Was die Sperrung für die Geschäfte bedeutet

Bahnhof zwei Tage dicht: Luzern erwartet Umsatzrückgang

Das Untergeschoss des Bahnhofs zeigt sich von einer anderen Seite, seit die Züge nicht fahren.

(Bild: Christine Weber)

Wegen Bauarbeiten geht auf den Schienen in der Stadt Luzern Mitte November gar nichts mehr. Dass ein Bahnhof dieser Grösse zwei Tage lang fast komplett stillsteht, hat Seltenheitswert. Dies hat Folgen – unter anderem auch aufs Gemüse.

Kein Gedränge auf dem Perron, keine Schlange auf der Rolltreppe, kein Warten am Kiosk: Am Wochenende vom 17. und 18. November hält die Leere am Luzerner Bahnhof Einzug. Mit Ausnahme der Zentralbahn wird der ganze Schienenverkehr wegen Bauarbeiten an den Gleisen am Samstag und Sonntag stillstehen (zentralplus berichtete). Wie das aussehen könnte, zeigte sich vor anderthalb Jahren. Damals ging nach der Entgleisung eines Trenitalia-Zuges auch tagelang nichts mehr (zentralplus berichtete).

Dass ein Bahnhof dieser Grösse zwei Tage stillsteht, kommt selten vor, wie SBB-Mediensprecher Reto Schärli auf Anfrage sagt. Luzern ist nach Zürich, Bern und Genf der viertgrösste Bahnhof, was die Zahl der Passanten betrifft. Täglich queren im Durchschnitt 164’000 Personen das Areal. 

Wer keine Freudensprünge macht …

Wenn kaum Züge fahren, dürften deutlich weniger Passagiere im Bahnhof unterwegs sein. Das werden mit Sicherheit auch die Geschäfte zu spüren bekommen, die sonst aufgrund der Lage von viel Laufkundschaft profitieren.

«Ja, wir rechnen mit weniger Kunden», sagt Markus Eugster, Mediensprecher bei Coop und für die Region Nordwestschweiz-Zentralschweiz-Zürich zuständig. In welchem Umfang, lasse sich aber nur schwer abschätzen. Unter der Woche wären die Auswirkungen aufgrund der vielen Pendler aber wohl noch grösser, sagt Eugster. Coop werde die Sperrung bei der Planung des Personals und im Sortiment, beispielsweise bei den Frischprodukten, berücksichtigen.

Wieso es in Luzern nicht anders geht

Was auffällt: Auch andernorts wird an den Gleisen gearbeitet, ohne dass gleich der ganze Bahnhof gesperrt wird. Ist Luzern als Drehscheibe im öffentlichen Verkehr zu wenig bedeutsam? «Im Gegenteil», sagt Mediensprecher Schärli. «Der Bahnhof Luzern ist sehr wichtig, deshalb wird er auch intensiv unterhalten und erneuert.»

Eine Alternative zur Sprerrung gibt es indes nicht, sagt SBB-Sprecher Schärli, es sei «wegen der speziellen Lage des Bahnhofs Luzern mit seiner engen Zufahrt nicht anders machbar». Während andere vergleichbare Kopfbahnhöfe mehrere Ein- und Ausfahrgleise haben, fahren in Luzern praktisch alle Züge auf den zwei Gleisen zwischen Gütsch und Bahnhof ein und aus. Für die Befürworter ist dieser Flaschenhals ein wichtiges Argument für den Durchgangsbahnhof (zentralplus berichtete).

Auch Migros erwartet an jenem Wochenende weniger Pendler und Reisende – und passt Warenbestellungen und das Personal entsprechend an. «Da die beiden Filialen – gerade auch am Wochenende – aber auch von vielen Anwohnerinnen und Anwohnern besucht werden, gehen wir insgesamt von einem moderaten Rückgang aus», sagt Mediensprecherin Lisa Savenberg. Beziffern lasse sich der Umsatzverlust nicht.

Bei der Valora Group, zu der die k Kioske, der Brezelkönig und das Caffè Spettacolo gehören, will man von Stillstand nichts wissen. Die Ladenpassage bleibe geöffnet und werde auch von Nichtzugreisenden stets sehr gut frequentiert, sagt Mediensprecher Martin Zehnder. «Daher trifft Valora keine besonderen Massnahmen.»

