Geplante Asylunterkunft

«Baar war immer liberal und offen»

Hat genug nach 15 Amtsjahren: Der Baarer Gemeindepräsident Andreas Hotz

(Bild: mbe.)

Er habe keine negativen Reaktionen zur geplanten Asylunterkunft des Kantons erhalten, das sagt der Baarer Gemeindepräsident Andreas Hotz. Ein Teil der Bevölkerung sei aber skeptisch und habe Ängste, die man ernst nehmen müsse, so der FDP-Politiker. Denn es gibt auch erklärte Gegner der Unterkunft.

zentral+: Herr Hotz, freuen Sie sich auf das geplante Asylzentrum des Kantons? Sie haben sich ja sehr positiv über den Beitrag der Firma Hotz Obermühle AG zur Lösung der Flüchtlingssituation geäussert.

Andreas Hotz: Freuen wäre jetzt übertrieben. Aber ich bin auch nicht grundsätzlich negativ eingestellt. Ich bin gespannt, was für ein Baugesuch eingereicht wird. Dieses wird die Bauabteilung, der Baarer Bauchef und schliesslich der Gemeinderat beurteilen. Wenn es zonenkonform ist, werden wir das Gesuch gutheissen. Davon gehe ich aus.

zentral+: Sind Sie eigentlich verwandt mit den Besitzern der Hotz Obermühle AG?

Hotz: Diese Frage habe ich erwartet. Ja, wenn Sie die Verwandtschaft bis 1581 zurückverfolgen, als unser Urahn Rudolf Hotz eingebürgert wurde. Ansonsten nicht. Wir haben keinerlei verwandtschaftliche Beziehungen. Diese Familie Hotz ist aber bekannt in Baar. Annemarie Huber-Hotz war Bundeskanzlerin, ihre Zwillingsschwester Rosmarie Müller-Hotz hat als Architektin schon ähnliche Containersiedlungen in anderen Kantonen realisiert.

zentral+: Wie schätzen Sie die Akzeptanz für das Asylzentrum in Baar ein?

Hotz: Ich habe bisher keine negativen Reaktionen erhalten. Baar war immer eine sehr liberale und offene Gemeinde, und ich würde sagen, grossmehrheitlich wird man die Asylunterkunft akzeptieren. Ich bin aber überzeugt, dass ein Teil der Bevölkerung skeptisch ist und gewisse Ängste vorhanden sind. Wir erwarten, dass die Zuger Direktion des Inneren zusammen mit der Hotz Obermühle AG ein gutes Informations-, Betriebs- und Sicherheitskonzept auf die Beine stellt. Dann bin ich überzeugt, dass das Vorhaben zwar schon Wellen werfen, aber nicht allzu negative Reaktionen hervorrufen wird.

zentral+: Wenn ich Sie richtig verstehe, sind also der Kanton und die Firma für den Betrieb zuständig, mit der Gemeinde hat das nichts zu tun.

Hotz: Ja, das ist so, der Kanton betreibt die Unterkunft. Die Gemeinden sind ja sowieso nur subsidiär für die Asylunterbringung zuständig. Das ist ein Auftrag des Kantons an die Firma Hotz Obermühle AG.

zentral+: Hat die Gemeinde dazu beigetragen, dass sich die Firma Hotz und der Kanton fanden? Wie ist das konkret gelaufen?

Hotz: Nein. Von der Hotz Obermühle AG ist einmal eine Bauanfrage gekommen, ob es überhaupt möglich wäre, eine Containersiedlung zu realisieren. Diese haben wir vertraulich entgegengenommen und abgeklärt, ob das rein theoretisch machbar ist. Die Bauabteilung ist zu einem positiven Schluss gekommen. Daraufhin war die Gemeinde nicht mehr involviert. Die Direktion des Inneren hat eine öffentliche Ausschreibung durchgeführt, falls noch andere offerieren wollen. Die Zuger Regierung hat sich entschieden.

zentral+: Wissen Sie bereits, was für Flüchtlinge nach Baar kommen werden; sind es Familien, junge Männer oder Minderjährige?

Hotz: Keine Ahnung. Wir rechnen mit Familien. Aber da habe ich das Vertrauen, dass die Direktion des Inneren frühzeitig mit uns Kontakt aufnehmen wird, wenn das Baugesuch kommt und alle Fragen besprochen werden.

zentral+: Überlegen Sie sich proaktiv von der Gemeinde aus, die Bevölkerung zu informieren und einzubeziehen, damit das Ganze reibungslos abläuft in Baar?

