Auf den Spuren von «Käpt'n Nemo»

Bald gehen Touristen im Vierwaldstättersee auf Wracksuche

Philippe Epelbaum wird mit seinem U-Boot touristische Tauchgänge im Vierwaldstättersee anbieten. (Bild: Subspirit)

Philippe Epelbaum bietet neu Tauchgänge im Vierwaldstättersee an – im U-Boot. Auch wenn der Luzerner Unternehmer mit dem Projekt nicht primär kommerzielle Interessen verfolgt, wird das Abenteuer für Touristen eine ordentliche Stange Geld kosten.

Kapitän Nemo und die «Nautilus» oder Jacques Piccard und die «Trieste»: U-Boote und ihre Kapitäne faszinieren uns. Hunderte Meter unter der Wasseroberfläche in einer kleinen Kapsel zu stecken, umschlossen von eiskaltem Wasser und rabenschwarzer Dunkelheit, dieses Gefühl löst bei klaustrophobischen Personen bestimmt Panik aus. Für viele aber dürfte die Vorstellung, in die artenreiche Unterwasserwelt einzutauchen, reizvoll sein.

Diese Faszination will der Luzerner Taucher Philippe Epelbaum aufgreifen. Er führt ab Dezember touristische Tauchgänge in einem kleinen U-Boot im Vierwaldstättersee durch. Das U-Boot «P-63» bietet nebst der Pilotin Platz für drei weitere Personen. Gebaut wurde es in den 1980er-Jahren, um den Unterwasserbereich von Staumauern zu kontrollieren. Diesen Dienstag wurde das Gefährt im Verkehrshaus – im Trockenen – den Medien vorgestellt. Im See eingewassert wird es mit einer grossen Zeremonie am 16. Oktober im Alpenquai.

Zwar wird der Vierwaldstättersee touristisch schon ausgiebig bewirtschaftet, zumindest auf der Seeoberfläche. Unterhalb davon gibt es aber weder in der Innerschweiz noch auf einem anderen Schweizer See ein U-Boot mit kommerzieller Zulassung. Das Angebot von Epelbaum und der für diesen Zweck gegründeten Subspirit AG ist also auf jeden Fall einzigartig.

Ist der See übernutzt?

Doch braucht es im Vierwaldstättersee wirklich eine touristische Nutzung der Unterwasserwelt? Epelbaum und sein Team sind überzeugt, dass eine Nachfrage für die Tauchgänge besteht: «Wir spüren, dass das Interesse an einem Tauchgang in einem U-Boot da ist. Für Touristen ist es ja auch wirklich eine einmalige Sache und ein sehr spezielles Erlebnis.»

So begrüsst auch Luzern Tourismus das neue Angebot, wie es auf Anfrage heisst: «Für uns ist aus touristischer Sicht die Lage am See und der See selbst – solange es bei uns Tourismus gibt – eine der wichtigsten Attraktionen der Region.»

«Es gibt zahlreiche Wracks von Schiffen, Autos und sogar von einem Flugzeug auf dem Grund des Sees.»

Beat Christen, Tauchsportgruppe Poseidon Luzern

Kommt hinzu, dass sich speziell der Vierwaldstättersee gut für Tauchgänge eignet. «Die Sichtbarkeit im See ist sehr gut, weil es sehr wenig Trübstoffe hat», erklärt Beat Christen von der Tauchsportgruppe Poseidon aus Luzern. Er und drei weitere Mitglieder der Tauchsportgruppe sind nebst Epelbaum die Piloten des U-Boots und werden Touristen ab Dezember auf den Grund des Sees chauffieren.

Wunderland Vierwaldstättersee

Und was bekommt man dank der guten Sicht im Wasser denn alles zu sehen? «Es gibt zahlreiche Wracks von Schiffen, Autos und sogar von einem Flugzeug auf dem Grund des Sees», führt Christen begeistert aus. «Bei Kehrsiten oder beim Lopper gibt es beispielsweise auch tolle Felsformationen, die man nur aus dem U-Boot so zu sehen bekommt.» Zudem erwähnt er den guten Fischbestand im See. «Es kann durchaus sein, dass vor dem Bullauge des U-Boots plötzlich mal ein Hecht vorbeischwimmt.»

Klingt fast so, als wäre der Grund des Sees das reinste Wunderland. Allerdings hat eine Entdeckungstour durch diese Unterwasserwelt seinen Preis. So kostet ein einstündiger Tauchgang für Touristen rund 500 Franken – pro Person.

Ein Vergleich zum Weltraumtourismus zu ziehen, den die beiden amerikanischen Multimilliardäre Elon Musk und Jeff Bezos derzeit vorantreiben, ist verlockend. Wenn auch die Dekadenz des Vorhabens, bei dem ein Weltraumflug gemäss «NZZ» ungefähr zehn Minuten dauert und eine Viertelmillion Dollar kostet, in keinem Vergleich zum Projekt von Subspirit steht. Trotzdem ist so ein einstündiger Tauchgang mit der P-63 nicht gerade billig.

Auch Wasserverschmutzung wird thematisiert

Doch kommerzielle Interessen scheinen nicht der Hauptantrieb von Philippe Epelbaum und Co. zu sein. Dafür sind allein die Kauf- sowie Sanierungskosten des Boots zu hoch. Der Luzerner kann zwar keine genaue Zahl nennen. «Die Kosten bewegen sich zurzeit aber klar über 500'000 Franken», schätzt Epelbaum. Es braucht also mindestens 330 Tauchgänge, bis diese Fixkosten amortisiert sind.

«Wir wollen unsere Gäste auch für Umweltthemen sensibilisieren. Denn was man unterhalb der Wasseroberfläche zu sehen bekommt, ist nicht nur schön.»

Philippe Epelbaum, CEO von Subspirit und U-Boot-Kapitän

Zudem will Epelbaum in Zukunft auch mit verschiedenen Institutionen sowie den Behörden zusammenarbeiten, um nebst dem touristischen auch ein öffentliches Interesse abzudecken. Er sieht in den Tauchgängen eine Chance, auf die Verschmutzung der Schweizer Seen durch Abfall aufmerksam zu machen. «Wir wollen unsere Gäste auch für Umweltthemen sensibilisieren. Denn was man unterhalb der Wasseroberfläche zu sehen bekommt, ist nicht nur schön.»

Das Team von Subspirit scheint vor allem die eigene Faszination an der Unterwasserwelt anzutreiben, die es durch die touristischen Fahrten mit einem breiteren Publikum teilen will. So wie die Teammitglieder bei der Präsentation um das U-Boot herumstreifen und den Medienschaffenden mit grosser Begeisterung von den technischen Details erzählen, wirken sie fast wie kleine Buben, die sich riesig über den Lego-Roboter freuen, den sie zu Weihnachten geschenkt bekommen haben.

In dieser Faszination gleichen sie letztlich wieder den U-Boot-Pionieren Nemo und Piccard, deren Projekte – ob fiktiv oder real – ohne jede Menge Passion und einem Schuss Verrücktheit wohl nie realisiert worden wären.

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