kam für die anfallenden Testkosten auf. (zentralplus berichtete)

«Wenn jemand wissentlich infiziert an einer Prüfung teilnimmt und so bewusst andere Menschen gefährdet, zieht das Sanktionen nach sich.»

Lukas Portmann, Sprecher Universität Luzern

Gleichzeitig bewegen sich die Corona-Fallzahlen seit Wochen in nie da gewesener Höhe. Im Kanton Luzern befanden sich am Anfang der Woche rund 5500 Personen in Isolation. Mit grosser Wahrscheinlichkeit dürften darunter auch zahlreiche Studenten sein, die ihre Prüfungen zu verpassen drohen. Dass die Uni Luzern für diese Betroffenen keine Onlinealternative anbietet, ist irritierend.

Keine Lust auf Onlineprüfungen

Doch Unisprecher Portmann erklärt: «Die Organisation der Prüfungen braucht eine gewisse Vorlaufzeit. Umstellungen sind daher nicht einfach möglich.» Allerdings ist die Pandemie nicht im vergangenen Dezember, sondern vor knapp zwei Jahren ausgebrochen. Trotzdem scheint die Uni Luzern überfordert, angemessen auf die gegenwärtige pandemische Situation zu reagieren.

Für das Verhalten der Studentin, die trotz positivem Selbsttest zur Prüfung ging, hat Portmann überhaupt kein Verständnis. Im Gegenteil: Er droht sogar mit einer Anzeige, wenn der Fall entdeckt wird: «Wenn jemand wissentlich infiziert an einer Prüfung teilnimmt und so bewusst andere Menschen gefährdet, ist das verantwortungslos und zieht Sanktionen nach sich.»

Die Universität erwarte, dass die Studierenden Eigenverantwortung übernehmen, ergänzt Portmann. Warum sich die Uni gleichzeitig davor scheut, selber Verantwortung zu übernehmen und einheitliche Regeln für alle Fakultäten festzulegen, ist vor diesem Hintergrund erst recht fragwürdig.

*Name der Redaktion bekannt

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit der betroffenen Studentin
  • Gespräch mit Unisprecher Lukas Portmann

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Mechu
    Mechu, 19.01.2022, 20:35 Uhr

    Es ist nicht nur an der Uni so, sondern auch an der Berufsschule

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  • Profilfoto von Stefan
    Stefan, 19.01.2022, 14:41 Uhr

    Dass die Uni keine Online-Prüfung anbietet, ist peinlich. Man ist wohl zu faul, um Alternativen zu erarbeiten.

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    • Profilfoto von Markus Ries
      Markus Ries, 20.01.2022, 09:41 Uhr

      Hallo Herr Stefan, Ihre abschätzige Bemerkung ist einfach haltlos. Ich arbeite selbst an der Uni und habe sehr viele Prüfungen online durchgeführt. Dabei hat sich keine einzige Studentin und kein einziger Student über die Organisation beklagt. Auch in anderen Studiengängen war es der Fall. Korrekt ist einfach, dass es nicht überall möglich und sinnvoll war, die Prüfungen im Fernmodus anzubieten. Meine Empfehlung: Beziehen Sie künftig Ihre Information aus verlässlicher Quelle, ehe Sie öffentlich über Uni-Mitarbeitende herziehen.

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