Buebetrickli gegen rote Zahlen

Bald gibts auch im reichen Kanton Zug eine Schuldenbremse

Künftig wird gebremst, wenn sich im Kanton Zug neue Schulden anzuhäufen drohen.

(Bild: flickr/Guss)

Die Zuger Regierung schnürt ein Sparpaket nach dem andern. Das Kantonsparlament bastelt nun auch an einer Schuldenbremse, damit sich nicht mehr Verbindlichkeiten anhäufen. Allerdings erst nach einer Übergangsphase. Sonst würde das Chaos ausbrechen.

Eine Formsache bietet den bedrängten Zuger Politikern eine willkommene Entlastung beim Ringen um ausgeglichene Kantonsfinanzen: Wegen neuen Bestimmungen zur Rechnungslegung muss das kantonale Finanzhaushaltsgesetz überarbeitet werden.

Der Kantonsrat nutzt die Gelegenheit, um eine Schuldenbremse einzuführen. Bisher gabs im reichen Kanton Zug dazu keinen gesetzlichen Automatismus – die Rechnung musste einfach über fünf Jahre hinweg ausgeglichen sein.

Pausengespräch: Peter Letter (FDP, sitzend links) und Beat Unternährer (FDP) plaudern mit Finanzdirektor Heinz Tännler (SVP). Marcel Peter (FDP, stehend) guckt in die Kamera.

Pausengespräch: Peter Letter (FDP, sitzend links) und Beat Unternährer (FDP) plaudern mit Finanzdirektor Heinz Tännler (SVP). Marcel Peter (FDP, stehend) guckt in die Kamera.

(Bild: mam)

Neu wird diese Frist auf acht Jahre gestreckt. Aber der Selbstfinanzierungsgrad im Budget muss in Zukunft 80 Prozent betragen, wenn die Schulden zu hoch werden. Konkret, wenn der Steuerertrag nicht mehr ausreichen würde, um die Schulden innerhalb von eineinhalb Jahren abzutragen. Ist dann kein eigenes Geld vorhanden, verbietet das Gesetz, weitere Bauten und Anlagen zu bewilligen. So will man verhindern, dass sich immer neue Schulden auftürmen, wenn der Kanton im grossen Stil investiert.

Drei Jahre Galgenfrist

Gegen die neue Schuldenbremse gabs im Zuger Kantonsrat am Donnerstag keinen Widerstand – die Politiker von links bis rechts sind alle dafür. Allerdings: «Eine solche Beschränkung nützt nur etwas, wenn man sich daran auch hält», wie SP-Kantonsrat Hubert Schuler im Hinblick auf die Diskussionen über die von der Regierung geplanten Steuererhöhung anmerkte. «Klar», konterte Finanzdirektor Heinz Tännler (SVP), «aber der Kantonsrat hat es ja selbst in der Hand, das Budget zu bewilligen oder nicht.»

«Die Abschreibungspraxis ist der schärfste Zahn der Schuldenbremse.»

Pirmin Andermatt, CVP-Kantonsrat

So unbestritten die Einführung einer Schuldenbremse im Kanton Zug ist, so einschneidend wären die Folgen, wenn sie sofort eingeführt würde. «Wir müssten sofort einen Überschuss von über 100 Millionen Franken schreiben», sagt Finanzdirektor Tännler. Eine Übergangsfrist von drei Jahren garantiert, dass beim Kanton nicht das Chaos ausbricht. Denn 2016 war man 90 Millionen Franken im Minus, fürs laufende Jahr wurde ein Verlust von 130 Millionen Franken budgetiert. 100 Millionen beträgt allein das strukturelle Defizit. Das kann man nicht einfach wegzaubern, die Gegenmassnahmen sind einschneidend und brauchen Zeit.

Aufregung statt Tiefschlaf

Die Fraktion der Alternative–die Grünen hätten gern eine Schuldenbremse gehabt, die erst bei höheren Schulden greift – ihr Antrag stiess aber bei niemandem sonst auf Gegenliebe. Eine lange Diskussion gabs indes um die Frage der Abschreibungen bei Investitionen.

