Muss WWZ-Verwaltungsrat Hotz sein Honorar abgeben?

Baarer Gemeindepräsident will Nebeneinkommen behalten

Das Rathaus in Baar. Gelder aus gemeinderätlichen Zusatzverdiensten sollen der Gemeinde zugute kommen. Das verlangt eine Motion.

(Bild: zvg)

Baarer Gemeinderäte sollen sich nicht aufgrund ihrer Amtstätigkeit zusätzlich bereichern. Gelder aus Nebentätigkeiten gehören deshalb in die Gemeindekasse. Das verlangt eine Motion, bei der sich für einmal linke und rechte Politiker zusammentun. Die Betroffenen selbst wollen davon allerdings nichts wissen – mit einem überraschenden Argument.

Das hat durchaus Seltenheitswert: In Baar machen linke und rechte Politiker für einmal gemeinsame Sache – und das beim Thema Geld. Dieses würde nämlich bei einigen Baarer Gemeinderäten in zu grossen Strömen fliessen, finden die Kantonsräte Alois Gössi (SP), Beni Riedi (SVP), Andreas Lustenberger (ALG) und Michael Riboni (SVP). Sie haben deshalb am 10. Dezember 2015 eine Motion eingereicht, die eine Änderung im Entschädigungsreglement verlangt. Am 23. Juni wird diese nun in der Gemeindeversammlung behandelt.

Konkret soll das heutige Reglement so geändert werden, dass Entschädigungen und Honorare aus Ämtern, welche ein Gemeinderat nur aufgrund seiner Position als Gemeinderat innehat, zukünftig teilweise in die Gemeindekasse fliessen. «Es geht uns nicht darum, den Gemeinderäten das Geld wegzunehmen», betont Motionär Andreas Lustenberger. «In der Mehrheit handelt es sich lediglich um kleinere Beträge, die ihnen niemand streitig machen möchte. Aber bei den Honoraren, die man zum Beispiel als WWZ-Verwaltungsrat oder als Präsident der Stiftung Pflegezentrum Baar erhält, geht es um höhere Beträge.»

Alle sollen sparen – auch die Exekutive

Diese Mandate sind gebunden an die Tätigkeit als Gemeinderat und könnten ohne ein solches Amt gar nicht ausgeübt werden. Damit ist auch klar, an wen sich die Motionäre direkt wenden: Zum einen an den Gemeindepräsidenten und WWZ-Verwaltungsrat Andreas Hotz (FDP), zum anderen an den Vizegemeindepräsidenten und Bauchef Paul Langenegger (CVP), der zugleich als Stiftungsratspräsident im Pflegezentrum Baar amtiert. Ihr jeweiliges Engagement lassen sich die beiden Gemeinderäte mit 16’000 beziehungsweise 14’400 Franken jährlich honorieren (siehe Tabelle unten).

«Der Gemeinderat soll mit gutem Beispiel vorangehen.»

Beni Riedi, Baarer SVP-Kantonsrat

Andreas Hotz’ Pensum als Gemeindepräsident beträgt 80 Prozent. Auf 100 Prozent aufgerechnet, werden alle Baarer Exekutivmitglieder jährlich mit 175’000 Franken entschädigt, was für Hotz ein Salär in Höhe von 140’000 Franken ergibt. Bei Vizepräsident und Bauchef Langenegger sind es knapp 130’000 Franken (75-Prozent-Pensum). «Diese Entschädigungen sind meiner Meinung nach für ein Teilzeitmandat mehr als angemessen», sagt hierzu Motionär Beni Riedi.

«In Zeiten, in welchen der Gemeinderat beim eigenen Personal den Sparhebel ansetzt und zum Beispiel auf die Abgabe von vergünstigten Reka-Checks verzichtet, darf man doch erwarten, dass der Gemeinderat selbst mit gutem Beispiel vorangeht und sein eigenes Portemonnaie nicht weiter mit Geldern füllt, die dem Steuerzahler zustehen», echauffiert sich Riedi. Führen heisst Verantwortung, zitiert der SVP-Kantonsrat einen militärischen Grundsatz. Motionär Alois Gössi fügt an: «Solche Mandate werden im Auftrag der Gemeinde ausgeführt. Deshalb soll die Entschädigung der Gemeinde zugute kommen.»

