Keine freien Tage für Polizist, SBB-Kundenbegleiterin & Co.

«Ich arbeite gerne an Weihnachten»

Ruedy Sigrist-Dahinden ist Pastoralraumleiter «meggerwald pfarreien». (Bild: Caroline Mohnke)

Für die meisten Menschen bedeutet Weihnachten eine entspannte, besinnliche Zeit, ein paar freie Tage im Kreise ihrer Liebsten. Doch während viele gemütlich unter dem Weihnachtsbaum sitzen, gibt es in verschiedenen Berufen Menschen, die arbeiten. zentralplus hat mit einigen von ihnen gesprochen.

Ruedy Sigrist-Dahinden, Pastoralraumleiter «meggerwald pfarreien»

«Seit 25 Jahren arbeite ich immer an Heiligabend und an Weihnachten. Eigentlich ist das Arbeiten mehr ein Feiern, denn die Arbeit mache ich vor den Festtagen. Das Zelebrieren und Mitgestalten von Weihnachtsfeiern ist eine privilegierte und sehr dankbare Aufgabe. Die Weihnachtsatmosphäre weckt Erinnerungen an die Kindheit und an wertvolle, liebe Menschen. Die Weihnachtsmusik ist voller Glanz und Gloria wie die Kerzen und Lichter und das Strahlen in den Augen der Kinder. Seelsorgeeinsätze an Weihnachten sind besonders wertvoll und wichtig.

Auch an Weihnachten gibt es Ängste, Trauer, Streit und Probleme. Die ‹heile› Welt ist auch an Weihnachten nicht immer heil. Es gibt einsame Menschen, die nicht noch mehr ‹Stille Nächte› ertragen können und sich mit Fernsehkonsum, Alkohol und/oder Medikamenten ‹zudröhnen›. Da ich an Heiligabend jeweils arbeite, feiert meine Familie immer schon am 23. Dezember den Heiligen Abend.

Ein besonderes Weihnachtserlebnis prägt mich bis heute: Mein Sakristan bat mich vor 22 Jahren, einen Tag vor Heiligabend nach der Krippenspielprobe die Kirche zu schliessen und das Licht zu löschen. Ich machte mich in dieser verschneiten, kalten Nacht auf den Heimweg und freute mich ob der weissen Weihnacht. Am Morgen des 24. Dezember der Schreck: Mir fiel ein, dass ich das Licht vergessen habe zu löschen und die Türe abzuschliessen in der Kirche. Mit einem schlechten Gewissen machte ich mich durch den Schnee zum Pfarramt.

Kaum angekommen, stand ein Ehepaar um die fünfzig vor der Tür mit einer betagten Frau um die neunzig. Sie bedankten sich mit einer grossen Tüte Weihnachtsguetzli. Die verwirrte Mutter hätte am Vorabend das Haus in Finken und Schlafrock unbemerkt verlassen und dank meines Missgeschicks Unterschlupf in der Kirche gefunden. Sie hätte vom Licht in der Kirche und von den kuscheligen Schaffellen bei der Krippe erzählt, wo sie schliesslich eingeschlafen wäre. Die Kirche bot ihr Schutz, Wärme, Geborgenheit und Licht. In dieser kalten, heiligen Nacht wirkten Gott und seine Schutzengel. Die offenen Türen und das Licht hatten die Frau gerettet.»

Andrea Muff, Kundenbegleiterin SBB

Andrea Muff ist Zugbegleiterin SBB. (Bild: Caroline Mohnke)

«Ich arbeite gerne an Weihnachten. Früher bin ich immer für Mitarbeitende mit Kindern arbeiten gegangen, damit diese zu Hause mit ihren Familien Weihnachten feiern konnten. Diese gingen dann für mich an Silvester/Neujahr arbeiten. Also eine Win-win-Situation.

Eine Erinnerung war besonders: Ein kleines Mädchen suchte mit seinem Papi das Christkind. Das Mädchen fragte mich, ob ich das Christkind im Zug gesehen habe. Ich sagte zu ihr: ‹Leider nein, aber wenn ich es sehe, werde ich ihm sagen, dass es bei dir vorbeischauen soll.› Ich gab ihr ein Kinderbillett und wünschte ihr ein schönes Weihnachtsfest, und sie sagte: ‹Gäll, wenn das Christkind im Zug ist, muss es auch ein Billett haben?» So etwas berührt einem im Herzen.

Weihnachten holt die Leute aus meiner Sicht in die Besinnlichkeit zurück. Sie sind weniger gehetzt als an Arbeitstagen. Wir werden hin und wieder auch mit Guetzli oder Schoggi beschenkt oder bekommen einfach mal ein spontanes Dankeschön, dass wir arbeiten und die Leute so von A nach B kommen. Solche Aufmerksamkeiten freuen uns sehr. Für mich ist Weihnachten aber auch speziell, weil ich am 25. Dezember Geburtstag habe. Da ich früher eine Zeit lang in Indien gelebt habe, habe ich Weihnachten jeweils in Indien gefeiert. Jetzt wohne ich wieder im Kanton Luzern.»

