Flexiblere Arbeitsweise fordert Arbeitgeber

Mietflächen im Kanton Zug: Das hat die Pandemie ausgelöst

Die Weise, wie in den Büros der Roche in Rotkreuz gearbeitet wird, hat sich seit der Pandemie verändert. (Bild: zvg Roche)

Viele Arbeitskräfte arbeiten auch nach der Pandemie zumindest teilweise im Homeoffice. Wer glaubt, dass Bürovermieter deshalb ein Problem hätten, der irrt.

«Homeoffice möglich». Scrollt man heute durch Jobangebote aus der Region, trifft man meist auf diese oder ähnliche Formulierungen, welche darauf hinweisen, dass in den betreffenden Firmen flexible Arbeitsmodelle Usus sind. Tatsächlich gilt ein Unternehmen heute vielmehr als rückständig, wenn Büroarbeiten von zu Hause aus nicht möglich sind.

Die Pandemie zwang Unternehmen zum Umdenken. Viele haben neue Arbeitsmodelle geschaffen. Ein Resultat davon: Unternehmen haben mehr Platz.

Ein Beispiel ist die Siemens. Anstatt so rasch wie möglich in den Vor-Pandemie-Standard zurückzukehren, etablierte Siemens im Juli 2020 die «neue Normalität». Was das heisst, erklärt Mediensprecher Benno Estermann auf Anfrage: «Zwei bis drei Tage pro Woche mobiles Arbeiten wurde als weltweiter Standard definiert. Interne Umfragen haben gezeigt, dass diese Form von den meisten Mitarbeitenden als ideal bezeichnet wird.»

Weniger Arbeitsplätze, mehr Kreativzonen

Die Büroflächen seien bisher dennoch nicht verkleinert worden, erklärt Estermann. «Im Rahmen unseres New Normal-Konzepts werden die Büroflächen aber anders genutzt. Die Anzahl der fixen Arbeitsplätze wurde dabei reduziert, die frei gewordenen Flächen werden als Kreativ- und Begegnungszonen genutzt.» Viele der rund 20 Schweizer Standorte seien bereits entsprechend angepasst und umgebaut worden.

Durch das mobile Arbeiten und das «New Normal» stünden Flexibilität und Eigenverantwortung noch stärker im Fokus, sagt Estermann. «Dadurch ergeben sich sehr viele Chancen, aber auch Herausforderungen bezüglich Selbstmanagement. Gefordert sind natürlich auch die Führungskräfte.» Siemens biete darum gezielt Schulungsangebote, an denen unter anderem auch der optimale Umgang bezüglich Homeoffice thematisiert werde.

Persönliche Familienfotos auf dem Bürotisch? Nicht bei der Roche

Beim Rotkreuzer Standort von Roche sei man heute bei einer Belegung von über 80 Prozent im Vergleich zu vor der Pandemie. Die Kommunikationsverantwortliche Alma Operta sagt: «Es freut uns natürlich, dass die Mitarbeiterinnen gerne am Standort arbeiten.» Da Roche über sehr diverse Teams verfüge, welche teilweise über mehrere Standorte und sogar Länder hinweg zusammenarbeiten, liege die Organisation zwischen Homeoffice und Arbeit am Standort in der Verantwortung der einzelnen Mitarbeiter und ihrer Führungskräfte.

«Mitarbeitende haben keinen eigenen, fest zugewiesenen Arbeitsplatz mehr, sondern wählen jeweils die richtige Umgebung für die aktuelle Tätigkeit.»

Alma Operta, Mediensprecherin Roche

«Generell wird die Flexibilität sehr geschätzt, für persönliche Sitzungen und Workshops trifft man sich vor Ort, virtuelle Meetings über den Standort hinaus macht man eher von zu Hause aus», sagt Operta. «Herausforderungen sehen wir vor allem in der Gestaltung von hybriden Meetings, für die wir teilweise neue Technologien ausprobieren.»

Die flexiblen Arbeitsmodelle haben die Bürolandschaft innerhalb der Roche nachhaltig verändert. Operta erklärt: «Seit 2020 führen wir am Standort sukzessive ein ‹Activity Based Working›-Konzept ein und haben so Büroarbeitsplätze verdichtet. Mitarbeitende haben keinen eigenen, fest zugewiesenen Arbeitsplatz mehr, sondern wählen jeweils die richtige Umgebung für die aktuelle Tätigkeit.»

Dazu stünden verschiedene Arbeitszonen zur Verfügung. «Dieses flexible Bürokonzept bietet den passenden Rahmen, um schneller und effizienter auf neue Anforderungen zu reagieren. So haben wir zum Beispiel in diesem Rahmen Büroflächen zu Arbeitsbereichen für die Forschung und Entwicklung umgebaut», erklärt die Medienverantwortliche.

D4-Besitzerin spürt Unsicherheit bei Mietern

Vermieter von Büroflächen in der Zentralschweiz erlebten in den letzten drei Jahren ein ziemliches Auf und Ab. So etwa auch die Suva, die Bauherrin des Businesskomplexes D4. «Wir haben im ersten Pandemiejahr 2020 einen deutlichen Rückgang der Nachfrage nach Büroflächen im D4 festgestellt. Die Nachfragesituation hat sich jedoch bereits 2021 wieder erholt und befindet sich heute ungefähr auf dem Vor-Pandemie-Niveau», erklärt Mediensprecherin Arabelle Frey.