Für die Einsitznahme in verschiedenen Organisationen, welche nicht zu den Kernaufgaben als Exekutivmitglied einer Einwohnergemeinde gehört, erhalten einzelne Mitglieder des Gemeinderates zusätzliche Entgelte. (Quelle: Gemeinderat Baar)

Für die Einsitznahme in verschiedenen Organisationen, welche nicht zu den Kernaufgaben als Exekutivmitglied einer Einwohnergemeinde gehört, erhalten einzelne Mitglieder des Gemeinderates zusätzliche Entgelte. (Quelle: Gemeinderat Baar)

(Bild: zvg)

Gemeinderat will nichts davon wissen

Dabei werden die Motionäre nicht müde zu betonen, dass es nicht ihre Absicht ist, die Entgelte aus Nebenämtern gänzlich zu streichen. «Wir können uns vorstellen, einen Freibetrag festzusetzen», erklärt Andreas Lustenberger. «So wie es in anderen Gemeinden bereits gang und gäbe ist.» Michael Riboni verweist auf die Praktik in der Nachbargemeinde Zug und hätte gerne eine ähnliche Regelung. «Wir haben allerdings keine konkrete Vorstellung über die Höhe des Freibetrags. Im Falle einer Erheblicherklärung der Motion wäre es Sache des Gemeinderats, einen konkreten Vorschlag zu präsentieren.»

«Auch die Einwohnergemeinde Baar profitiert von dieser Vernetzung.»

Stellungnahme des Baarer Gemeinderats

Dieser hat indessen gar kein Gehör für die Anliegen der Motionäre. Das Geschäft wird zwar erst noch beraten, doch die Antwort des Gemeinderats liegt bereits vor. Sein Fazit: kein Handlungsbedarf. «Wir vertreten die Ansicht, dass die heutige Regelung beibehalten werden soll. Daher beantragt der Gemeinderat den Stimmberechtigten, die Motion nicht erheblich zu erklären und abzuschreiben», heisst es im Vorabbericht.

Es sei von Vorteil, wenn ein Gemeinderatsmitglied sein Wissen in Organisationen einbringen könne, heisst es weiter. «Nicht nur die Organisation, sondern auch die Einwohnergemeinde Baar profitiert von dieser Vernetzung.» Es müsse zudem erwähnt werden, dass die Mitglieder des Gemeinderats in Arbeitsgruppen und Konferenzen auch unentgeltlich Verantwortung übernähmen und sich so zum Wohle der Gemeinde einbringen würden.

Es wird ferner damit argumentiert, dass es für den Fortbestand des Milizsystems wichtig sei, die Mitglieder des Gemeinderates fair und zeitgerecht zu entschädigen. Ansonsten werde es noch schwieriger, dass sich geeignete Personen für ein Exekutivamt zur Verfügung stellten.

«Ein Gemeinderat verdient auch ohne Nebenverdienste genug.»

Beni Riedi, SVP-Kantonsrat

Transparenz ja, aber …

Für Beni Riedi zieht dieses Argument nicht: «Erstens hoffe ich doch sehr, dass man solche Ämter nicht bloss aus finanziellen Anreizen ausübt. Und zweitens verdient ein Gemeindrat auch ohne Nebenverdienste genug.» Parteikollege Riboni fügt an: «Ich habe keine Angst davor, dass dann niemand mehr die Exekutivämter ausführen wird. In Zug funktioniert es ja auch.»