… und wer Morgenluft wittert

Auf die Sperrung reagiert hingegen das Luzerner Carpooling-Unternehmen Hitchhike. «Zur Entschärfung der Situation» lanciert das Unternehmen eine Plattform, auf der Betroffene eine Fahrgemeinschaft suchen oder anbieten können. «Unsere Initiative zielt auf eine ergänzende Massnahme zum öffentlichen Verkehr ab», sagt der Geschäftsführer Jean-François Schnyder. Das gemeinsame Autofahren hat bereits nach der Entgleisung einen Boom erlebt (zentralplus berichtete). Doch dieser war nur von kurzer Dauer. Richtig durchsetzen konnten sich Fahrgemeinschaften danach nicht, der Schub verpuffte.

Nun nutzt Hitchhike also erneut die Chance, auf sein Angebot aufmerksam zu machen. Unterstützt wird das Startup vom Lucerne Blues Festival, das an jenem Wochenende über die Bühne geht und auf seinen Kanälen für das Angebot wirbt. «Wir finden die Mobilitätslösungen von Hitchhike eine sinnvolle Sache, ganz unabhängig von der Bahnhofsperrung», sagt Präsident Martin «Kari» Bründler. «Gelder fliessen aber keine, da dazu unsere Mittel nicht reichen.»

«Indirekt können die Auswirkungen der Bahnhofsperrung für uns sogar noch mehr ins Gewicht fallen.»

Martin «Kari» Bründler, Präsident Lucerne Blues Festival

Von den rund 10’000 bis 11’000 Besuchern kämen rund zwei Drittel von ausserhalb der Stadt Luzern, schätzt Bründler. Er bedauert, dass ihnen die Anreise aufgrund der Sperrung dieses Jahr erschwert wird. «Indirekt können die Auswirkungen der Bahnhofsperrung für uns aber sogar noch mehr ins Gewicht fallen», befürchtet Bründler. Er rechnet damit, dass auf den Strassen mehr Verkehr herrscht, was einerseits den Transport der Künstler beeinträchtige, «andererseits aber auch Besucher davon abhalten könnte, überhaupt an unsere Veranstaltungen im Zentrum von Luzern anzureisen». Zurzeit könne er aber noch nicht abschätzen, wie stark der Besucheraufmarsch am Festival zurückgehe.

Das Angebot nicht aufstocken wird hingegen das Carsharing-Unternehmen Mobility. Es hat am Bahnhof 28 Autos stationiert, in der ganzen Stadt Luzern 126. «Wir gehen davon aus, dass dieses Angebot für das Wochenende vom 17./18. November ausreicht», sagt Mediensprecher Patrick Eigenmann. Er verweist aber zusätzlich auf die neue Mitfahr-App, «die sich für solche Situationen umso mehr anbietet». Wer – egal, ob mit Mobility- oder Privatwagen – von A nach B fährt, kann dies auf der App ausschreiben und Mitfahrer mitnehmen.

Hier lang bitte – so kommt man nach Luzern und von Luzern weg

Vom 16. bis 18. November steht Luzern still – zumindest auf den Gleisen. Wegen Bauarbeiten wird der Bahnverkehr – abgesehen von den Zügen der Zentralbahn, die planmässig verkehren – komplett gesperrt. Grund dafür ist, dass die SBB sieben Weichen im Bahnhof Luzern austauschen. Unter anderem jene, auf der im März 2017 ein Eurocity von Trenitalia entgleiste. Die Kosten der Arbeiten betragen rund fünf Millionen Franken.

Wer nach Luzern reist, muss bereits in Ebikon, Emmenbrücke, Littau oder beim Verkehrshaus aussteigen. Ab den Bahnhöfen Ebikon, Emmenbrücke und Littau fahren gemäss einer Mitteilung der SBB Bahnersatzbusse bis an den Luzerner Bahnhof, vom Verkehrshaus wie üblich die Busse 6, 8 und 24 der Verkehrsbetriebe. Wer aus Luzern weg will, muss sich beim Inseliquai einfinden. Von dort fahren alle Bahnersatzbusse ab. Alle Details finden sich auf dem Onlinefahrplan der SBB.

Speziell für die Fussballfans: Wer das Spiel der Nationalmannschaft gegen Belgien in der Swissporarena besuchen will, kann ab Luzern Bahnhof einen der regulären Züge der der S4, S5 oder die Busse der Linie 20 bis zur Allmend benutzen.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Walter Albrecht
    Walter Albrecht, 25.10.2018, 12:14 Uhr

    Hätte man das 2013 vorgestellte Metroprojekt mit Erweiterung zum Seetalplatz unverzüglich realisiert, könnten solche vergangene, jetzt angesagte und in Zukunft, z.B. bei den Bauarbeiten für den «Durchgangsbahnhof, geplante, massive Behinderungen für den laut Artikel vom Passantenaufkommen viertgrössten Bahnhof gut bewältigt werden. Die Chance, das zukunftsträchtige Metroprojekt zu verwirklichen, ist intakt. Wagen wir es!

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