Hotz: Solche Überlegungen machen wir uns sicher. Aber das wird vor allem eine Forderung an den Kanton sein. Im Gemeinderat werden wir die Fragen der Information, des Betriebs und der Sicherheit aber sicher thematisieren und diskutieren. Als Standort-Gemeinde wollen wir Partner des Kantons sein, denn schliesslich sind wir als Gemeinde für Ruhe, Ordnung und Sicherheit unserer Bevölkerung verantwortlich.

zentral+: Sie planen aber nicht proaktiv bereits Kommunikationsmassnahmen?

Hotz: Nein, ich kann ja nicht etwas planen zu einer Sache, die ich noch nicht kenne.

«Das ist überhaupt nicht hinter dem Rücken der Bevölkerung passiert»

zentral+: In Kriens realisiert der Kanton Luzern ein Zentrum für minderjährige Asylsuchende. Der lokale Fussballclub hat von sich aus angeboten, die jungen Männer im Club zu integrieren. Können Sie sich so etwas auch in Baar vorstellen?

Hotz: Absolut. Das passiert jetzt schon. Wir haben bereits jetzt 115 Asylsuchende in Baar, nicht in einem Zentrum, aber an verschiedenen Orten untergebracht. Durch meinen Sohn, der Fussball spielt, weiss ich, dass es eine Mannschaft gibt, die mindestens zur Hälfte aus Asylsuchenden besteht. Die haben ganz glatte Momente miteinander. Das wird sowieso passieren, ohne unser Zutun, unsere Vereine sind in der Mehrheit sehr offen, und Fussball war schon immer ein wichtiger Integrationsfaktor.

zentral+: Die SVP Baar behauptet, das Asylzentrum werde hinter dem Rücken der Bevölkerung realisiert. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?

Hotz: Das ist überhaupt nicht hinter dem Rücken der Bevölkerung passiert. Eine Bauanfrage darf jeder an die Gemeinde stellen. Das ist aber noch kein offizielles Verfahren, sondern nur eine Vorabklärung. Jetzt ist der Entscheid des Kantons offiziell und damit publik. Wir wissen nicht mehr als die SVP, was genau passiert.

zentral+: Ihre interne Kommunikation zum Asylentscheid der Zuger Regierung war nicht optimal. Sie erklärten, der Kanton habe Ihnen einen Entwurf der Medienmitteilung am Freitagabend 21. November per Mail geschickt. Der Vizepräsident Paul Langenegger als Bauchef sagte am Sonntag, 23. November 2015, gegenüber der Aargauer Zeitung, er wisse nicht, was die Pläne der Firma Hotz Obermühle seien.

Hotz: (braust leicht auf): Das ist jetzt wirklich ein purer Zufall. Ich habe den Entwurf der Direktion des Inneren am Freitag um 21.40 Uhr erhalten. Am Wochenende war ich ausnahmsweise mal auf der Piste, habe Basel besucht mit Freunden. Ich habe die Mail nicht weitergeleitet und hatte es als «i.O.» angeschaut. Dass Paul Langenegger gleichzeitig am Sonntag von der Zeitung befragt wurde, konnte ich natürlich nicht wissen. Als Bauchef ist er eben für Baugesuche verantwortlich.

zentral+: Hätten Sie die Mail normalerweise weitergeleitet?

Hotz: Ich leite alles weiter. Sobald ich die definitive Mitteilung am Montag bekommen hatte, leitete ich sie weiter.

zentral+: Hat die «Kommunikationspanne» vielleicht mit dem laufenden Verfahren zur Amtsgeheimnisverletzung zu tun, gibt es ein gewisses Misstrauen im Gemeinderat?

Hotz: Nein. Überhaupt nicht. Im Gegenteil, es war ein einstimmiger Beschluss des Gemeinderats, dass wir Strafanzeige gegen Unbekannt machen. Das hat uns im Gegenteil noch weiter zusammengeschweisst. Denn wir gehen nicht davon aus, dass es jemand vom Gemeinderat war.

zentral+: Wissen Sie schon etwas Neues von diesem Verfahren?

Hotz: Nein, keine Ahnung. Der Fall liegt bei einer Zuger Staatsanwältin. Ich weiss, dass Thomas Aeschi als Zeuge befragt wurde, das hat er mir selbst gesagt. Mehr weiss ich nicht.

