Bei Arno Matter in Baar gibt's Teilzeitbeschäftigte

Malermeister über Teilzeitarbeit: «Der Mehraufwand ist im Kopf»

Arno Matter aus Baar beschäftigt in seinem Malergeschäft mehrere Angestellte, die Teilzeit arbeiten. (Bild: Adobe Stock/zvg)

Teilzeitstellen sind gerade für Malerinnen und Gipser rar. Nicht wenige Arbeitgeber finden nämlich, dass Teilzeitarbeit auf dem Bau nicht möglich sei. Einerlei Firma, die das Gegenteil beweist, ist die Maler Matter AG in Baar. Für Arno Matter ist der Zusatzaufwand wegen Teilzeitbeschäftigten nur im Kopf.

Von zehn Vätern arbeitet gerade einmal einer Teilzeit. Wohl nicht nur, weil sich die Väter das selbst aussuchen. Sondern insbesondere wohl auch deshalb, weil sie auf dem Arbeitsmarkt und bei der Jobsuche diskriminiert werden, wenn sie ihren Teilzeitwunsch äussern. Das zeigen neue Zahlen der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich (zentralplus berichtete).

Oftmals herrscht das Vorurteil vor, dass Teilzeitarbeit in kleineren Firmen besonders schwer sei. Eine Firma, die das Gegenteil beweist, ist das Malergeschäft von Arno Matter in Baar. Bei der Maler Matter AG sind derzeit rund 30 Malerinnen und Maler beschäftigt. Seit rund zehn Jahren hat Arno Matter immer wieder Teilzeitbeschäftigte. Derzeit sind es fünf – drei von ihnen wegen der Kinderbetreuung. Dazu gehört auch Matter selbst, der Vater von zwei Kindern ist. An drei Tagen die Woche kommt er deshalb morgens ein wenig später ins Geschäft.

Jede zweite Malerin hört auf

«Teilzeitarbeit ist ein grosses Thema», sagt Matter auf Anfrage. Denn es gibt in der Branche viele Malerinnen. In den letzten 20 Jahren hat sich der Frauenanteil in der Malerlehre bei rund 40 Prozent eingependelt. Nur bleiben die Frauen nicht lange im Beruf: Nach wenigen Jahren legt fast die Hälfte von ihnen den Pinsel nieder, im Alter von 27 bis 36 Jahren. Vermutlich auch, weil Teilzeitarbeit oft nicht möglich ist.

«Aber der Mehraufwand ist eher im Kopf. Denn Arbeitseinsätze koordinieren und einplanen gehört ja sowieso zu unserem Alltag.»

Arno Matter, Inhaber Maler Matter AG

«Wir wollen den ganzen Rekrutierungspool benutzen und deswegen auch diejenigen mit Teilzeitwunsch berücksichtigen», erklärt Matter. «Als Arbeitgeber ist es auch keine Frage des Wollens. Denn für mich ist klar: Teilzeitarbeit ist Zukunft. Teilzeitstellen sind gefragt. Und als Arbeitgeber versuche ich, die Chancen darin zu sehen.»

Jobinserate gibt's bei Matter auch im Jobsharing

Worin sieht er die grossen Challenges im Alltag? «Wirklich herausfordernd ist es nicht, Teilzeitbeschäftigte anzustellen», sagt Matter. Klar brauche die Einteilung Zeit. «Aber der Mehraufwand ist eher im Kopf. Denn Arbeitseinsätze koordinieren und einplanen gehört ja sowieso zu unserem Alltag.» Auch Arbeitsübergaben seien keine Hexerei, weil ja heute eh jeder ein Smartphone habe und somit erreichbar ist. Eine Herausforderung sieht er eher bei den Kunden. «Es braucht eine gewisse Akzeptanz und natürlich eine saubere Kommunikation, wenn auf einer Baustelle ab Mitte der Woche eine neue Person vor Ort ist und die Arbeit aufnimmt.»

Derzeit findet man auf seiner Webseite auch ein interessantes Jobangebot: «Wir suchen euch! Maler/in EFZ 100 % Jobsharing!» Matter erklärt: Damit sucht er ein eingespieltes Zweierteam, dass sich ein 100-Prozent-Pensum gemeinsam aufteilt. Bis jetzt hat er noch keine Bewerbungen auf dieses Jobangebot erhalten. «Vielleicht ist es dafür auch noch ein wenig zu früh», meint er schmunzelnd.

