Der urbane Hof «Hinter Musegg»

Bauernidylle im Luzerner Stadtzentrum

Pia Fassbind freut sich auf die Eröffnung ihrer Hofbeiz und über die neuen Geissli. (Bild: jav)

Hinter der Museggmauer steht der Hof von Pia und Walter Fassbind, welcher ab diesem Sommer zum Treffpunkt des Quartiers werden soll. Es ist der einzige im urbanen Gebiet der Stadt Luzern. Und auch sonst alles, nur nicht gewöhnlich – weder die Hofmitarbeiter noch die Tierarten würde man auf einem Luzerner Bauernhof vermuten.

«Meine ersten Gäste», freut sich Pia Fassbind und holt etwas zu trinken aus der frisch eingerichteten Hofbeiz. Diese wird am Samstag eröffnet und erhält gerade den letzten Schliff. Kurz vor unserem Besuch hinter der Museggmauer sind auch noch vier Zwerggeissli angekommen. Fassbind freut sich offensichtlich über den Zuwachs, obwohl die jungen Geissen noch einen ziemlichen Lärm veranstalten, weil sie ihre Mütter vermissen. Daran hat sich die ehemalige Theaterleiterin jedoch bereits gewöhnt. Seit Jahren sind Alpakas, Hochlandrinder, Zwergschweine, eine Katze und bald auch Appenzeller Spitzhaubenhühner Teil ihres Alltags auf dem Hof «Hinter Musegg».

Vom defizitären zum kreativen Hof

Den Hof hat das Ehepaar Fassbind im Jahr 2000 als Pächter übernommen. Ihr Vorgänger hatte den Hof aufgegeben, da es wegen einer Gesetzesänderung keine Beiträge mehr gab. «Der Hof ist zu klein und konnte deshalb nur noch defizitär geführt werden. Es war damals unklar, was damit passieren sollte», erklärt Fassbind. «Unsere Tiere sind mehr Landschaftspfleger und Vermittler als Produzenten.»

Die finanzielle Situation der Stiftung ist noch immer angespannt. Walter Fassbind arbeitet deshalb auch zusätzlich noch ausserhalb des Hofes. «Und darum arbeiten wir zu weiten Teilen ehrenamtlich auf dem Hof», so Fassbind, die selbst bis vor einem Jahr gemeinsam mit Barbara Anderhub das Kleintheater Luzern führte.

«Wir wollen einen Treffpunkt für das Quartier, eine Oase für die ganze Stadt werden.»
Pia Fassbind, Geschäftsleiterin des Hofs «Hinter Musegg»

Ihre Kreativität hat sie vom Kleintheater mit auf den Hof genommen. Nachdem Fassbinds gemeinsam mit der Stadt 2013 eine Stiftung gegründet hatten, kam der Stein ins Rollen. «Am Schluss ging alles extrem schnell.» Auf dem Hof «Hinter Musegg» setzt man jetzt auf offene Stalltüren, ökologischen und nachhaltigen Bau und Anbau. Und besonders die Vermittlung liegt Fassbind am Herzen. Eigentlich wird hier alles, was im und um den Hof passiert, auch vermittelt.

Natürlicher Kreislauf hinter der Museggmauer

«Wir veranstalten diverse Kurse und auch Erlebnistage für Schulklassen. Die Museggmauer, ihre Geschichte, ihre tierischen Bewohner, unsere Tiere und der ökologische Kreislauf sind Themen. Wenn wir zum Beispiel im Frühling die Tiere striegeln oder schären, tauchen die Turmdohlen auf und holen sich die Haare für ihre Nester.» Solche Beispiele gäbe es zuhauf auf dem Hof und damit könnten gerade jungen Menschen viel über die natürlichen Kreisläufe direkt und unvermittelt erleben.

«Wir wollen offene Stalltüren, die Kinder können auch mitarbeiten.» Das Motto ist: «In die Stiefel, fertig, los». Das Miterleben und Mitanpacken stehe im Vordergrund. «Wir wollen auch einen Treffpunkt für das Quartier, eine Oase für die ganze Stadt werden.»

Sommerbeiz im Hof

Dafür ist nun auch die Hofbeiz im Stall entstanden. Wo vor ein paar Tagen noch die Tiere standen, können jetzt den ganzen Sommer über Produkte vom Hof und von regionalen, nachhaltig produzierenden Partnern konsumiert werden, serviert von freiwilligen Helfern. «Bei uns gibt es keine Cola, sondern selbst gemachte Sirups oder unser selbst gebrautes Bier zu trinken.»

Fertig ist der Hof aber auch nach der Eröffnung der Sommerbeiz noch lange nicht. «Wir halten an der unabgespeckten Variante fest und mussten bisher nur zeitliche Kompromisse eingehen. Wir sind auf Kurs», so Fassbind. Noch eine Million fehlt dem Hof, damit sich Pia Fassbind den Wunsch eines Veranstaltungsraumes im Hof erfüllen kann. «Und der Traum wäre schliesslich, während des Sommers, wenn die meisten Bühnen Sommerpause machen, ein kleines, feines Theaterfestival zu veranstalten.»

Kleintheater bleibt im Fokus

Apropos Theater: Was sagt Fassbind zur neuen Leitung und der neuen Saison im Kleintheater? «Ich finde, die neue Leitung hat ein tolles Programm zusammengestellt», schwärmt Fassbind. Sie würde am liebsten zweimal die Woche ins Kleintheater gehen, sagt sie und ergänzt: «Ich liebe es noch immer.» Leider habe sie die letzten Monate wegen der Arbeiten am Hof zu wenig Zeit dafür gehabt. «Trotzdem war ich in dieser Saison schon einige Male da.»

Aber es sei auch wichtig gewesen, etwas Abstand zu gewinnen. «Sonja und Caroline sollen im Kleintheater wirken können, ohne dass die alte Leitung ständig noch rumstiefelt.»

Denn die alte Leitung stiefelt, wortwörtlich, jetzt auf Fassbinds Hof herum. Irene Wespi, die gemeinsam mit Fassbind und Anderhub das Kleintheater-Team bildete, arbeitet Teilzeit auf dem Hof mit. Und auch Barbara Anderhub habe schon oft mit angepackt, freut sich Fassbind.

Ein paar Eindrücke vom Hof «Hinter Musegg» finden Sie in der Slideshow:

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