Gerhard Pfister kommt in Medien schlecht weg

«Autistisch», «provokant», «ein bürgerlicher Finsterling»

Schon vor der Wahl zum CVP-Präsidenten zeigt unser Medienspiegel: Der Zuger dürfte im neuen Amt für einige Diskussionen sorgen. (Bild: zvg/ Montage: wia)

Am Samstag wird Gerhard Pfister in Winterthur zum CVP-Präsidenten erkoren, eine Alternative zum Zuger gibt es de facto nicht. Über ihn geredet wird trotzdem, und das nicht wenig. zentralplus hat die Medienwelt durchforstet und die brisantesten Aussagen der letzten Wochen herausgepickt.

Am Samstag wird in Winterthur der neue CVP-Präsident der Schweiz gewählt. Zur Auswahl steht genau ein Kandidat, der langjährige Zuger Nationalrat Gerhard Pfister. Gemässigt und gemütlich ist der Mann jedoch mitnichten, im Gegenteil. Der Zuger gilt als der rechteste CVP-Parlamentarier der Schweiz und als jemand, der auch mal laut werden kann. zentralplus hat sich die mediale Gemütslage der letzten Wochen vor Augen geführt. Und präsentiert die süffigsten Aussagen, quasi als Aufwärmung vor der Wahl.

Die WOZ nimmt wie gewohnt kein Blatt vor den Mund:

«Ausgerechnet der reaktionärste Kopf der CVP wird ihr künftiger Vorsteher.»

Die linke Wochenzeitung bezieht sich dabei auf Pfisters für seine Partei eher ungewöhnliche Haltungen. Etwa gegen den Atomausstieg oder Ergänzungsleistungen für einkommensschwache Familien, aber für die Verankerung des Bankgeheimnisses in der Verfassung.

Die WOZ zitiert die Zürcher CVP-Nationalrätin Barbara Schmid-Federer:

«Richtig ist, dass der künftige Parteipräsident am rechten Flügel der Partei politisiert. Es ist aber ebenfalls richtig, dass er weiss, dass er den liberal-sozialen Flügel braucht.»

Deutlich skeptischer äussert sich in der Zeitung die ehemalige CVP-Nationalrätin Lucrezia Meier-Schatz:

«Die Machtübernahme durch Pfister ist ein Zeichen der mangelnden Zivilcourage der heutigen Parlamentarier.»

Und sie begründet die Aussage damit, dass viele die Faust im Sack machen würden und schlicht froh seien, dass jemand den zeitintensiven und medial anspruchsvollen Job mache.

Ebenfalls kritisch berichtete «Der Bund» vor wenigen Tagen. Im Bezug darauf, dass sich Gerhard Pfister in der Zeitung «La Liberté» dafür ausgesprochen habe, die AHV-Reform sozial auszugestalten, wundert sich die Bund-Journalistin Claudia Blumer, ob sich Pfister damit in Hinblick auf seine Wahl zum CVP-Präsidenten möglichst viele Mitte-Links-Stimmen ergattern möchte. Und schreibt dann bissig:

«Oder ist die Ansage ein Zeichen dafür, dass die AHV tatsächlich erstmals nach 20 Jahren ausgebaut werden könnte? Man muss allerdings bedenken: Pfister hat auch einmal versichert, er werde nicht CVP-Präsident. Nun wird er es trotzdem.»

In der «Schweiz am Sonntag» wird Pfister so zitiert:

«Der wahre Konservative bin ich.»

Er begründet die Aussage damit, dass er finde, die SVP sei, mit all ihren Vorstössen, die das Land umkrempeln wollen, eine sehr revolutionäre Partei. Die CVP hingegen halte viel eher am bewährten Gefüge fest.

Auf diese Aussage hin stellt man bei der «Neuen Zürcher Zeitung» die Vermutung an:

«Es scheint fast, als wolle Gerhard Pfister die Christlichdemokratische Volkspartei zur Schweizerischen Konservativen Volkspartei (KVP) zurückentwickeln.»

