Wir entdecken Zugs luftige Höhen

Auf Hochhaus-Erkundungstour in Zug

Hier wollen wir unter anderem hoch. Ob uns das wohl gelingt?

Immer mehr Hochhäuser ragen in Zug in die Luft. Sie werden toleriert, gar als schön empfunden. Würde man doch bloss im 17. Stock des Parktowers wohnen. Doch wie kommt man zu Aussicht, wenn man weniger privilegiert ist? zentralplus hat versucht, hohe Gebäude in Zug zu kapern. Schon bald kommt die Frage: Wann gilt etwas als Hausfriedensbruch?

Wir wollen Aussicht. Am liebsten bis zum Mittelmeer, mindestens aber auf Zugersee und Rigi. Am liebsten hätten wir diese Aussicht, ohne erst auf den Zugerberg steigen zu müssen. Einfach in den Lift steigen und hinauf. Hochhäuser, Türme, Kirchen, wappnet euch! Wir kommen hoch.

Die Reise in die Höhe beginnt in Baar. «Baarcity» heisst das schicke Restaurant, das sich im zehnten Stock des Hochhauses beim Bahnhof befindet – und momentan geschlossen ist. Der Lift wird also bestellt. Ohne zu murren, bringt er selbst Normalsterbliche ohne Batch oder Schlüssel in den achten Stock hinauf. Eine Fahrt, die sich lohnt, wird die Aussicht doch von Stock zu Stock besser, bis, tatsächlich, zwar nicht das Mittelmeer, doch die Rigi ersichtlich ist.

Die Aussicht vom Lift aus ist nicht zu verachten.

Die Aussicht vom Lift aus ist nicht zu verachten.

(Bild: wia)

Höher als zum achten Stock möchte der Lift jedoch nicht fahren. Weiter geht’s also zu Fuss. Die Treppe hoch, soweit wie möglich, bis hin zur alarmgesicherten Tür. Es wäre der Suche nach Aussicht jedoch kaum förderlich, sich bereits hier von der Polizei aufhalten zu lassen. Darum wieder zurück zum Lift. Die Aussicht vom Glaskasten bleibt das Beste, was wir bis dato ergattern können. Immerhin.

Das neue Hochhausreglement

Im Dezember 2015 hat die Stadt Zug ein neues Hochhausreglement vorgestellt (zentralplus berichtete). Um den Bau von Hochhäusern zu kontrollieren, wurden in der Stadt Zug drei Hochhauszonen definiert. In der Hochhauszone I (Siemensareal und Baarerstrasse) dürfen Häuser bis zu 60 Metern, punktuell auch bis zu 80 Metern entstehen. In der Zone II (Nordstrasse/Aabachstrasse) bis zu 60 Metern und in der Zone III (Äussere Lorzenallmend, V-Zug-Areal, entlang der Geleise in Richtung Baar) bis zu 50 Metern. Das neue Reglement wird derzeit im Grossen Gemeinderat bearbeitet.

Ein unverhoffter Kirchenexkurs

Nächstes Etappenziel ist die Zuger-/Baarerstrasse. Denn dort beginnt der Kanton damit, grossstädtisch anzumuten. Noch bevor wir jedoch Baar verlassen, legen wir einen Spontanstopp ein. Denn am Kopf der Dorfstrasse prangt die katholische Kirche, die ausgestattet ist mit einem gar schönen Kirchturm-Exemplar. Aussicht in Sicht also!

Die etwas zu klein geratene Tür, die in den Turm hineinführt, ist verschlossen. Aufgeben wollen wir aber nicht. Das Glück ist uns hold, denn kaum betreten wir das Pfarreiheim, läuft uns bereits der richtige Mann über den Weg. Er sei der Sakristan der Kirche, erklärt der Herr, und er gebe uns sehr gerne eine Führung. Hurra, finden wir, und ziehen den Kopf beim Eintritt in den Turm ein. Wendeltreppe rauf, die historische Kulisse untermalt der Sakristan Ueli Hotz mit Jahreszahlen, die er offensichtlich nicht zum ersten Mal preisgibt. Etwa, dass die Uhr des Baarer Kirchturms 1526 eingebaut wurde und damit die älteste der Schweiz ist. Staunend geht’s weiter hoch, umgeben von fast zwei Meter dicken Wänden. Ein kurzer Exkurs in den Dachstuhl, der 1557 erbaut wurde und, das sei sehr ungewöhnlich, gänzlich aus Holz ist.

Der Dachstuhl der Kirche St.Martin Baar.

Der Dachstuhl der Kirche St.Martin Baar.