Das klingt einschläfernd wie ein Valium, sorgte aber bei den Zuger Kantonsräten für energische Voten. Denn: Es ist «der schärfste Zahn der Schuldenbremse», wie der Baarer CVP-Kantonsrat Pirmin Andermatt ausführte.

Um was gehts? Bisher werden zum Beispiel neue Schulhäuser oder neue Strassen in der Rechnung degressiv abgeschrieben, das heisst am Anfang sehr stark, später immer weniger. Neu wollten die Regierung und die Kommissionen des Parlaments diese Investitionen linear abschreiben – das heisst jedes Jahr um den gleichen Betrag.

Das wird mittlerweile in den meisten Schweizer Kantonen so gemacht, hat aber relativ extreme Auswirkungen – laut Andermatt würden Abschreibungen von derzeit 47 Millionen Franken (degressiv) neu zu Abschreibungen von 13 Millionen Franken (linear). Logisch, wäre dies eine willkommene Entlastung für die unter extremem Sparzwang stehende Regierung.

Linke gegen weniger Spardruck

Die CVP – und ebenso die Linke – waren da strikt dagegen, und somit in unmittelbarer Folge auch für mehr Spardruck. Das ist bemerkenswert, wo doch SP und ALG gern gegen Sparbemühungen wettern. Ihr Argument: Durch die lineare Abschreibung würden die Schulden kommenden Generationen aufgehalst.

«Es handelt sich um eine Glaubensfrage», meinte FDP-Kantonsrätin Gabriela Ingold, die Präsidentin der Staatswirtschaftskommission (Stawiko). «Ebenso finanzieren die Steuerzahler von heute Projekte für spätere Generationen vor.» Ein Schulhaus sei mit der degressiven Abschreibung innerhalb von 10 Jahren auf den Wert Null abgeschrieben, aber in Tat und Wahrheit oft an die 100 Jahre in Gebrauch. Eine lineare Abschreibung würde der tatsächlichen Nutzungsdauer besser gerecht werden.

Links-Rechts-Schema greift nicht

In der Abstimmung stimmte eine Mehrheit für die Beibehaltung der bisherigen degressiven Abschreibungsmethode und dafür, Finanzdirektor Heinz Tännler ein paar unerwartete Schwierigkeiten aufzuhalsen.

Auffällig war erstens: Die Meinungen verliefen nicht entlang des üblichen Links-Rechts-Schemas. FDP und Grünliberale waren für eine lineare Praxis und somit eine Entlastung der Regierung vom Spardruck. So etwas sieht man nicht alle Tage.

Eine seltsame Allianz

Zweitens: Das Verhalten der SVP; Kantonsrat Philip C. Brunner, Mitglied der vorberatenden Kommission, hatte sich noch in mehreren Voten für «seinen» Regierungsrat  Tännler in die Bresche geworfen und für eine lineare Abschreibung geweibelt. Bei der Abstimmung hingegen zog es die Mehrheit der SVP-Kantonsräte vor, mit der CVP und der Linken zu stimmen – auch nicht alltäglich. Aber der Sparreflex ist bei vielen Volksparteilern wohl mittlerweile im Stammhirn verankert.

FDP und Teile der SVP (blau) waren für eine Abschreibungspraxis, die der Regierung mehr Spielraum gelassen und den Spardruck vermindert hätte. Sie waren in der Minderheit.

FDP und Teile der SVP (blau) waren für eine Abschreibungspraxis, die der Regierung mehr Spielraum gelassen und den Spardruck vermindert hätte. Sie waren in der Minderheit.

(Bild: mam)

Übrigens gilt das neue und strenge Finanzhaushaltsgesetz, das noch in zweiter Lesung beraten wird, auch für Bürger- und Kirchgemeinden. Der Regierungsrat kann hier aber in Zukunft Ausnahmen bewilligen, denn einzelne sehr kleine Bürger- und Kirchgemeinden werden nur gerade mit einem 10-Prozent-Arbeitspensum verwaltet.

 

 

 

 

 

 

 

 

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