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Der Bericht der Zuger Ombudsstelle zeigt: Wer arbeitslos wird, trifft oft auf ein System, das überfordert ist. Besonders Hochqualifizierte fühlen sich von den Massnahmen nicht ernst genommen.
Eine 52-jährige Frau, mit Hochschulabschluss und langjähriger Erfahrung im Finanzwesen, verliert ihre Arbeitsstelle. Laut Ombudsbericht wendet sie sich daraufhin an das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) des Kantons Zug. Der erste Kontakt sei ernüchternd: Die zuständige Beratungsperson habe bereits zu Beginn klargemacht, dass sie künftig mit einem tieferen Lohn rechnen müsse.
Ungeeignete Massnahmen – trotz klarer Hinweise
Das RAV habe die Betroffene zunächst in ein Seminar geschickt, das vor allem für Berufseinsteiger aufgebaut war. Obwohl die Seminarleitung dem RAV kommuniziert habe, dass die Massnahme für die Versicherte ungeeignet sei, hätte es an der Teilnahme festgehalten.
Ausserdem habe das RAV darauf bestanden, dass die Frau eine Tagesstruktur brauche, und habe sie unter Androhung von Taggeldkürzungen quasi dazu gezwungen, in der «Halle 44» zu arbeiten. Es handelt sich dabei um eine Einrichtung mit Beschäftigungsangeboten wie etwa Mosaikarbeiten oder Einsortieren von Büchern. Der Bericht hält fest, dass die Frau sich letztlich ganz von der Arbeitslosenkasse abgemeldet habe.
Ein anderer Fall zeichnet ein ähnliches Bild. Auch hier habe sich der hoch qualifizierte Mann aus der Finanzbranche schlussendlich bei der Arbeitslosenkasse abgemeldet, da der psychische Druck zu gross gewesen sei. Und es schlichtweg an passenden Angeboten gefehlt habe. Es sind zwei Fälle, die die Zuger Ombudsfrau in ihrem aktuellen Bericht schildert.
Die Ombudsstelle verzeichnet 2024 163 neue Fälle – 2023 waren es 162, in den Jahren davor etwas mehr –, darunter zahlreiche Beschwerden im Zusammenhang mit dem RAV und den Massnahmen zur Wiedereingliederung. Zwei Drittel aller Fälle betrafen Konflikte mit kantonalen Stellen. Also so, wie in den beiden oben geschilderten Fällen.
Laut Bericht bestehen im Kanton Zug, insbesondere für hoch qualifizierte Versicherte aus dem Finanzsektor, zu wenig geeignete arbeitsmarktliche Massnahmen. Die Ombudsstelle verweist konkret auf die hohe Nachfrage nach einem englischsprachigen Programm, das Wartezeiten von bis zu einem halben Jahr aufweise.
Unbefriedigte Bedürfnisse von Hochqualifizierten
In mehreren Fällen, so der Bericht, hätten Betroffene den Eindruck gewonnen, dass Massnahmen primär dem Zweck dienen würden, sie aus dem System zu drängen. Besonders die «Halle 44» werde von vielen nicht als Hilfe, sondern als Druckmittel wahrgenommen.
Das RAV habe auf Nachfrage der Ombudsstelle eingeräumt, dass es im Kanton Zug zu wenige geeignete Integrationsmassnahmen für hoch qualifizierte Versicherte im Finanzsektor gebe. Auch das RAV selbst sei sich bewusst, dass die «Halle 44» von vielen als Sanktion wahrgenommen werde. Die Halle 44 diene oft auch dazu, die «Vermittelbarkeit» der versicherten Person zu überprüfen.
Zu wenig individualisierte Hilfe
Die Ombudsfrau stellt sowohl bei den Ratsuchenden als auch bei den RAV-Mitarbeitenden eine Unzufriedenheit mit der aktuellen Situation fest. Es sind 2024 verhältnismässig viele sehr ähnlich lautende Anträge bei der Ombudsstelle eingegangen. Insbesondere kritisierten Ratsuchende eine fehlende individuelle Passung sowie die Androhung von Sanktionen.
Laut Bericht zeigt sich zudem, dass die Zielvorgaben des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) Druck auf die RAV-Mitarbeitenden ausüben. Der Kanton muss jährlich berichten, wie viele Versicherte sich abgemeldet haben – der Grund für diese Abmeldungen werden jedoch nicht erhoben. Diese Logik kann laut Ombudsstelle dazu führen, dass der Fokus nicht mehr auf sinnvoller Unterstützung, sondern auf statistischer Entlastung liegt.
Ranking beeinflusst Verhalten
Das sogenannte Erfolgsranking der Kantone durch das SECO wird von der Ombudsstelle deutlich kritisiert. Es beeinflusse nicht nur das Verhalten der Beraterinnen, sondern auch die Zusammenarbeit mit den Versicherten negativ.
Die Ombudsfrau rät den Verantwortlichen, Massnahmen zur Wiedereingliederung nur dann anzuordnen, wenn sie tatsächlich Mehrwert bringen. In mehreren Fällen sei der Eindruck entstanden, dass nicht die individuelle Situation im Zentrum stehe, sondern die Einhaltung von Vorschriften. Für die Betroffenen führe dies oft zu Frustration und Rückzug. Das Ziel sei es, Perspektiven zu schaffen und nicht, Druck auszuüben.
- Bericht 2024 der Zuger Ombudsstelle