(Bild: wia)

Gerade rechtzeitig zum Halbstunden-Schlag treffen wir im Glockenstuhl ein, es ist laut, und wir sind froh, das es noch nicht 12 Uhr schlägt. Und die Aussicht vom 46-Meter-Turm? Weniger gut als vom «Baarcity»-Lift. Doch es ist durchaus eindrücklich, die Dorfstrasse und die Baarburg zu sehen, welche die direkte Verlängerung der Kirche bilden.

Tolle Aussicht, auch wenn nur 46 Meter über Boden.

Tolle Aussicht, auch wenn nur 46 Meter über Boden.

(Bild: wia)

Haben wir also wieder was gelernt. Und nun geht’s weiter, und zwar in Richtung Moderne. An der Zugerstrasse, nicht weit vom McDonald’s, stehen zwei Hochhäuser. Und das tun sie bereits seit mehreren Dekaden. Gibt’s dort vielleicht Aussicht? Das höhere, kürzlich renovierte Gebäude verwehrt uns den Eintritt. Beim zweiten haben wir Glück. Die Haustür der «Catharina» ist unverschlossen. Und wir wandern im Treppenhaus gen Aussicht.

Bello, gib Laut!

An Turnschuhen vorbei, an Kinderwägen und Kakteen. Es riecht nach Mittagessen. Zuoberst angekommen, beginnt ein Hund hinter einer Tür zu bellen. Es ist definitiv kein freudiges Bellen und wird wohl eher von einem Pitbull als einem Chihuahua verursacht. Der Genuss der mässig guten Aussicht (ohne Rigiblick) ist von kurzer Dauer, der Rückweg wird angetreten, noch bevor der Vierbeiner herausfindet, wie man die Türklinke bedient.

Fährt man weiter gegen Süden, wird es hochhaustechnisch immer interessanter. An der Baarerstrasse 125 prangt seit einiger Zeit ein Hochhaus mit 17 Stockwerken. Bloss, dort reinzukommen entpuppt sich bereits als schwierig. Hineinzuschleichen, wenn jemand rauskommt, scheint kaum empfehlenswert. Der junge, muskelbepackte Mann, der gerade aus dem Haus tritt, schaut viel zu argwöhnisch.

Ältere Gebäude scheinen da einfacher erklimmbar zu sein. Der sowjetisch anmutende Plattenbau an der Baarerstrasse etwa? Ja, auch solche gibt es in Zug. Leider verschlossen.

Russischer Plattenbau mitten in Zug? Auch das gibt’s.

Russischer Plattenbau mitten in Zug? Auch das gibt’s.

Ein weiteres Haus wird abgeklappert. Auch hier sind alle Eingänge verschlossen. Und das nächste? Der erste, zweite und dritte Eingang sind zu. Der Vierte? Offen! Hurra! Hinein also, auch hier unter dem wachsamen Auge eines Mieters, und ab in den Lift. Achter Stock, raus ins Treppenhaus, und was schon lange im Dorf gemunkelt wurde, steht endlich schwarz auf weiss an der Tür geschrieben. Hier oben, auf dem Dach dieses unscheinbaren Hauses, gibt es einen Pool.

Ist das nun Hausfriedensbruch?

Während wir noch die Klinke drücken, taucht die Frage auf: Wann gilt etwas als Hausfriedensbruch? Wahrscheinlich ab jetzt. Da wir jedoch nun das Haus in Frieden lassen und auf die Terrasse treten, taucht die Frage wieder ab. Und in der Tat, hier gibt es einen Swimmingpool! Mit direkter Sicht auf Rigi, Parktower und den See. Noch steht hier offensichtlich die eine oder andere Poolreinigung bevor, doch wer in diesem Haus wohnt oder arbeitet, darf sich – besonders in den heissen Sommermonaten – glücklich schätzen.

Tatsächlich. Hier gibt es wirklich einen Pool. Und auch wenn es nicht das hübscheste Exemplar ist: Wir sind beeindruckt.

Tatsächlich. Hier gibt es wirklich einen Pool. Und auch wenn es nicht das hübscheste Exemplar ist: Wir sind beeindruckt.

(Bild: wia)

Wie sich bald herausstellen sollte, waren die bisherigen Hochhäuser und Türme bloss Übungsobjekte. Das wahrhaftige «Pièce de Résistance» steht uns mit dem Parktower noch bevor. Spaziert man an der Bäckerei Bossard vorbei, die sich im Erdgeschoss des Hauses befindet, fühlt man sich bereits beobachtet und als Eindringling. Vorbei geht’s an Briefkästen. Schweizer, Chinesen und Russen wohnen hier. Und die elektrische Schiebetüre öffnet sich. Ha! Auch die nächste Türe geht unverhofft auf. Schon sind wir bei den Liften. Und nun? Steht da auf einem kleinen Bildschirm: «Bitte identifizieren Sie sich.» Der Swisspass wird hier wohl nicht akzeptiert. Und wir kehren um.