«Ich hätte erwartet, dass ein Nationalrat mit solchen heiklen Informationen ein wenig vorsichtiger umgeht.»

zentral+: Sind Sie sauer auf Thomas Aeschi wegen seines Leserbriefs im Spätsommer, in dem er die vertrauliche Bauanfrage publik machte?

Hotz: Nein. Ich hätte aber erwartet, dass ein Nationalrat mit solchen heiklen Informationen ein wenig vorsichtiger umgeht und vielleicht das Gespräch mit uns sucht. Aber es ist grundsätzlich sein Recht – wenn er legitim zu dieser Information gekommen ist – diese publik zu machen.

zentral+: Denken Sie, dass Thomas Aeschi konsensfähig und verschwiegen wäre im Bundesrat? Dort gibt es ja auch vertrauliche Beschlüsse und Informationen, die nicht weitergegeben dürfen.

Hotz: Ich habe mit Thomas Aeschi, ausser einigen Begegnungen an Gemeindeversammlungen, nie politisch zusammengearbeitet. Aber ich gehe davon aus, dass die Findungskommission der SVP auch seine Konsensfähigkeit geprüft hat. Ich traue ihm das absolut zu. Aber das ist jetzt von aussen und aus der Ferne betrachtet.

zentral+: Aber wenn Aeschi Bundesrat würde, hätten Sie schon Freude.

Hotz (blüht auf, temperamentvoll): Ja klar, ich bin vielleicht der einzige Gemeindepräsident aller Zeiten aus Baar, der einen Bundesrat empfangen kann! Es wäre erst der dritte Bundesrat aus dem Kanton Zug, nach Philipp Etter und Hans Hürlimann. Da herrscht natürlich Freude bei uns. Wir überlegen uns bereits, wie wir Thomas Aeschi empfangen könnten.

Strassenumfrage in Baar

Der Autor hat eine kleine Strassenumfrage über die Mittagszeit in Baar durchgeführt (siehe auch Videos). Man hört ganz unterschiedliche Stimmen zum geplanten Asylzentrum, positive, eher ratlose, manchmal auch verärgerte Personen. Zum Beispiel der ältere Herr, der uns ermutigt, seine Meinung bekannt zu machen, «aber ohne Namen und Foto, bitte». Das Zentrum sei «der Schwindel des Jahrhunderts», sagt er. Er rechnet uns vor, wie viel die Firma Hotz Obermühle AG monatlich einnehmen werde, in einem Monat seien es rund 38’000 Franken. «In zwei Jahren wird das Haus amortisiert werden, ein gutes Geschäft» – er zeigt mit der Hand in seine Tasche. Eine ältere Dame meint: «Man sollte zuerst einmal bedürftige Schweizer unterstützen.» Eine Angestellte eines Baarer Cafés will sich nicht äussern. «Wissen Sie, ich arbeite mit Ausländern, ich muss neutral sein.» Sie verweist auf einen anderen Gast: Hanspeter Nägeli hat eine Firma in Baar. Er hebt zu einem weltpolitischen Diskurs an, in dem Russland, die Ukraine, Syrien und Europa vorkommt. Die Syrer kämen nach Europa, weil Russland Assad unterstütze, sie würden leiden. Nägeli ist dafür, dass verfolgte Menschen bei uns Aufnahme finden. Doch ganz Europa sei am Anschlag mit der Situation.

Der Lageplan, den die Firma Hotz Obermühle AG am 23. November den Nachbarn samt einem Brief geschickt hat: Die Asylunterkunft soll links auf dem Grundstück zu stehen kommen und aus einem dreistöckigen temporären Gebäude mit 17 Wohnungen für 100 Personen b

Der Lageplan, den die Firma Hotz Obermühle AG am 23. November den Nachbarn samt einem Brief geschickt hat: Die Asylunterkunft soll links auf dem Grundstück zu stehen kommen und aus einem dreistöckigen temporären Gebäude mit 17 Wohnungen für 100 Personen b

(Bild: zvg)


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1 Kommentar
  • Profilfoto von zombie1969
    zombie1969, 30.11.2015, 16:10 Uhr

    immer mehr europäische Länder ihre Grenzen wieder kontrollieren ist die erste gute Nachricht aus dem ganzen Asylschwachsinn.
    Die zweite gute Nachricht möge sein, dass sämtliche Anhänger einer bestimmten, menschenfeindlichen, mit der europäischen Gesellschaftsordnung inkompatiblen Ideologie schnellstens ausser Landes gebracht werden.

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