Asylzentrum Grosshof in Kriens eröffnet

Anwohner zuversichtlich: «Mögen es den jungen Menschen gönnen»

Die Bewohner des Zentrums servierten den Besuchern einen Apéro.

(Bild: giw)

Asylzentren sind oft ein politisches Minenfeld – nicht so im Krienser Grosshof. Das neue Wohnheim für unbegleitete Kinder und Jugendliche wurde am Freitag mit viel Goodwill eröffnet. Auch weil die Erfahrungen aus dem Asylheim Pilatusblick positiv waren. Für Stirnrunzeln sorgten jedoch die Zimmer.   

Warme Herbst-Sonnenstrahlen fluteten am Freitagnachmittag den grossen Innenhof des frisch eröffneten Asylzentrum Grosshof in Kriens (zentralplus berichtete). Die Einweihung des Zentrums für unbegleitete minderjährige Asylsuchende (ZUMA) lief harmonisch ab. Vergessen scheinen Szenen rund um Zentrumseröffnungen im Kanton Luzern, wo Anwohner mit aller Vehemenz auf die Barrikaden gingen – Fischbach lag in weiter Ferne.

Regierungsratspräsident Guido Graf trat folglich einen dankbaren letzten Termin für diese Woche an. «Ich muss der Krienser Bevölkerung und dem Gemeinderat Danke sagen für deren Offenheit», sagte er in seiner Rede vor einigen Dutzend Anwohnern, Politikern und Kantonsmitarbeitern. «Wir feiern eine Premiere. Wir stehen im ersten Asylzentrum des Kantons Luzern, das eigens für die Unterbringung von asylsuchenden Menschen gebaut wurde.» Das Zentrum mit 120 Wohnplätzen wird während zehn Jahren als Unterkunft für die Jugendlichen und Kinder dienen. 

Gemeindepräsident ist guten Mutes

Zu den Anwesenden sprachen ausserdem auch Kantonsbaumeister Hans-Urs Baumann und die Leiterin Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen Silvia Bolliger. Im Publikum sassen unter anderem der Krienser Gemeindepräsident Cyrill Wiget (Grüne) und seine Regierungskollegen Franco Faé (CVP), Lothar Sidler (CVP) und Judith Luthiger Senn (SP). 

«Ich finde, das ist eine Bevölkerungsgruppe, die unseren Schutz verdient. Kinder und Jugendliche sind in einer ganz verletzlichen Lage», erklärt Wiget gegenüber zentralplus (siehe Video). Eine absolute Sicherheit, dass es keine Probleme gibt, so Wiget, bestehe jedoch nicht. Man sei zuversichtlich, dass man die Dinge gut handhaben könne.

«Es verdienen alle ein Chance»

Die sogenannten Mineurs non accompagnés (MNA) leben in zwölf Wohneinheiten mit je zehn Plätzen. Die weiss gestrichenen Zimmer bieten Platz für zwei respektive vier Schlafplätze. Jede Wohneinheit hat ausserdem eine eigene Küche. Gegenüber dem Wohnhaus liegen die Gemeinschaftsräume, dazwischen ein grosser Innenhof für diverse Freizeitaktivitäten. Ein drittes Gebäude dient als Lagerraum. Das Ensemble wird vom Baumaterial Holz dominiert, was dem Zentrum trotz einer Umzäunung eine gewisse Wärme gibt.

«Am Anfang fühlten wir uns schon vor den Kopf gestossen»

Jack Gazzo, Anwohner

Nach der neunmonatigen Umsetzungsphase geht es nächste Woche offiziell los mit dem Betrieb. Nach einer längeren und laut Dienststellenleiterin Bolliger problemlosen Zwischenphase im Pilatusblick ab dem Jahr 2015 waren die meisten Befürchtungen der Anwohner am Grosshof bereits bereinigt (zentralplus berichtete). Im Pilatusblick leben nur noch dieses Wochenende 70 Jugendliche, bevor sie wenige Hundert Meter entfernt am Montag im Grosshof eine neue Heimat finden.

«Am Anfang fühlten wir uns schon vor den Kopf gestossen», sagt Anwohner Jack Gazzo. Doch der Austausch mit den Behörden sei gut gewesen und die vielen Ressourcen zur Begleitung der Jugendlichen sind aus seiner Sicht ein positives Zeichen. «Es verdienen alle eine Chance – ich bin guten Mutes, dass das Zusammenleben funktioniert.»

Schule, Kurse, Vereine

Eine grössere Gruppe der Jugendlichen, die aus allen Herren Länder kommen, servierte den Anwesenden einen Apéro. Hier kam man sich auch etwas näher. Zahlreiche Besucher nutzten die Gelegenheit, um mit den neuen Nachbarn zu sprechen. Viele MNA sind bereits im Krienser Vereinsleben integriert, seit sie im Pilatusblick leben.

Viele besuchen den Unterricht im Schulhaus Schädrüti. Später besteht die Möglichkeit, an einem Schul- und Jobtraining der Caritas Luzern in Littau teilzunehmen. Wer ein Sprachniveau A2 erreicht hat, kann ein Brückenangeobt der Dienststelle Berufs- und Weiterbildung besuchen. Die meisten Minderjährigen haben bereits ein dauerhaftes oder vorläufiges Aufenthaltsrecht, nur 20 warten noch auf den definitiven Entscheid, sagt Bolliger. Nach dem 18. Lebensjahr verlassen die Heimbewohner den Grosshof und ziehen in eine eigenen Wohnung, werden jedoch weiter eng begleitet.

Regierungsrat Guido Graf eröffnet am Freitagnachmittag mit einer Ansprache das neue Asylzentrum im Grosshof.

Regierungsrat Guido Graf eröffnet am Freitagnachmittag mit einer Ansprache das neue Asylzentrum im Grosshof.

(Bild: giw)

«Keine Angst»

Obwohl die Erfahrungen positiv sind und die Zentrumsbewohner rund um die Uhr betreut sind, besteht dennoch ein Sicherheitskonzept, das in Absprache mit der Luzerner Polizei entstand. Auch wurden laut Silvia Bolliger «sensible Zonen» definiert, welche von den Grosshof-Bewohnern nicht betreten werden dürfen. Dazu gehört beispielsweise das nahe Schulhaus Brunnmatt. «Es hat sich gezeigt, dass diese Regelung die Akzeptanz der Anwohner solchen Zentren gegenüber erhöht», sagt Bolliger.

«Ich mag ihnen das sichere Zuhause gönnen», findet eine ältere Krienserin. Es habe keinen Wert, Angst zu haben. «Wenn ich denke, was die Kinder und Jugendlichen hier alles durchgemacht haben – das können sich die Schweizer gar nicht vorstellen», sagt die Anwohnerin weiter.

Die Dame findet es einzig schade, dass die Schlafzimmer derart eintönig weiss sind. Bei Kindern und Jugendlichen müsse doch etwas mehr Farbe vorherrschen. Ausserdem hoffe sie, dass die neuen Bewohner irgendwann wieder nach Hause in ihr Heimatland können. «Nicht, weil die Betroffenen nicht hier leben sollen, sondern damit sie zu ihren Wurzeln zurück können.»

Weitere Eindrücke der Zentrumseröffnung:

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