Und auch wenn Pfister findet, die SVP sei viel revolutionärer als die CVP, nimmt man den Zuger bei der Volkspartei als durchaus positiv wahr. Die SVP-Politikerin Esther Friedli antwortet etwa im Interview mit der «Südostschweiz» auf die Frage, ob sie mit der CVP sympathisiere, dass sie das durchaus täte:

«Ich habe gerade ein Interview gelesen von Gerhard Pfister. Er sagte zum Beispiel, dass man Flüchtlinge mit einem christlichen Hintergrund in der Schweiz aufnehmen soll. Für solche Dinge habe ich grosse Sympathien.»

Weniger Freude an Pfisters sicherer Wahl scheint die neue FDP-Präsidentin Petra Gössi zu haben. Auf die Vermutung der «Schweiz am Sonntag» hin, dass doch einiges darauf hindeute, dass sie sich am stärksten an Pfister reiben werde, gibt die Schwyzerin offen zu:

«Es würde mich nicht mal erstaunen, träfe Ihre These zu. Mit Gerhard Pfister bewegt sich die CVP verstärkt zurück ins bürgerliche Lager. Dort gibt es bereits starke Parteien. Das führt automatisch zu Reibungen.»

Auch SP-Präsident Christian Levrat hat wenig übrig für den praktisch gewählten CVP-Präsidenten, wie er im Interview mit der «NZZ» erklärt:

«Ich bin aber überrascht, dass zwei Aussenseiter die Führung in CVP und FDP übernehmen können. Das spricht nicht für die Stabilität dieser Parteien. Es ist zweimal ein Kommandoüberfall von rechts.»

Levrat fügt an, dass er es vor einem Jahr für undenkbar gehalten hätte, dass mit Gerhard Pfister ausgerechnet der «Rechtsaussen» der CVP das Ruder übernehmen werden könne. Dennoch gibt der SP-Präsident an, mit Pfister kooperieren zu wollen. Und geht gleich zum Angriff über:

«Aber ich habe mit Verwunderung zur Kenntnis genommen, dass er verspricht, er wolle von seinen bisherigen Positionen abrücken. Ich weiss ja nicht, was das genau heisst. Hat er bisher unehrlich politisiert? Oder wird er künftig unehrlich politisieren?»

Als Medienschaffender am meisten Ahnung von Pfisters Innenleben hat wohl der «Magazin»-Journalist Joel Bedetti, der Pfister über die letzten Monate immer wieder begleitet hat. Dieser schreibt in seinem ausführlichen Porträt Dinge wie:

«So viel steht fest: Gerhard Pfister, die Provokation und die Koketterie sind gute Bekannte.»

Oder aber er zitiert Pfister, der offenbar verwundert darüber ist, dass man ihn in jedem Porträt wie folgt charakterisiert:

«Bürgerlicher Finsterling, Choleriker, Manschettenknöpfe mit eingravierten Initialen!»

Es sind jedoch bei Weitem nicht nur negative Attribute, die das «Magazin» dem Zuger anhängt. Durchaus schwingt da eine gewisse Bewunderung mit:

«Der kantige Mann verströmt, wenn er will, ein Charisma, das man ihm auf den ersten Blick kaum zutraut. Manchmal, sagt sein ehemaliger Kantonsratskollege Andreas Bossard, habe man das Gefühl, Pfister sei gar nicht anwesend. ‹Aber im richtigen Moment ist er plötzlich da. Und reisst die Leute mit.›»

Gleich einen Abschnitt weiter unten fällt das wenig schmeichelhafte Wort «autistisch», das Ratskollegen regelmässig zur Umschreibung Pfisters nennen würden.

Dem «Blick» unterläuft ein peinlicher Fehler. Er betitelt Pfister bereits schon als abtretenden CVP-Präsidenten:

Der «Blick» will Pfister bereits schon wieder loswerden, bevor dieser überhaupt gewählt ist.

Der «Blick» will Pfister bereits schon wieder loswerden, bevor dieser überhaupt gewählt ist.

(Bild: zvg)

Als vertrauenerweckend, nahbar oder sympathisch wird Gerhard Pfister praktisch nie beschrieben. Und das ist, für den Moment jedenfalls, auch egal. Denn Pfister wird am Samstag gewählt werden. Und sei es auch nur aus Mangel an Alternativen oder Zivilcourage.

Ob der Zuger die CVP auf Erfolgskurs bringen kann, wird sich weisen.

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