Ob der Swisspass gilt? Wohl kaum.

Ob der Swisspass gilt? Wohl kaum.

(Bild: wia)

Nicht mehr lange muss man hier Forfait geben. Die Stadt plant zuoberst im Gebäude einen öffentlichen Bereich. Das Geschäft muss jedoch noch vom Grossen Gemeinderat abgesegnet werden (zentralplus berichtete). Und so geht’s denn vorerst erfolglos weiter zur nächsten potenziellen Aussichtsplattform.

Zurück zum Bodenständigen

Zur Abwechslung gibt’s wieder was Historisches. Den Schlüssel zum Zuger Zytturm erhält man gegen Ausweisabgabe im Geschäft «Wunderbox». Und dann geht’s hoch, langsam und stetig über unebene, ausgetretene Holzbalken, an den beklemmend engen Gefängniszellen vorbei in Richtung Feuerstube. Aussicht? Sehr gut! Und zwar in alle vier Himmelsrichtungen. Wer will, kann hier auch sein Sandwich auspacken, Tisch und Bänke sind vorhanden.

Das historisch interessierte Herz ist erfreut, hält inne und macht sich wieder an den Abstieg.

Blickt man vom Zytturm herunter, wird man in sogleich in frühere Zeiten zurück katapultiert.

Blickt man vom Zytturm herunter, wird man in sogleich in frühere Zeiten zurück katapultiert.

(Bild: wia)

Und zwar zum Uptown-Hochhaus, wo der Weg zur Aussicht ein leichter ist. Während der Öffnungszeiten der «Skybar» darf nämlich jeder in den 17. Stock, wo die Aussicht auch ohne Konsumation genossen werden kann. Jedenfalls theoretisch (zentralplus berichtete).

Weniger augenfällig als die modernen, kontrovers diskutierten Hochhäuser «Parktower» und «Uptown» sind die älteren Gebäude im Herti-Quartier. Sie mögen zwar unscheinbar sein, weisen aber teilweise doch eine beachtliche Höhe auf. Auf geht’s.

Das Hochhaus im Hertiquartier bietet für Nichtmieter kaum Aussicht.

Das Hochhaus im Hertiquartier bietet für Nichtmieter kaum Aussicht.

(Bild: wia)

Der Haupteingang ist verschlossen, nicht so der Nebeneingang. Der Lift bringt uns in den 14. Stock und lädt uns im düsteren Gang ab. Von Aussicht keine Spur. Nur eine kleine Schneise deutet an, wie toll die Aussicht für die hier Wohnenden sein muss.

Je moderner, desto verschlossener

Letzte Station auf der Suche nach künstlichen Höhenmetern: Die Wohnblöcke beim Chamer Alpenblick. Pompös wirken die neuen, bronzefarbenen Türme gegenüber den älteren, rostroten. Doch auch hier gilt die Devise: Je moderner der Bau, desto schwieriger das unbefugte Eindringen. Die Türe bleibt verschlossen, wir wenden uns den älteren Bauten zu. Der 12. Stock bietet leider nur eine magere Aussicht auf die grosse Strassenkreuzung, nicht aber auf den Zugersee.

Leider wird einem hier nur der Blick gen Strassenkreuzung erlaubt.

Leider wird einem hier nur der Blick gen Strassenkreuzung erlaubt.

(Bild: wia)

Der Zettel an einer Türe verrät, dass der Zugang zur Dachterrasse nur noch in Absprache mit dem Hauswart möglich ist. Schade. Die Zeit für den Abstieg ist also gekommen, ohne je Seesicht genossen zu haben. Doch Moment. Eine offene Tür, eine Wohnung, in der Bauarbeiter ein- und ausgehen. Verstohlen werfen wir doch noch einen kurzen Blick in eine seegerichtete, zu renovierende Wohnung. Potz tausend, denken wir, nicken anerkennend. Hier liesse es sich durchaus wohnen. Wir mögen’s den Mietern gönnen und geben Fersengeld. Noch bevor sich die Bauarbeiter über unsere Präsenz wundern.

 

Wo finden Sie in Zug Aussicht, wenn Sie sie brauchen? Schreiben Sie uns Ihren Tipp in einem Kommentar!

 

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