Luzern: Droht bereits das nächste Finanz-Debakel?

Beachvolley-Turnier: noch immer kein Geld aus dem Mittleren Osten

Eine Szene vom Eröffnungstag des Beachvolleyball-Turniers 2018 im Strandbad Lido.

(Bild: Conny Kurth / zvg)

«Stümperhaft», «naiv» und «blauäugig»: Es sind harte Worte der Gläubiger an die Adresse von Marcel Bourquin, dem Initiator und CEO des Beachvolley-Turniers in Luzern. Und das nicht ohne Grund: Das Turnier hat in den vergangenen Jahren einen Schuldenberg von 2,5 Millionen Franken angehäuft. Trotzdem fand der Event dieses Wochenende statt. Jetzt wird abgerechnet.

Beachvolleyball vom Feinsten sei im Lido während fünf Tagen geboten worden, berichtet der Veranstalter «Beach Sports Lucerne AG» am Sonntagabend. Doch die glänzende Fassade täuscht. Während auf dem Sandplatz wieder Ruhe einkehrt und die Tribünen zurückgebaut werden, ist finanziell noch vieles unklar. Dieses Jahr kündete die Beach Sports Lucerne AG einen Grossinvestor aus dem Mittleren Osten an – doch auch am Montag ist immer noch kein Geld eingetroffen, wie Mediensprecher Raphael Imhof auf Nachfrage bestätigt.

Hinzu kommen schwerwiegende Defizite aus der Vergangenheit. Rund 75 Gläubiger warten seit längerem auf total 2,5 Millionen Franken. Dieser Schuldenberg resultiert aus den vergangenen Events in den Jahren 2015 und 2016. Doch sie lasten nicht auf der AG, sondern auf dem Verein, der zuvor als Veranstalter auftrat und sich seit Februar 2017 in einer Nachlassstundung befindet. Die AG selbst wurde im Zuge der Nachlassstundung gegründet und sollte eine bessere Finanzierungsbasis bilden.

Gläubiger sind verstimmt

Der Luzerner Initiator und Gründer des Vereins, Marcel Bourquin, ist zwar nicht in der strategischen Leitung, sondern Geschäftsführer der neuen Gesellschaft. Doch seine Partnerin ist Präsidentin des Verwaltungsrates. Die Gläubigerversammlung, wo der Schuldner einen Vorschlag unterbreiten kann, wie er zumindest einen Teil der Forderungen begleichen kann, wurde bereits mehrmals verschoben.

«Das sind immer leere Versprechungen und kraftlose Vereinbarungen, die nur auf dem Papier existieren.»

Gläubiger

Mit den zugesagten rund 1,5 Millionen Franken aus dem Mittleren Osten soll das Aktienkapital der Aktiengesellschaft von 500’000 auf zwei Millionen Franken erhöht werden. Dieses Geld könnte den Gläubigern des Vereins zugutekommen. «Die Nachfolgegesellschaft des Vereines möchte die finanzielle Vergangenheit aufarbeiten», sagt Raphael Imhof, Mediensprecher des diesjährigen Turniers. Zu Details des laufenden Verfahrens kann Imhof sich nicht äussern.

Ob das reicht, um die Gemüter zu beruhigen? Die Personen, welche noch immer auf ihr Geld warten, sind äusserst verstimmt. Der Ärger hinter den Kulissen ist gross, wie sich im Gespräch mit verschiedenen Gläubigern zeigt.

«Leere Versprechungen»

Initiant und CEO Marcel Bourquin wird von verschiedenen Seiten scharf attackiert. «Bourquin ist blauäugig und agiert stümperhaft», sagt ein Gläubiger, der noch einige tausend Franken ausstehend hat. Die Person möchte nicht mit Namen hinstehen, weil er nachträglich Nachteile befürchtet. Ein anderer Insider glaubt keine Sekunde daran, dass er oder jemand anderes jemals Geld sehen wird. Bourquin sei zu gutgläubig und habe sich bereits in der Frühphase im Jahr 2015 mit schlecht ausgehandelten Verträgen in Not gebracht. 

Bourquin sei unter anderem auf einen Betrüger hereingefallen. Eine Marketingfirma aus Biel habe beispielsweise mehrere hunderttausend Franken an Sponsoringbeiträgen für die Vermittlung von Sportrechten versprochen – doch Geld habe man nie gesehen. Der Vertrag sei völlig unrealistisch gewesen, man hätte stattdessen auf Provisionsbasis Vereinbarungen treffen sollen. So sei der Verein am Ende mit leeren Händen dagestanden.

«Das wird wieder im Debakel enden.»

Gläubiger

Ein Muster, das sich wiederholt. Immer wieder ist Bourquin mit neuen Investoren gekommen – die dann nie einen Rappen zahlten. «Das sind immer leere Versprechungen und Vereinbarungen, die nur auf dem Papier existieren. Auf dieser Grundlage würde ich nicht einmal eine Privatparty organisieren», sagt der Gläubiger. Mit den Vorwürfen konfrontiert, hat sich Marcel Bourquin gegenüber zentralplus dazu entschieden, sich nicht zu äussern.

