Zug: Freigestellte Leiterin war kein unbeschriebenes Blatt
Die Abteilungsleitung beim Zuger Kindes- und Erwachsenenschutz, welche kürzlich freigestellt wurde, war bereits an ihrem vorherigen Arbeitsorten in ein Rechtsverfahren verwickelt. In Zug wusste man von ihrer Vergangenheit, stellte die Frau jedoch trotzdem an.
Vor Kurzem berichtete zentralplus über Missstände beim Kindes- und Erwachsenenschutz (KESB) in Zug. Unter anderem beklagten über ein Dutzend Mitarbeitende in einem anonymen Schreiben fehlende Wertschätzung, Überlastung sowie eine Misstrauenskultur (zentralplus berichtete).
Im Zentrum der Vorwürfe stand die Abteilungsleiterin des Mandatszentrum (Maz). Kurz nach unserer Berichterstattung wurde sie freigestellt, wie der Kesb-Präsident bestätigte (zentralplus berichtete).
Nun stellt sich heraus: Die Abteilungsleiterin war bereits vor den Missständen in Zug an ihrem ehemaligen Arbeitsort im Kanton Aargau in Auseinandersetzungen verwickelt. Mitunter auch in einen Rechtsstreit.
Leiterin war in Querelen verwickelt
Per Ende August 2020 verliess die spätere Maz-Abteilungsleiterin den Gemeindeverband Soziale Dienstleistungen Region Brugg, bei dem sie knapp fünf Jahre als Geschäftsführerin amtete.
In einem internen Schreiben verabschiedete sich die Geschäftsführerin des Verbands gemäss «Aargauer Zeitung» mit klaren Worten. «Leider fehlte mir vor allem in den letzten Monaten die Unterstützung des Vorstands und sein Vertrauen in meine Arbeit, sodass aus meiner Sicht keine konstruktive Zusammenarbeit mehr möglich ist. Ich empfinde diese zunehmend als Machtkampf.»
Der Kündigung – sie ging aus freien Stücken – gingen gemäss «Aargauer Zeitung» tatsächlich «unlösbare Blockaden und Vertrauensverlust innerhalb des Vorstands» voraus. Diese hatten im Herbst 2019 zum Eklat geführt. Sowohl die Präsidentin als auch der Vizepräsident verliessen den Vorstand daraufhin umgehend.
Eine missbräuchliche Kündigung
Des Weiteren wurde der Gemeindeverband Soziale Dienstleistungen 2019 von einer leitenden Angestellten eingeklagt. Dies gemäss «Badener Tagblatt» aufgrund übergriffigen Verhaltens der Geschäftsführerin, welche die Angestellte Ende Juli 2019 freigestellt habe.
Auch Vorwürfe zum Thema Mobbing wurden geäussert. Diese bestätigte das Aargauer Verwaltungsgericht zwar nicht. Es kam jedoch zum Schluss, dass die Kündigung widerrechtlich war. Der freigestellten Mitarbeiterin wurde eine Entschädigung von 30'000 Franken zugesprochen.
Das Urteil wurde zwar erst Anfang 2021 gefällt, also zu einem Zeitpunkt, als die Geschäftsführerin ihre neue Stelle in Zug bereits angetreten hatte. Natürlich war aber bereits davor über den Prozess respektive über die Querelen innerhalb des Gemeindeverbands geschrieben worden.
In Zug wusste man von den Unstimmigkeiten
Tatsächlich habe man bereits beim Bewerbungsprozess der späteren Abteilungsleiterin von deren Geschichte gewusst. Dies bestätigt Andreas Hostettler, der Zuger Direktor des Innern.
Das Mandatszentrum ist eine Abteilung des Amtes Kindes- und Erwachsenenschutz und damit der Direktion des Innern (DI) zugeordnet. Bei der Besetzung der Maz-Abteilungsleitung war diese deshalb involviert. Hostettler stellte die Kadergruppe zur Rekrutierung zusammen und die Generalsekretärin der Direktion nahm beim Bewerbungsprozess Einsitz.
Berufliche Hintergründe wurden bei der Bewerbung thematisiert
Zur Vergangenheit der Frau sagt er: «Die Hintergründe wurden direkt mit der betreffenden Person angesprochen und geklärt. Unsere Bedenken konnten damals ausgeräumt werden.» Man habe die Situation damals so eingestuft, dass man keinen Grund sah, die Person nicht einzustellen.
«Man muss nicht everybody's darling sein, um eine gute Führungsperson abzugeben.»
Andreas Hostettler, Zuger Direktor des Innern
Hostettler gibt zu bedenken: «Wenn man eine Führungskraft allein aufgrund eines früheren Disputs mit einem Mitarbeitenden nicht anstellt, hat man irgendwann keine Führungskräfte mehr.» Und weiter: «Auch heisst es nicht, dass man everybody's darling sein muss, um eine gute Führungsperson abzugeben.»
Über den aktuellen Fall kann sich die Direktion des Innern respektive der Kesb-Präsident nicht äussern. Es handle sich um ein laufendes personalrechtliches Verfahren. Den Job der freigestellten Abteilungsleiterin hat ad Interim deren bisheriger Stellvertreter inne.
Wogen glätten allein ist nicht das Ziel
Auf die Frage, wie es nun im Mandatszentrum weitergeht, sagt Hostettler: «Ziel ist es, dass sich die Mitarbeitenden im Maz wieder vollumfänglich auf ihre Aufgaben als Mandatsführende beziehungsweise als Sachbearbeitende der Mandatsführung konzentrieren können.» Dazu brauche es eine Atmosphäre der Transparenz und Offenheit zwischen der Leitung des Mandatszentrums und den Mitarbeitenden.
«Die Arbeit im Kindes- und Erwachsenenschutz ist ein Knochenjob.»
Andreas Hostettler
Hostettler ist sich bewusst: «Die Arbeit im Kindes- und Erwachsenenschutz ist ein Knochenjob.» Man habe im Kanton Zug viele Privatbeistände. «Entsprechend bleiben die schwierigen Fälle oft bei den Berufsbeiständen. Und diese wiederum betreuen bis zu 80 Personen. Wir sind darauf angewiesen, dass wir gute und engagierte Mitarbeitende haben», so der Regierungsrat.
Eine Anfrage beim Anwalt der Betroffenen wird wie folgt beantwortet: «Da es sich um ein laufendes personalrechtliches Verfahren handelt, können wir Ihnen zu diesem Zeitpunkt keine Auskunft dazu erteilen.»
- Artikel «Aargauer Zeitung» zum Urteil
- Weitere Medienberichte
- Telefongespräch mit Kesb-Leiter Mario Häfliger
- Gespräch mit dem Anwalt der ehemaligen Maz-Abteilungsleiterin
- Telefongespräch mit Regierungsrat Andreas Hostettler
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Zoom, 30.07.2022, 13:08 Uhr Wird für die Klagende aus dem Aargau eine Bestätigung sein und mit Genugtuung aufgenommen.
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