Dennoch habe man Veränderungen in der Art der Nachfrage festgestellt. «Einerseits beobachten wir, dass sich viele Firmen aktuell Gedanken machen, wie es mit der Thematik Homeoffice und den entsprechenden Auswirkungen auf ihren zukünftigen Büroflächenbedarf weitergeht.» Diese Analysen würden sich sicher auf die quantitativen Aspekte des Büroflächenbedarfs, aber fast mehr noch auf die qualitativen Aspekte beziehen.

Frey weiter: «Gefragt sind moderne Büroflächen an guten Standorten mit mehr und vor allem attraktiveren Begegnungszonen für den internen Austausch in verschiedenen Formaten. Zudem beobachten wir, dass heute deutlich mehr Flexibilität von den Büroflächen gefordert wird.»

Leerstände: Suva nicht beunruhigt

Zwar verfüge man im D4 aktuell über Leerstände bei den Büroräumen, diese stufe die Suva jedoch nicht als problematisch ein. Aus folgendem Grund: «D4 ist bereits einer der wenigen Standorte in der Zentralschweiz, der eine hohe Flexibilität bezüglich den erwähnten Bedürfnissen aufweist.»

Und weiter: «D4 bietet die Möglichkeit, bei Bedarf auf vorhandene Coworking-Spaces auszuweichen, das Konferenzzentrum vor Ort zu nutzen oder, im Falle von Wachstum, dies am gleichen Standort tun zu können.» Alle diese Aspekte würden heute noch mehr Beachtung finden als vor der Pandemie.

Wie sieht die Situation bei Suva in Luzern aus? Welche Entwicklungen hat man dort bezüglich Arbeitsmodellen durchgemacht? Frey sagt dazu: «Auch nach der Pandemie ist Remote Working – das Arbeiten im Homeoffice, im öffentlichen Verkehr oder in Co-Working-Büros ausserhalb der Suva – ein Bedürfnis der Mitarbeitenden.»

Die Suva als Arbeitgeberin unterstütze dies zwar, «es besteht jedoch kein Rechtsanspruch». Sie ergänzt: «Gleichzeitig ist der persönliche Austausch vor Ort ebenso wichtig. Er ist das tragende Element für ein funktionierendes Arbeitsumfeld, denn der persönliche Austausch fördert die Vernetzung.»

Wegen Covid: Verzerrungseffekt bei Angebot und Nachfrage

Auch beim Onlineimmobilienmarktplatz Homegate hat man eine Veränderung der Bedürfnisse in den vergangenen Jahren stark zu spüren bekommen. Von einem Nachfragerückgang von Büroräumlichkeiten sei heute jedoch nichts mehr zu spüren.

«Zusammenfassend zeigte sich für den Markt von zur Miete ausgeschriebenen Büroräumlichkeiten in Zug ein gewisser Verzerrungseffekt durch die Covid19-Pandemie.»

Fabian Korn, Mediensprecher Homegate

Bezüglich Büros habe sich auf der Angebotsseite in den Jahren bis zur Pandemie ein stetiges Wachstum abgezeichnet. «Nach einer erneuten Zunahme um rund 13 Prozent der Inserate von 2019 auf 2020 erreichte das Angebotsvolumen im Jahr 2020 vorerst seinen Höhepunkt», erklärt Fabian Korn, Medienverantwortlicher von Homegate.

In den Jahren 2021 und 2022 sei das Angebot an Büros wieder rückläufig gewesen und habe sich im vergangenen Jahr auf einem ähnlichen Niveau wie 2018 eingependelt.

Höhere Büronachfrage als vor Corona

Auf der Nachfrageseite – gemessen an der Anzahl von Kontaktaufnahmen für Büroinserate zur Miete – zeige sich ein ähnliches Bild in entgegengesetzter Richtung. «Die Anzahl von Kontaktaufnahmen und damit das Interesse an Büroräumlichkeiten ging zwischen 2019 und 2020 um rund 11 Prozent zurück.»

Korn weiter: «Dieser Rückgang hielt jedoch nicht lange an, denn bereits in den Jahren 2021 und 2022 erholte sich die Nachfrage nach den in Zug ausgeschriebenen Büroimmobilien wieder.» Konkret sei die Nachfrage für das Jahr 2021 um 4 Prozent höher gelegen als vor Corona. Das Jahr 2022 sei sogar um 6 Prozent über dem Niveau von 2019 gelegen.

«Zusammenfassend zeigte sich für den Markt von zur Miete ausgeschriebenen Büroräumlichkeiten in Zug ein gewisser Verzerrungseffekt durch die Covid19-Pandemie», sagt Korn. Während das Angebot im ersten Jahr der Pandemie erneut deutlich gestiegen sei, sei die Nachfrage um ungefähr denselben Anteil gesunken. «Bereits ab 2021 sehen wir jedoch ein sich normalisierendes Niveau. Das Angebot geht zurück und die Nachfrage nimmt wieder deutlich zu.»

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Roche, Siemens, Homegate und Suva
  • Besuch der Webseite von Homegate
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