Die beiden Direktbetroffenen, Andreas Hotz und Paul Langenegger, möchten sich nicht weiter zur Sache äussern und verweisen stattdessen auf die offizielle Stellungnahme des Gemeinderats. «Es ist nun in der Kompetenz des Souveräns, die Motionsbeantwortung zu beurteilen und allfällige weitere Fragen zu stellen. Hierfür steht die kommende Gemeindeversammlung zur Verfügung», sagt Gemeindepräsident Hotz.

Einen Teilsieg konnten die Motionäre bereits erringen. Erstmals liegt nun nämlich Transparanz über die gemeinderätlichen Nebeneinkünfte vor. Grosse Freudenschreie sind trotzdem nicht zu vernehmen. «Die Antwort des Gemeinderats enttäuscht mich», sagt Beni Riedi stellvertretend. Er hätte sich mehr Mut gewünscht. Es ist klar, dass es schwierig wird, das Vorhaben durchzubringen – trotz Schulterschluss von links und rechts. «Der Ausgang der Gemeindeversammlung hängt auch von der Parolenfassung der Mitteparteien ab», sagt Michael Riboni. Diese sind im Baarer Gemeinderat klar in der Mehrheit.

«Selbst die Motionäre würden diese Aufgaben nicht nur für einen warmen Händedruck ausführen.»

Andreas Hostettler, Präsident FDP Baar

Nicht sonderlich erfreuen dürften die Initianten die Aussagen von Andreas Hostettler, dem Präsidenten der FDP Baar, wenn auch die offizielle Parteiparole noch aussteht. Er sagt: «Gemeinderäte sind im Gegensatz zur Regierung nur Teilzeitangestellte und wesentlich tiefer entlohnt. Übernehmen Gemeinderäte Zusatzaufgaben, sind diese entsprechend gerecht zu entlohnen.» Sollten in Zukunft Entschädigungen von Zusatzmandaten in die Gemeindekasse fliessen, seien parallel dazu die Entschädigungen der Gemeinderäte anzupassen, so Hostettler.

Und dann holt er noch aus zu einem kleinen Seitenhieb in Richtung der Motionäre: «Die aktuell von den Baarer Gemeinderäten übernommenen Zusatzaufgaben können von jedem anderen fähigen Baarer wahrgenommen werden. Selbst die Motionäre würden diese Aufgaben nicht nur für einen warmen Händedruck ausführen.» Transparenz gehöre heute dazu. Honorierung von Zusatzleistung aber auch – und das, sagt Hostettler, gelte ebenso für den Baarer Gemeinderat. Die andere Mittepartei hat ihre Parole bereits gefasst: «Die CVP unterstützt den Antrag des Gemeinderats», sagt Parteipräsident Pirmin Frei auf Anfrage. Das heisst: Empfehlung auf Nichterheblicherklärung.

Was denken Sie zum Thema? Nutzen Sie die Kommentarfunktion und diskutieren Sie mit!

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


1 Kommentar
  • Profilfoto von Monika Mathers Schregenberger
    Monika Mathers Schregenberger, 16.06.2016, 15:45 Uhr

    Es sehr wichtig, dass die Gemeinderäte Einkünfte für mandatsbedingte Nebentätigkeiten nur bis zu einem gewissen Freibetrag für sich behalten können. Sonst gibt es nämlich unter den Gemeinderäten ein «Gerangel» um lukrative Jobs, wie WWZ-Verwaltungsrat oder Stiftungsratspräsident des Pflegezentrums Baar. Diese Mandate sollen die fähigsten, nicht aber die mächtigsten Gemeinderäte besetzen. Wenn dabei nicht viel verdient werden kann, lassen sich die Mandate unter den Gemeideräten besser verteilen.
    Eine andere Möglichkeit wäre, dass jeder Gemeinderat seine Arbeitsstunden für solche Nebenjobs zu einem festen Stundenansatz abrechnen kann. Das wäre gerecht.
    Es ist klar, dass die Einkünfte, die über einem vernünftigen Stundenlohn liegen, dem Steuerzahler gehören.

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon