Luzerner Musiker machen sich für SRG stark

Angst vor No Billag – «Wecker stellen ist angesagt, Freunde»

Musikschaffende profitieren von Auftritten bei SRF, sie sind von der No-Billag-Initiative also direkt betroffen.

 

(Bild: SRF/Montage zentralplus)

Die ganze Schweiz ist im No-Billag-Fieber. Nur von den Musikern hört man nichts, lautet der Vorwurf. Wirklich? Luzerner Sängerinnen und Musiker äussern eine klare Meinung. Nur einer will sich nicht festlegen.

Schweizer Musiker lassen die SRG im Stich, behaupteten kürzlich «Sonntagszeitung» und «Sonntags-Blick» unisono. Die beiden Blätter zeigten auf, wie Musikschaffende die No-Billag-Debatte meiden, obwohl sie direkt von den SRG-Sendern abhängig sind.

Eine Ausnahme ist Büne Huber, der sich gegenüber «Radio Pilatus» förmlich in Rage redete: No-Billag-Befürworter nannte er «Füdlibürger», bei einem Ja zur Initiative würde das Land «auf die Künstler pissen».

Etliche Künstler beschwerten sich nach den Artikeln, dass sie nicht angefragt worden seien – etwa Oesch’s die Dritten, Adrian Stern oder die Luzernerin Fabienne Louves, die sich dann noch auf Facebook zum Thema äusserte. Immerhin verdankt sie ihre Popularität ja einer SRF-Castingshow.

Wecker stellen!

Wie sieht’s bei anderen hiesigen Künstlern aus? Aufgefallen ist mit deutlichen Statements kürzlich der Luzerner Musiker Henrik Belden. Er lobte die Aussagen von Büne Huber und appellierte auf Facebook: «Ich unterschreibe jedes einzelne Wort. Jedes! Wecker stellen ist angesagt, Freunde!» Dass ihn daraufhin ein paar Leute «entliken» würden, nahm er dafür in Kauf. Dafür «aufs Maul zu hocken», dazu habe er keinen Bock.

Auch in einem weiteren viel beachteten Statement über seine offene Zukunft als Musiker äusserte er sich zu No Billag: «Alle wollen Musik. Überall. Immer. Beim Arbeiten, im Zug, im Ausgang, im Auto, beim Duschen, beim Schäferstündchen, beim bislen (…) Aber viele wollen nichts dafür bezahlen.» Er erntete viel Lob für sein Statement.

 

Fakt ist, dass Musiker direkt von der SRG profitieren: von Auftritten in Sendungen, von Radio-Airplays und den damit verbundenen Suisa-Vergütungen. Kurzum: Die No-Billag-Initiative verstösst direkt gegen ihre Interessen.

«SRF verbindet»

Der Luzerner Marco Kunz äussert sich auf Anfrage klar gegen die Initiative: «Wir Musiker sind angewiesen auf Plattformen, die uns das SRG liefert.» Davon profitiert der Mundart-Folk-Sänger direkt: «Diverse TV-Sendungen haben meiner Musik eine tolle Plattform gegeben.» Airplay bekommt er dagegen eher von den Privatsendern, «welche es bei No Billag ja auch treffen würde», so Kunz.

Aber nicht nur als Musiker sei er gegen die Initiative: «Eine freie Demokratie braucht eine neutrale Berichterstattung.» Zudem erachtet er die SRG für den Zusammenhalt der drei Landesteile und der vier Sprachen als wichtig, auch im Unterhaltungssektor: «SRF verbindet», so der populäre Musiker. Selber aktiv wurde Kunz noch nicht, aber er hat eine Erklärung eines befreundeten Musikers auf Social Media geteilt:

 

Auch der Singer-Songwriterin Caroline Chevin liegt das Engagement gegen No Billag am Herzen, wie sie mitteilt. Sie habe zwar Verständnis dafür, dass die Billag einigen sauer aufstösst. Aber: «Die Initiative zerstört Kultur, Sprachenvielfalt, unabhängige und regionale Berichterstattung und Vielfältigkeit.»

«Eine Freundin, die bei der SRG arbeitet, hat mir erzählt, wie schwermütig die Stimmung im Moment ist.»

Caroline Chevin, Sängerin

Künstlerinnen wie sie seien mehr denn je auf die Auftrittsmöglichkeiten in Radio und TV angewiesen, um ihre Musik einem breiten Publikum zu präsentieren: «Wenn die No-Billag-Initiative angenommen würde, würde den Musikern eine weitere Plattform fehlen, welche etwas helfen könnte, über die Runden zu kommen.»

Vor allem ein Erlebnis hat die Sängerin aus Weggis wachgerüttelt: «Eine Freundin, die bei der SRG arbeitet, hat mir erzählt, wie schwermütig die Stimmung im Moment ist, weil viele um ihren Job fürchten.»

Chevin findet generell, dass Musiker jetzt gefordert seien: «Wir müssen uns unbedingt noch mehr engagieren, uns informieren und das Gespräch suchen», sagt sie. Doch leider würden sich viele Künstler gerne in der eigenen kleinen Wunderwelt aufhalten: «Wir checken meist erst viel zu spät, dass unsere Existenz auch von anderen, äusseren Einflüssen abhängig ist.»

Vereint gegen No Billag

Auf Anfrage spricht sich auch die populäre Sängerin Eliane Müller klar gegen die Initiative aus: «Das Ende der Billag-Steuer würde für uns Schweizer Künstler bedeuten, dass wir in Zukunft weder über Radio- noch Fernsehstationen unsere Musik verbreiten könnten. Dabei spreche ich nicht nur vom Schweizer Radio und Fernsehen SRF, sondern auch von ganz vielen kleineren Radio- und Fernsehstationen.»

Die Luzernerin Eliane Müller in der SRF-Sendung «Ich schänke dir es Lied» im März 2017.

Die Luzernerin Eliane Müller in der SRF-Sendung «Ich schänke dir es Lied» im März 2017.

(Bild: SRF/Mirco Rederlechner)

Eliane Müller bezeichnet SRF 1 als ihr Karrieren-Sprungbrett: Der TV-Sender sei schuld daran, «dass ich Musik zu meinem Beruf machen konnte». Die Hochdorferin gewann 2012 die Castingshow «Die grössten Schweizer Talente». «Die landeseigenen Stationen gehören zu den wichtigsten Kanälen für die Verbreitung von Schweizer Kultur», sagt sie.

Sie hat sich bisher nicht öffentlich zur Initiative geäussert – sagt aber nun: «Ich denke, wir Musiker sollten uns vereint gegen No Billag einsetzen.»

Viele Jobs stehen auf dem Spiel

Die Musikerin Priska Zemp alias Heidi Happy ist dezidiert gegen die Initiative, weil sie weit mehr beinhalte als die Abschaffung der Gebühren. Die Initiative wolle dem Bund die Rechte an der Betreibung und Subventionierung von Radio- und Fernsehstationen entziehen. «Das bedeutet, dass nicht nur die neutrale und mehrsprachige Berichterstattung auf dem Spiel steht, sondern auch, dass tausende, die einen guten Job machen, von einem Tag auf den anderen ihre Arbeit verlieren würden», so die Luzerner Sängerin.

Resolution für starke SRG

Die Suisa, die Genossenschaft der Urheber und Verleger von Musik, hat diesen Sommer eine Resolution für eine starke SRG gestartet. Sie warnt darin unter anderem vor einem Kahlschlag bei den gebührenfinanzierten Medien. Von den bekannten Luzerner Musikern haben die Resolution bisher nur wenige unterschrieben: etwa der Mundart-Sänger Kunz, Sängerin Caroline Chevin, Jazzmusiker Urs Leimgruber oder Schlagzeuger Jwan Steiner.

Sie werde sich weiter öffentlich zur Initiative äussern. Mit gutem Grund: Heidi Happys Songs werden seit Jahren regelmässig am Radio gespielt, das Fernsehen übertrug ihre Konzerte, zudem hat sie Filmmusik komponiert für Streifen, die im SRF liefen. «Das hat mir nicht nur zu einer grösseren Bekanntheit verholfen, sondern auch meine Einnahmen direkt gesteigert», so Heidi Happy.

Ähnlich tönt es bei der Willisauer Musikkabarettistin Irene Brügger alias Frölein da Capo, die sich beim Komitee «Nein zum Sendeschluss» engagieren wird: «Alle – egal aus welcher Berufsgruppe –, die daran interessiert sind, weiterhin von unabhängigen Medien informiert zu werden, sollten sich gegen die Initiative aussprechen.»  

Volksrocker will sich nicht festlegen

Nicht festlegen gegenüber No Billag will sich Willy Vogel, besser bekannt als Volksrocker Willy Tell. Weil er sich noch zu wenig mit der Initiative befasst habe, könne er kein Statement abgeben.

Willkommene Bühne: Volksrocker Willy Tell zu Gast der SRF-Sendung «Samschtig Jass».

Willkommene Bühne: Volksrocker Willy Tell zu Gast in der SRF-Sendung «Samschtig Jass».

(Bild: Screenshot SRF)

Willy Tell hat 2015 mit dem SVP-Freiheitssong «Wo e Willy isch, isch ou e Wäg» für Aufsehen gesorgt (zentralplus berichtete). SVP-Kreise, welche die No-Billag-Initiative grösstenteils unterstützen, sind ihm also zumindest nicht fern.

Aber auch die SRG liegt ihm nahe, immerhin profitiert Vogel von den Volksmusiksendungen des SRF. Früher mit ChueLee bei «Kilchspergers Jass-Show», aber auch dieses Jahr wieder im «Samschtig Jass». Willy Vogel schreibt: «Da ich schon mehrmals im Schweizer Fernsehen aufgetreten bin, habe ich sicher als Musiker von der SRG profitiert.»

Wo bleiben die Jungen?

Weitere angefragte Musiker wollten sich nicht – oder noch nicht – zu No Billag äussern. Oder sie hatten keine Zeit, wie etwa Seven, der gerade auf Deutschlandtour ist. Die Band Hecht, die im Studio gerade ihr kommendes Album abschliesst, werde sich nächstens auf ihren Kanälen zur Initiative äussern.

Damian Lynn schliesslich ist mit der Vorbereitung einer Deutschlandtour absorbiert, die im Dezember startet. Das Management teilt auf Anfrage mit, dass die Abstimmung auch im Haus Damian Lynn ein sehr wichtiges Thema sei. Aber alles zu seiner Zeit, heisst es.

Keine Antwort erhielten wir von den Luzerner Hip-Hoppern Mimiks und GeilerAsDu. Dabei wäre es doch gerade spannend zu erfahren, was die junge Musikgeneration von der SRG hält.

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4 Kommentare
  • Profilfoto von Hans Peter Roth
    Hans Peter Roth, 14.11.2017, 20:37 Uhr

    Die Billag-Gebühren sind eigentlich eine indirekte Steuer und deshalb sozial unverträglich. Ich wünschte mir, dass SRF und kleine Radiostationen vom Staat via allgemeine Steuern bezahlt werden. Dies würde bewirken, dass Reiche mehr bezahlen als Arme. Bei der kommenden Billag-Abstimmung geht es jedoch um etwas Anderes. Werden die Gebühren aufgehoben, werden ausländische Privatsender das Szepter übernehmen und uns mit debilem Unterhaltungsbrunz und noch mehr Werbung eindecken. Kein Platz mehr für Sternstunde Philosophie, für Literatur-Club, für romanische Kindergeschichten, für Schweizer Musik (Virus), etc. Nur Dumpfbacken sind unfähig, die Katastrophe im voraus zu erkennen. Dabei haben Italiener und US-Amerikaner bereits die schmerzliche Erfahrung gemacht, was ohne öffentlich rechtliche und finanzierte Medien passiert! Die totale Volksverblödung steht an! Lächerlich sind die Argumente der Billag-Befürworter: In einer demokratischen und solidarischen Gesellschaft kann und darf der einzelne Steuerzahler nicht auswählen, für was er Steuern bezahlen will und für was nicht. So bezahle ich Steuern für superteure Strassen, obschon ich kein Auto habe, bezahle gerne für Bildungsausgaben, obschon ich kinderlos bin.

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  • Profilfoto von Karin Mueller
    Karin Mueller, 12.11.2017, 12:22 Uhr

    Sind das wirklich «Musiker», gar «Künstler», und nicht vielmehr die Düdel-Dudel-Dusel-Dilettanten, die auch in jedem Privatradio rumplärren?

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  • Profilfoto von Roli Greter
    Roli Greter, 12.11.2017, 09:37 Uhr

    Ich bin auch Luzerner Musiker und ganz klar Pro NoBillag, obwohl ich politisch im linken Lager anzutreffen bin. Büne Huber ist ein schwarzweiss-Denker, denn die meisten Musiker und Filmschaffenden kommen ohne die Billag-Gelder aus, heute schon. Luke Linder sollte das eigentlich auch noch wissen…

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    • Profilfoto von Hans Peter Roth
      Hans Peter Roth, 14.11.2017, 20:43 Uhr

      Manche meinen, lechts und rinks kann man nicht velwechsern werch ein Illtum (Ernst Jandl)

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