Projekt Teilzeitbau will Teilzeitstellen fördern – mit Erfolg

Auf dem Bau arbeitet fast niemand Teilzeit. Das will das Projekt Teilzeitbau ändern, an dem sich auch der Malermeister aus Baar beteiligt. Das Projekt Teilzeitbau wurde 2018 vom Schweizerischen Maler- und Gipserunternehmer-Verband, den Gewerkschaften Unia und Syna sowie dem Verein Pro Teilzeit ins Leben gerufen. Auch das eidgenössische Gleichstellungsbüro unterstützt das Projekt mit Finanzhilfen.

«Oft heisst es: Teilzeit ist auf dem Bau gar nicht möglich.»

Barbara Rimml, Projektleiterin Teilzeitbau

Im Rahmen des Projekts wurde eine Umfrage durchgeführt, an der sich 864 Maler und Gipserinnen beteiligt haben sowie 311 Maler- und Gipserfirmen. Die Umfrage zeigt: Die Nachfrage nach Teilzeitarbeit im Maler- und Gipsergewerbe ist grösser als das Angebot.

Das Projekt fördert deswegen gezielt Teilzeitstellen in diesen Gewerben. Mit Erfolg: Vor drei Jahren war jede 25. Stelle im Maler- und Gipsergewerbe eine Teilzeitstelle, nun ist es jede 14. Stelle. Die Zunahme der Teilzeitstellen seit Projektlancierung entspricht einem Wachstum von 75 Prozent.

Dennoch sind Teilzeitstellen für Malerinnen und Gisper rar. Stand Dezember 2020 betrug der Anteil an Teilzeitstellen im Maler- und Gipsergewerbe der Deutschschweiz gerade einmal 7,4 Prozent. Allgemein gibt es im Baugewerbe nur wenig Teilzeitstellen. «Es ist in den Baubranchen lange ohne Teilzeitarbeit gegangen», sagt Projektleiterin Barbara Rimml. Vermutlich, weil die Branche lange als Männerdomäne galt und bei einer Familiengründung für Männer das Vollzeitmodell – Papa arbeitet, Mama guckt auf die Kinder und arbeitet Teilzeit – die Norm ist. Im Gipsergewerbe ist der Frauenanteil unter den Lernenden immer noch tief und liegt bei etwa 5 Prozent.

Arbeitsübergabe ist für viele Bauunternehmen eine Challenge

Um dem Fachkräftemangel entgegenwirken zu können, soll der Beruf attraktiver werden – auch dank Teilzeitstellen für Frauen wie für Männer. Das setzt sich das Projekt Teilzeitbau zum Ziel. Projektleiterin Rimml spricht die gesellschaftliche Entwicklung an, dass die Nachfrage nach Teilzeitstellen steigt. «Heute wollen auch immer mehr Väter Teilzeit arbeiten, um die Kinderbetreuung mit ihrer Partnerin aufzuteilen.»

Berührungsängste haben zu Beginn viele Arbeitgeber. Um nicht zu sagen: Sie sind skeptisch, dass Teilzeitpensen zu aufwändig und zu kompliziert seien. «Oft heisst es: Teilzeit ist auf dem Bau gar nicht möglich», so Rimml. Natürlich gebe es Herausforderungen, wie beispielsweise die Arbeitsübergabe. «Die Erfahrungen von Unternehmen zeigen jedoch, dass alles eine Frage der Organisation und Kommunikation ist.»

So können Checklisten bei Arbeitsübergaben helfen. Oder die Malerin läuft durch die Baustelle und dreht mit dem Smartphone ein Video, in dem sie erklärt, was es alles noch braucht an Material und was noch getan werden muss. Dieses schickt sie dann an den Maler, der tags darauf übernimmt. «Wir haben nun organisatorische und rechtliche Hilfsmittel erarbeitet, damit die Unternehmen die Herausforderungen von Teilzeitarbeit meistern können», erklärt Projektleiterin Rimml. Die entsprechenden Leitfäden, Checklisten und ein Musterarbeitsvertrag werden allen Unternehmen des Maler- und Gipsergewerbes demnächst zur Verfügung gestellt.

In diesem Bericht erzählen Väter aus Luzern über ihre Erfahrungen mit Teilzeitarbeit:

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