Nicht dokumentierte Eingaben werfen Fragen auf

Öffentliche Baarer Mitwirkung: Nicht alle Inputs erschienen im Bericht

Im April durfte das Baarer Volk bei der regionalen Entwicklungsstrategie mitreden. Doch nicht alle Antworten erschienen in der Auswertung. (Bild: wia)

Nanu, wo ist denn mein Input? Einige Teilnehmer der öffentlichen Mitwirkung, welche die Gemeinde Baar im Frühling durchgeführt hatte, fühlen sich vor den Kopf gestossen. Der Grund: Nicht alle gemachten Eingaben sind in den Schlussbericht eingeflossen. Dies habe gute Gründe, erklärt der Baarer Bauchef. Den Vorwurf einer Farce will er sich nicht gefallen lassen.

Im April dieses Jahres führte die Gemeinde Baar eine öffentliche Online-Mitwirkung zur räumlichen Entwicklungsstrategie (RES) durch. Rund 130 Einzelpersonen und Institutionen haben mitgemacht. Eine gute Bilanz, fand der Gemeinderat. So gut, dass die hohe Beteiligung den ambitionierten Zeitplan kurz ins Wanken brachte. Dies, weil die Voten ausgewertet werden mussten.

Anfang Oktober wurde der Bericht mit den Stellungnahmen veröffentlicht. Nicht alle vermochte der 25-seitige Bericht glücklich zu stimmen. Mehrere Personen beteuern im Gespräch mit zentralplus, dass ihre Eingaben nicht im Bericht erschienen seien. Entsprechend zeigen sie sich skeptisch, ob denn auch wirklich alle Inputs von der Gemeinde gleichermassen behandelt werden.

«Ich habe konkrete Änderungen bei den Zielen zur Zentrumsentwicklung angegeben, welche gar nicht berücksichtigt wurden.»

Teilnehmer der Online-Mitwirkung

Einer der 130 Teilnehmer, der lieber anonym bleiben will, beteuert etwa, dass seine Forderungen betreffend der Zentrumsentwicklung «nicht, oder nur schwach abgebildet» worden seien. «Auch habe ich konkrete Änderungen bei den Zielen zur Zentrumsentwicklung angegeben, welche gar nicht berücksichtigt wurden.»

Wo ist denn die autofreie Dorfstrasse hin?

Die Eingabe des Betroffenen liegt zentralplus vor. Der Vergleich mit der Auswertung unterstützt seine Aussage. So wurde etwa die Anmerkung, dass «mindestens die Dorfstrasse und Rathausstrasse für den individuellen Autoverkehr gesperrt werden» sollen, nirgends erfasst. Überhaupt wisse der besagte Mann von rund einem Dutzend Personen, die sich eine autofreie Dorfstrasse wünschen würden und dies auch so in der Mitwirkung kundtaten.

Es ist nur eine von mehreren Unstimmigkeiten, die so im Wortlaut nicht im veröffentlichten Bericht erscheinen. Ähnliche Erfahrungen hat André Guntern gemacht, der Präsident von Pro Natura Zug. So seien mehrere Änderungsanträge, welche er und bis zu zehn Personen in seinem Bekanntenkreis gemacht hätten, im veröffentlichten Bericht nicht aufgeführt.

Auf die Umstände respektive das erste Beispiel angesprochen, erklärt der zuständige Baarer Gemeinderat Jost Arnold: «Der Wunsch nach einer autofreien Dorfstrasse wurde in den Mitwirkungsbericht aufgenommen. Diese Eingabe wurde – wie andere auch – gebündelt.» So sei die Eingabe denn nicht zwingend unter jenem Punkt zu finden, bei dem Mitwirkende ihren Input anbrachten, sondern eben nur an einem Ort. In diesem Fall ist die Eingabe unter dem Ziel 31 erwähnt.

«Würde jede Aussage einzeln, ohne eine thematische Bündelung, in den Mitwirkungsbericht aufgenommen, wäre der Bericht ausufernd.»

Jost Arnold, Baarer Bauchef

«Würde jede Aussage einzeln, ohne eine thematische Bündelung, in den Mitwirkungsbericht aufgenommen, wäre der Bericht ausufernd und unübersichtlich. Ziel des Berichts ist es ja gerade, die Rückmeldungen aus der öffentlichen Mitwirkung thematisch zu ordnen und zusammenzufassen», so Arnold weiter. Spezifisch zur Dorfstrasse sei zu sagen, dass die Vorstellungen, wie sich die Strasse künftig präsentieren soll, weit auseinandergehen.