Bourquin: wortstark und gross gewachsen

Doch wer ist der Mann, dem die Luzerner immer wieder vertrauen? Verschiedene Quellen möchten ihm keine bösen Absichten unterstellen. Bourquin sei eher verzweifelt auf der Suche nach einem Ausweg – und tief davon überzeugt, dass Luzern einen derartigen Grossanlass brauche. Aber er sei unfähig, eine solche Veranstaltung erfolgreich durchzuführen. «Der Mann ist grossgewachsen, wortstark und zunächst vertrauenserweckend – grad, weil er es gut meint», sagt ein Gläubiger.

Offensichtlich überzeugt der Mann, das zeigt sich am diesjährigen Patronatskomitee: Namhafte Personen gehören ihm an, darunter Verteidigungsminister Guy Parmelin, Tourismusdirektor Marcel Perren, alt Stadtrat Franz Müller, alt Ständert George Theiler oder der Obwaldner Regierungsrat Niklaus Bleiker. Es funktioniere wie in einem Schneeballsystem, die Leute wollten dem Mann glauben. «Der Letzte muss die Party bezahlen», meint der Gläubiger lapidar.

Bisher keine Anzeigen eingegangen

Dennoch: Rechtliche Schritte gegen Bourquin oder den Verein wurden bisher nicht eingeleitet: «Wir haben keine Anzeigen auf dem Radar», sagt Sachwalter Alain Bachmann, der als Insolvenzverwalter für den Vereinsnachlass zuständig ist. Eingesetzt wurde er vom zuständigen Richter.

Der Gang vor Gericht stehe jedoch jedem Gläubiger offen, sagt Bachmann. Ein zivil- oder strafrechtliches Verfahren sei nicht trivial, weil dazu laut Bachmann Anhaltspunkte eines Fehlverhaltens nicht nur vermutet, sondern auch bewiesen werden müssten. Hinzu komme, dass das Nachlassverfahren auf den Goodwill der Schuldner angewiesen sei und ein Strafverfahren trage in der Regel wenig zur Motivation von Schuldnern bei.

Laut Bachmann sei der gute Wille vonseiten der Beach Sports Lucerne AG spürbar und die Hoffnung bleibe bestehen, dass dereinst doch noch Geld fliesst. «Sollte die Schuldnerin jedoch nicht fähig oder willens sein, an der Gläubigerversammlung einen genügenden Vorschlag zu unterbreiten, kommt es zum Konkurs.» Und dieses Verfahren sei «strenger getaktet». Vielleicht reisst dann der Geduldsfaden und jemand prozessiert.

«Für eine finanzielle Bilanz ist es noch zu früh.»

Raphael Imhof, Mediensprecher Beachvolley-Turnier 2018

Der finanzielle Ausfall ist von Schuldner zu Schuldner sehr unterschiedlich. Er reicht laut Bachmann von wenigen hundert Franken bis hin zu mehreren hunderttausend Franken. Ob jemals ein Teil des Geldes zurückbezahlt wird, kann Bachmann nur schwer beurteilen. Der Fall gestaltet sich äusserst komplex. «Wir sind sehr gespannt, welcher Vorschlag im Anschluss an das diesjährige Turnier nun gemacht wird.»

Wetter spielte auch dieses Jahr nicht immer mit

Die Zeit drängt – bereits dauert die Stundung über ein Jahr. Die Stundung könnte maximal auf zwei Jahre verlängert werden, so Bachmann. Dann muss das Verfahren abgeschlossen sein laut den rechtlichen Bestimmungen.

Mediensprecher Raphel Imhof äussert sich nicht zu den ausstehenden Rechnungen und der finanziellen Bilanz des Beachvolleyturniers 2018. «Für eine finanzielle Bilanz ist es noch zu früh», so Imhof. Das Wetter habe nicht optimal mitgespielt am Donnerstag und Sonntag, sportlich und organisatorisch sei die fünftägige Veranstaltung jedoch ein Erfolg gewesen. Gekommen sind rund 16’000 Zuschauer, von den Veranstaltern wurde vor dem Turnier mit rund 30’000 Personen gerechnet.

Und bereits plant man am nächsten Turnier – denn es besteht ein Vierjahresvertrag mit dem internationalen Volleyverband FIVB. «Wir gedenken, diesen Vertrag zu erfüllen», sagt Imhof. «Wir unternehmen alle Anstrengungen für die nächste Ausgabe», sagt Imhof.

Ein Gläubiger ist nicht erstaunt – und sagt, es handle sich um eine tragische Wirtschaftsgeschichte. «Die Leute werden nochmals Geld nachwerfen und werden wieder warten – doch das Geld wird niemals kommen.»

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