Rita Schwarzenberger, Pflegeassistentin Hospiz Zentralschweiz

Rita Schwarzenberger ist Pflegeassistentin im Hospiz Zentralschweiz. (Bild: Caroline Mohnke)


«Seit das Hospiz im Januar 2020 eröffnet wurde, arbeite ich jedes Jahr an Weihnachten in der Spätschicht. Die Ruhe und Geborgenheit an Weihnachten zeigen sich noch stärker und tiefer als an anderen Tagen. Auf die Weihnachtsfeier in der Stube des Hospizes vor dem Feuer freue ich mich besonders. Alle, die mögen, nehmen daran teil.

Für alle unsere Patienten ist es die letzte Weihnacht. Das bewegt die Patienten und ihre Angehörigen. Sie sind berührbar und echt – was die unterschiedlichsten Gefühle auslösen kann. Es entsteht eine Nähe und Verbundenheit, indem wir da sind. Bei uns können alle Mitarbeitenden ihre Wünsche anbringen, ob und wie sie an Weihnachten und Neujahr arbeiten wollen. Meistens geht das sehr gut auf, sonst wird abgewechselt. Ich arbeite freiwillig an Weihnachten.»

Felix Mattmann, Polizist Luzerner Polizei

Felix Mattmann, Polizist bei der Luzerner Polizei. (Bild: Caroline Mohnke)

«Ich gehe gerne zur Arbeit, auch an Weihnachten. Ich finde es schön, dass wir als Team bei der Arbeit noch etwas intensiver Zeit miteinander verbringen; es ist zu dieser Zeit auch etwas ruhiger in unserem Haus. Zudem offeriert unser Arbeitgeber an gewissen Festtagen, auch an Weihnachten, ein Nachtessen in unserem Hauptgebäude, sodass man diese Zeit, falls man keine Einsätze hat, auch einmal mit Kolleginnen und Kollegen von anderen Polizeiposten eine Pause verbringen kann. Am 26. Dezember habe ich frei und nehme an zwei Weihnachtsfeiern teil, von beiden Familienseiten. So kommen die Treffen mit der Familie und feines Essen sicherlich nicht zu kurz.

An ein Erlebnis erinnere ich mich noch gut: Vor ein paar Jahren hatte ich an Heiligabend Nachtdienst. Es war keine ‹Stille Nacht›, wir hatten zwei Personen ‹auf frischer Tat› ertappt nach Sachbeschädigungen. Nach einer Verfolgung durch Schneematsch im rutschigen Gelände sahen wir entsprechend aus und mussten noch einen weniger prioritären Auftrag wahrnehmen wegen Nachtruhestörung.

Eine festlich gekleidete Frau begrüsste uns aus einer weihnachtlich geschmückten Wohnung und beschwerte sich über unser spätes Erscheinen. Als wir dann mit Blick auf unser schmutziges Erscheinungsbild erklärten, dass es noch andere Arbeit im Kanton gebe, entschuldigte sich die Melderin für ihr Verhalten, und wir sorgten für die nötige Nachtruhe. Mir blieb der Gegensatz bezüglich schmutzigen Geländeeinsatzes und festlich geschmückter Wohnung in Erinnerung. Ansonsten unterscheiden sich die Einsätze an Weihnachten nicht von denen unter dem Jahr.»

Flurin Caduff, Opernsänger

Flurin Caduff ist Opernsänger. (Bild: Caroline Mohnke)

«Die Weihnachtszeit mochte ich schon als Kind gerne. Ich bin in Graubünden aufgewachsen, in Danis-Tavanasa in der Gemeinde Brigels. In der Vorweihnachtszeit kamen die Menschen aus der Stadt nach Hause, es kam wieder Leben ins Dorf, das mochte ich besonders.

Dieses Jahr singe ich im Gottesdienst am 25. Dezember in der Galluskirche Kriens in einer Mozart-Messe. Ich mag die feierliche und lichtvolle Stimmung in der Kirche sehr gerne. Auf der Bühne gefällt mir die Mischung zwischen Gesang und Schauspiel. Den Heiligabend feiere ich zu Hause in Luzern mit meiner Familie, meiner Frau und meinen zwei Kindern. Ich arbeite oft an Weihnachten. Von 2008 bis 2016 gehörte ich zum Ensemble des Luzerner Theaters, und seit 2016 bin ich freischaffend.

An der Weihnachtszeit mag ich das Stimmungsvolle, die Vorfreude der Kinder, das Zusammensein mit der Familie, das trotz meiner Arbeit nicht zu kurz kommt. Am 26. und 27. Dezember fahren wir nach Graubünden. In der Pfarrkirche Brigels finden zwei Konzerte zum Jahresabschluss statt mit dem Solistenensemble ‹La Compagnia Rossini›, das mein Vater Armin Caduff, auch ein Opernsänger, 1980 gegründet hat. Unsere Familie hat die Musik im Blut. Auch meine Mutter und meine Schwester singen im Ensemble. Die nächste Generation wird ebenfalls auf der Bühne stehen und tritt mit dem Kinderchor auf.»

Hinweis: In einer ersten Version stand fälschlicherweise «Rita Schwarzenegger».

Verwendete Quellen
  • Persönliche Gespräche und Mailkontakt mit allen Interviewten
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