«Deshalb wurde die offene Formulierung gewählt, um alle Rückmeldungen abzubilden.» Wie dieses Verkehrsregime künftig aussehen soll, werde nicht auf Stufe RES, sondern im Kommunalen Gesamtverkehrskonzept (KGVK), in der Zentrumsentwicklung sowie in der Richtplanung festgelegt.

Der Gemeinderat beschwichtigt

zentralplus legte dem Gemeinderat mehrere Beispiele von fehlenden Inputs vor. Zu diesen sagt Jost Arnold: «Grundsätzlich darf festgestellt werden, dass alle Rückmeldungen eingeflossen sind.» Diese würden jedoch am korrekten Ort aufgeführt. Will heissen: Dass Vorschläge zum Verkehr unter dem entsprechenden Leitsatz, und nicht unter dem Leitsatz Zentrum zu stehen kämen. Auch würden Vorschläge, die zu stark ins Detail gehen, nicht in der RES abgebildet.

Pro-Natura-Präsident André Guntern ist Mitglied des Begleitgremiums der RES. Gegenüber zentralplus erklärt er, dass die Diskrepanzen offenbar darauf zurückzuführen sind, dass es zwei Berichte gebe. Eine kürzere Fassung, die öffentlich sei, und eine längere, verwaltungsinterne. In der längeren Fassung seien zwar alle Voten der Teilnehmer abgebildet, in der kurzen nicht. Mit der Vorgehensweise der Gemeinde ist Guntern nicht einverstanden.

«Eine Zusammenfassung von gleichlautenden Eingaben ist ok. Aber dass Eingaben, die von mehreren Personen und Organisationen eingereicht wurden, im kurzen Bericht gar nicht erwähnt werden, ist nicht transparent und erweckt den Anschein der selektiven Auswertung», so Guntern. Er fragt sich deshalb, was mit den Voten passiere, welche in der Kurzfassung nicht enthalten seien. «Wurden diese Eingaben ebenso berücksichtigt?»

«Aufgabe eines Mitwirkungsberichts ist es, diese Vielfalt aufzuzeigen, ohne jede einzelne Stellungnahme aufzuführen.»

Jost Arnold

Zum Vorwurf äussert sich der Baarer Bauchef wie folgt: «Eine öffentliche Mitwirkung bildet einen Querschnitt aus der Bevölkerung ab. Entsprechend weit gehen die Meinungen auseinander.» Dies zeige die Vielzahl an gegensätzlichen Stellungnahmen. «Aufgabe eines Mitwirkungsberichts ist es, diese Vielfalt aufzuzeigen, ohne jede einzelne Stellungnahme aufzuführen. Deshalb werden Stellungnahmen, die sich auf dasselbe Thema oder denselben Schwerpunkt beziehen, gebündelt und dem richtigen Leitsatz zugeordnet.»

Gebe es widersprüchliche Rückmeldungen, würden diese entsprechend allgemein zusammengefasst. Dies treffe unter anderem auf die oben erwähnten Stellungnahmen zur Verkehrsführung im Zentrum und auf der Dorfstrasse zu, die nicht in der RES, sondern im KGVK behandelt würden. Weitere Beispiele seien Vorschläge zur Gestaltung des Bushofs, zu Velowegen oder zum Fussverkehr.

Der Vorwurf der Farce lässt Arnold nicht gelten

Eine anonyme Person, welche sich im Bericht nicht repräsentiert fühlt, spricht gar davon, dass die Auswertung zu einer Farce verkäme, wenn nicht alle Antworten klar aufgelistet würden.

Gegen diesen Angriff wehrt sich Arnold vehement: «Der Gemeinderat und die verantwortlichen Planerinnen nehmen alle Rückmeldungen ernst. Von einer Farce zu sprechen, ist deshalb unangebracht. Die Gemeinde hat sehr viel Zeit und Aufwand in die Website mitwirkung-baar.ch, in den Einbezug des Reflexions- und Begleitgremiums, in die live übertragene Informationsveranstaltung und in die digitale Mitwirkung investiert.»

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