Kleine Fische, die ganz unten standen, verurteilt

Arbeitslose Albaner suchten finanzielles Glück im Drogenhandel

Die Drogenübergabe fand in einem Fall immer am Bahnhof Luzern statt.

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Sie reisten von Albanien in die Schweiz, um mit dem Drogenhandel schnell gutes Geld zu verdienen. Doch nach wenigen Wochen wurden zwei junge Männer bereits verhaftet und wieder ausgeschafft. Ihre Verurteilung gibt einen Einblick in die Situation der Akteure, die im Luzerner Drogengeschäft ganz unten stehen.

Das Luzerner Kriminalgericht hat im abgekürzten Verfahren zwei Albaner wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt. Sie werden mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 18 beziehungsweise 13 Monaten gebüsst und für mehrere Jahre des Landes verwiesen, wie aus den am Dienstag publizierten rechtskräftigen Urteilen hervorgeht.

Die Fälle weisen viele Parallelen auf. Bei beiden Männern handelt es sich um «kleine Fische» im Drogengeschäft, die mangels Perspektiven und wegen finanzieller Probleme in ihrem Heimatland beschlossen, im Verkauf von Heroin in der Schweiz ihr Glück zu suchen.

Dealer statt Manager oder Ingenieur

Im ersten Fall handelt es sich um einen heute 28-jährigen Mann, der letzten Juni nach Luzern kam. Angeheuert wurde er in Albanien von einem Mittelsmann. Dieser versprach ihm ein monatliches Einkommen von 2’000 Euro. Viel Geld für einen Arbeitslosen, der gemäss eigenen Aussagen 400 Franken pro Monat braucht, um seine Familie durchzubringen. Und der 6’000 Franken Schulden hat. Der Entscheid, in den Drogenhandel einzusteigen, fiel gemäss der Anklageschrift denn auch wegen der finanziellen Situation. «Er verkaufte ausschliesslich aus finanziellen Gründen Betäubungsmittel», heisst es im Urteil des Gerichts.

Der Verurteilte, aufgewachsen in einer albanischen Kleinstadt, hat nach dem Gymnasium eine Hochschule für Businessmanagement besucht. Die Ausbildung musste er aber aus finanziellen Gründen aufgeben. Er schlug sich auf dem Bau, als Kellner und Chauffeur durch, bevor er 2018 dann keine Stelle mehr hatte und auf Abruf arbeitete. Genauso wie seine Frau, die in einem Supermarkt aushalf und mit der er eine zweijährige Tochter hat. In seiner Zeit in Untersuchungshaft in der Schweiz wurde er zum zweiten Mal Vater.

Auch der zweite Verurteilte, ein 23-jähriger Albaner, weist eine ähnliche Biografie auf. Auch er brach seine Ausbildung zum Elektroingenieur ab und hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser – bevor er in Albanien von einem Unbekannten für den Drogenverkauf in der Schweiz angeheuert wurde. Im Gegensatz zu seinem älteren Landsmann hat er keine Kinder, aber ebenfalls Schulden von mehreren Tausend Franken. Ebenfalls gemeinsam ist den beiden Verurteilten, dass sie selber kein Heroin oder andere Drogen konsumierten.

Heroin und viel Geld im Gebüsch

Die zwei Urteile geben auch einen Einblick in die Drogenszene in Luzern. Die beiden Verurteilten erhielten von ihrer jeweiligen Kontaktperson ein Zimmer in einem Wohnhaus und in einem Hotel im Kanton Luzern vermittelt. Dort beschlagnahmten die Behörden später Bargeld im Wert von 5’300 beziehungsweise 1’100 Franken, wovon ein Teil aus dem Drogengeschäft stamme.

Per Telefon oder Textnachricht wurde ihnen jeweils mitgeteilt, wo und wann sie das Heroin abholen und an wen sie es weiterverkaufen müssen – und zu welchem Preis. Im einen Fall musste der Verurteilte den Stoff in einem Gebüsch in Reussbühl abholen, wo er seinerseits jeweils 1’000 Franken als Teil des Erlöses versteckte. Im anderen Fall verlief die Übergabe laut Urteil am Luzerner Bahnhof.

Schulden statt Geldsegen

Im Falle des 28-Jährigen spricht das Luzerner Kriminalgericht explizit davon, dass er «auf unterster Hierarchiestufe tätig» gewesen sei. Er habe die typischen Aufgaben eines «Läufers» übernommen, der die Drogen in kleinen Mengen direkt an Süchtige verkaufte und sie – entsprechend riskant – in seinem Hotelzimmer lagerte.

Während dieser über fünf Wochen hinweg insgesamt mindestens 350 Gramm Heroin vertickte und damit rund 10’000 Franken verdiente, dauerte der Ausflug ins Drogengeschäft für den Jüngeren wesentlich weniger lang. Bereits nach zehn Tagen wurde er verhaftet. Angesichts der Mengen spricht das Gericht aber bei beiden von «schweren» Fällen.

Die beiden Täter sind in der Schweiz nicht vorbestraft, geständig und waren laut Gerichtsurteil von Anfang an kooperativ. Nebst dem Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz wurden sie auch wegen der rechtswidrigen Einreise und des rechtswidrigen Aufenthalts verurteilt. Die beiden jungen Männer wurden bereits im letzten Jahr ausgeschafft. Zudem müssen sie die Verfahrenskosten von jeweils 3’400 beziehungsweise 4’700 Franken tragen. Zurück bleibt statt des erhofften Geldsegens also ein noch höherer Schuldenberg.

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